rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Gerichtliche Überprüfung einer - ablehnenden - Entscheidung über ein Stundungsbegehren
Leitsatz (redaktionell)
1) Die - ablehnende - Entscheidung der Finanzbehörde über einen Stundungsantrag unterliegt nur hinsichtlich ihrer fehlerfreien Ermessensausübung einer gerichtlichen Kontrolle.
2) Erscheint der Steueranspruch gefährdet, ist die Ablehnung eines Stundungsantrags ermessensfeh-lerfrei, wenn die Finanzbehörde die Ablehnung auf die fehlende Gestellung von Sicherheiten stützt.
Normenkette
AO 1977 §§ 5, 222; FGO § 102
Tatbestand
Die Beteiligten streiten, ob der Beklagte ermessensfehlerfrei einen Antrag der Klägerin auf Stundung von rückständigen Abgaben abgelehnt hat.
Die Klägerin ist verheiratet und war in den Streitjahren zusammen mit ihrem Ehemann zur Einkommensteuer zu veranlagen. Seit 1988 betreibt die Klägerin ein Unternehmen, das die … zum Gegenstand hat. Zuvor hatte der Ehemann ein zum 30.09.1987 eingestelltes Unternehmen in derselben Branche betrieben. Aus dieser Vorzeit resultierten erhebliche Schulden insbesondere bei Banken, die 1993 noch etwa 180.000,00 DM betrugen. Hintergrund dieser Schulden war eine …erkrankung des Ehemannes als ehemaliger Betriebsinhaber.
Nach Eröffnung des Betriebs durch die Klägerin stellte diese ihren Ehemann als Arbeitnehmer ein. Er war unter anderem auch für die steuerlichen Angelegenheiten des Einzelunternehmens der Klägerin zuständig. In der Folgezeit kam die Klägerin ihren steuerlichen Erklärungs- und Zahlungsverpflichtungen betreffend die betrieblichen Steuern nur unzureichend nach. Gleiches war für die Einkommensteuer der Klägerin und ihres Ehemannes festzustellen. Wegen Nichtabgabe von Steuererklärungen mußten Besteuerungsgrundlagen geschätzt werden. Zahlungen auf die selbst angemeldeten Steuerbeträge wurden nur in geringem Umfang geleistet. Ratenzahlungsverpflichtungen, die das Finanzamt mehrfach in Zusammenhang mit Stundungen eingeräumt hatte, wurden nicht eingehalten, so daß sich die Steuerrückstände erhöhten.
Nach einer solchen Stundung beantragte die Klägerin mit Schreiben vom 16.04.1993 erneut, eine Stundung der rückständigen Abgaben zu gewähren mit der Maßgabe, daß hierauf monatliche Raten von 1.500,00 DM zu leisten seien. Nach einer abschlägigen Entscheidung des Beklagten beantragte die Klägerin mit Schreiben vom 14.09.1993 erneut eine Stundung, die der Beklagte mit Verfügung vom 24.09.1993 ablehnte. Zur Tilgung der Rückstände hatte die Klägerin eine Einmalzahlung von 20.000,00 DM sowie monatliche Raten von 2.000,00 DM angeboten.
Auf die Beschwerde der Klägerin lehnte auch die Oberfinanzdirektion A mit Beschwerdeentscheidung vom 15.12.1993 die beantragte Billigkeitsmaßnahme ab. Zu diesem Zeitpunkt betrugen die Abgabenrückstände der Klägerin für Betriebssteuern aus den Jahren 1988 bis 1993 ca. 84.200,00 DM zuzüglich ca. 7.000,– DM Säumniszuschläge und die Abgabenrückstände der Eheleute betreffend Einkommensteuer und Nebenabgaben aus den Jahren 1987 bis 1992 ca. 6.500,00 DM zuzüglich ca. 800,– DM Säumniszuschläge.
Zur Begründung der Ablehnung verneinte die OFD in ihrer Beschwerdeentscheidung persönliche Billigkeitsgründe. Dabei könne dahingestellt bleiben, ob die Klägerin stundungsbedürftig sei. Sie sei jedenfalls nicht stundungswürdig, weil sie die mangelnde Leistungsfähigkeit selbst herbeigeführt habe. Für die Anmeldung und Abführung der sich aus dem Gewerbebetrieb ergebenden Steuern sei die Klägerin als Unternehmerin verantwortlich gewesen. Es werde nicht verkannt, daß die …erkrankung des Ehemannes eine erhebliche Belastung für die Familie und den Betrieb darstelle; das dürfe die Klägerin aber nicht daran hindern, die ihr obliegenden steuerlichen Verpflichtungen zu beachten. Tatsächlich seien jedoch die Steuererklärungen nicht oder nicht pünktlich eingereicht und Zahlungsverpflichtungen nicht erfüllt worden. Für den Bereich der Umsatzsteuer und Lohnsteuer komme erschwerend hinzu, daß diese Beträge nicht für eine fristgerechte Zahlung bereitgehalten worden seien, sondern offensichtlich pflichtwidrig zur Aufbesserung der Liquidität des Betriebes und zur Bestreitung privater Ausgaben verwendet worden seien. Durch die späte Abgabe von Steuererklärungen und die pflichtwidrige Verwendung von Lohn- und Umsatzsteuer hätte die Klägerin sich bereits einen stundungsähnlichen Vorteil verschafft, der nicht auch noch durch eine Stundung nach § 222 AO vergrößert werden könne. Die begehrte Stundung könne aber auch deshalb nicht gewährt werden, weil die Klägerin keine Sicherheiten in Höhe der Rückstände geleistet habe und der Steueranspruch gefährdet erscheine. Unter Berücksichtigung der angebotenen Einmalzahlung und monatlicher Raten von 2.000,00 DM ergebe sich ein Tilgungszeitraum von mehr als drei Jahren. Die Klägerin begehre demnach die Stundung eines höheren Betrages über einen längeren Zeitraum. In einem solchen Falle könne schon ungeachtet der Frage der Gefährdung eines Anspruchs nicht von einer Sicherheitsleistung abgesehen werde...