Entscheidungsstichwort (Thema)
Veräußerung/Übertragung: Wesentliche Beteiligung innerhalb der letzten fünf Jahre i. S. des § 17 EStG
Leitsatz (redaktionell)
1) Eine wesentliche Beteiligung innerhalb der letzten fünf Jahre i.S. des § 17 Abs. 1 EStG liegt nur dann vor, wenn der Stpfl. in jedem der letzten fünf Jahre qualifiziert, das heißt besteuerungsrelevant beteiligt war.
2) Wird die Beteiligungsquote im VZ vor der Veräußerung auf 0,99% abgesenkt, liegen die Voraussetzungen des § 17 Abs. 1 EStG für die Veräußerung nicht vor.
Normenkette
EStG § 52 Abs. 34a, § 17
Nachgehend
BFH (Aktenzeichen IX R 37/13) |
Tatbestand
Die Klägerin traf am 28.06.2001 mit der B AG (AG) eine Vereinbarung, wonach diese sämtliche Aktien der Klägerin an der AG (100.000 Stück) erwerben sollte. Unter 1. der Vereinbarung war ausgeführt, dass die Verkäuferin (Klägerin) ihre 100.000 Aktien, die sich im Depot der Klägerin bei der C Bank befänden, außerbörslich an die AG zum Stückpreis von 7 EUR verkaufe und übereigne. Unter 2. der Vereinbarung war ausgeführt, dass die Abwicklung dieses Kaufvertrages wie folgt vorgenommen werden sollte: Die AG als Käuferin zahle nach Wirksamwerden des Vertrages mit Fälligkeit 01.07.2001 35.000 EUR auf das Konto der Klägerin bei der C Bank. Sofort nach Eingang dieser Zahlung sollte die Klägerin die C Bank anweisen, aus ihrem Depot 5.000 Aktien der AG zu Gunsten deren Depots bei der E Bank zu übertragen, um damit die Übereignung dieser Aktien zu vollziehen. Des Weiteren war ausgeführt, dass die AG per 01.08.2001 weitere 35.000 EUR auf das Konto der Klägerin zahle und diese entsprechend die C Bank sofort nach Zahlungseingang anweise, weitere 5.000 Aktien zu Gunsten der Käuferin zu übertragen und zu übereignen. Entsprechendes wurde per 01.09.2001 vereinbart, wonach erneut 5.000 Aktien für 35.000 EUR bezahlt und übereignet werden sollten. Zum 01.10.2001 sollte ebenso verfahren werden, allerdings in Bezug auf 15.000 Aktien, wofür die AG in der zuvor dargestellten Weise 105.000 EUR zahlen und die Klägerin unverzüglich nach Zahlungseingang die C Bank anweisen sollte. Zum 01.11.2001 sollte die Käuferin erneut 105.000 EUR für 15.000 Aktien zahlen. Das Prozedere im übrigen sollte den vorangegangenen Übertragungen entsprechen. Zum 01.12.2001 sollte die Käuferin an die Verkäuferin 126.000 EUR für 18.000 Aktien zahlen, zum 01.01.2002 84.000 EUR für die Übertragung und Übereignung von 12.000 Aktien. Für fünf weitere Monate, also zum 01.02.2002 und dann jeweils bis einschließlich Juni 2002, sollte die AG bei gleichem Ablauf wie schon in 2001 jeweils 35.000 EUR für 5.000 Aktien zahlen. Des Weiteren wurde vereinbart, dass die AG auch berechtigt sei, auf erste schriftliche Anforderung eine größere Anzahl von Aktien vor den genannten Daten zu erwerben, sofern sie den Kaufpreis insoweit nach Ankündigung vor den genannten Daten überweise. Alsdann sei die Klägerin in entsprechender Weise zur Übertragung und Übereignung der gewünschten größeren Anzahl nach Zahlungseingang verpflichtet. Über den außerbörslichen Verkauf der Aktien sollte gegenüber Dritten Stillschweigen bewahrt werden.
Im Rahmen einer Prüfung bei der AG war der Abschluss des Vertrages vom 28.06.2001 festgestellt worden. Auf entsprechende Kontrollmitteilung änderte der Beklagte den die Kläger betreffenden Einkommensteuerbescheid 2002 vom 18.12.2003 gemäß § 173 Abs. 1 Satz 1 der Abgabenordnung (AO) durch Bescheid vom 29.04.2005. Hierbei legte er den Verkauf von insgesamt 37.000 Aktien zum Kaufpreis von insgesamt 259.000 EUR zu Grunde, was zu einem Veräußerungsgewinn im Sinne des § 17 des Einkommensteuergesetzes (EStG) von 192.400 EUR führte, den er mit 96.200 EUR im sogenannten Halbeinkünfteverfahren der Besteuerung zu Grunde legte. Die Festsetzung der Einkommensteuer 2001 wurde unter Hinweis seitens der Betriebsprüfung auf die in diesem Jahr bestehende Beteiligung der Klägerin von unter 10 % nicht geändert.
Die Kläger erhoben gegen diesen Änderungsbescheid Einspruch und beantragten unter Hinweis auf das anhängige Verfahren beim Bundesfinanzhof (BFH) unter Az. VIII R 25/02 das Ruhen des Verfahrens. Nachdem der BFH in dieser Sache entschieden hatte (BStBl II 2005, 436), verwies der Beklagte auf die gegen dieses Urteil erhobene Verfassungsbeschwerde unter Az. 2 BvR 748/05. Nach Ergehen des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) in dieser Sache vom 07.07.2010 wurde das bis dahin ruhende Einspruchsverfahren fortgesetzt.
Die Kläger führten zu ihrem Einspruch wie folgt aus: Am 20.04.1993, am 28.06.1995 und am 02.06.1999 seien Geschäftsanteile der B GmbH erworben worden. Diese Anteile seien bei Umwandlung der GmbH in eine AG am 13.04.2000 in Aktien umgewandelt worden. Soweit der Beklagte unterstelle, dass der Wertzuwachs gleichmäßig von 1,80 EUR auf 7,00 EUR angestiegen sei, sei diese Annahme falsch. Der Wert der Aktien sei im Vorfeld des Börsengangs am 13.06.2000 über Jahre hinweg gestiegen. Der Wert zu diesem Zeitpunkt habe zwischen 13,50 EUR und 15,50 EUR betragen. De...