Entscheidungsstichwort (Thema)
Zurechnung von Einkünften aus bestehenden Mietverhältnissen bei Vereinbarung eines obligatorischen Nutzungsrechts
Leitsatz (redaktionell)
1) Wird an einem vermieteten Grundstück ein obligatorisches Nutzungsrecht eingeräumt, so tritt der Nutzungsberechtigte in bestehende Mietverträge nur ein, wenn sie durch ausdrückliche Vereinbarung mit den Mietern übernommen werden.
2) Zur Frage, ob im konkreten Fall eine Zustimmung der Mieter zur Vertragsübernahme bestand.
Normenkette
EStG § 21 Abs. 1; BGB § 577 BGB a.F.; EStG § 2 Abs. 1
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Zurechnung von Einkünften aus einem Grundstück.
Die Klägerin ist eine Grundstücksgemeinschaft bestehend aus den Herren … (K 1) und …. (K 2). Ursprünglich war ihr Vater …. (V) Eigentümer des Wohn- und Geschäftshauses „…”. Mit notariellem Vertrag vom 4. Juni 1991 übertrug V mit Zustimmung seiner im Jahr 1914 geborenen Ehefrau M, der Mutter von K 1 und K 2, mit sofortiger Wirkung das Grundstückseigentum im Wege der vorweggenommenen Erbfolge, wobei er sich ein Nießbrauchsrecht am Grundstück vorbehielt. Außerdem hatten die Erwerber die Belastungen des Grundstücks zu übernehmen. Im Übertragungsvertrag wies der Notar ausdrücklich auf den Nießbrauchserlass und die hierzu ergangene Rechtsprechung hin. Unterschrieben wurde der Vertrag von V, K 1, K 2 und der Mutter, der Beigeladenen 1. Rechtsgang. Das Grundstück war bis zu diesem Zeitpunkt durch die „VEB …” der ehemaligen DDR als Treuhänder verwaltet worden. K1, der die Verwaltung des Grundstücks übernehmen sollte, hatte den Mietern bereits im Frühjahr 1991 mitgeteilt, dass die Mietzahlungen ab Juli 1991 auf das Konto xxx des V bei der KSK … überwiesen werden sollten, da der bisherige Verwaltungsvertrag mit der VEB zum 30. Juni 1991 auslaufen werde. V verstarb jedoch bereits am 12. Juni 1991; seine Ehefrau, die Beigeladene im 1. Rechtsgang, verstarb während der Anhängigkeit des Revisionsverfahrens beim BFH am 16. Oktober 2004 ebenfalls (Mitteilung des Bevollmächtigten vom 29. Dezember 2006).
Im Zeitpunkt des Eigentumsübergangs des Grundstücks auf K 1 und K 2 war das Erdgeschoss an einen gewerblichen Mieter vermietet (Firma …). Dieser Vertrag war im März 1991 von V abgeschlossen worden. Die beiden Wohnungen im 1. OG und die Wohnung in 2. OG waren noch von der VEB an private Mieter vermietet worden. Die bestehenden Mietverträge wurden fortgeführt.
Mit privatschriftlichem Vertrag vom 1. Juli 1991 räumten K 1 und K 2 ihrer Mutter ein unentgeltliches Nießbrauchsrecht an dem Grundstück ein. Eine Eintragung des Rechts ins Grundbuch erfolgte nicht. Nach Tz 3 des Vertrags hatte die Beigeladene alle Aufwendungen zu tragen, die mit dem Grundstück im Zusammenhang standen. K 1 und K 2 verpflichteten sich des Weiteren, die Beigeladene bei der Erfüllung der ihr obliegenden Pflichten zu unterstützen. Die dabei entstehenden Kosten sollten erstattet werden. Ohne Einzelnachweis sollten die steuerlich abzugsfähigen Beträge erstattet werden. Die bestehenden Mietverträge wurden weder mit der Beigeladenen als Vermieterin neu abgeschlossen noch erfolgte eine schriftlich dokumentierte Anzeige des Eintritts der Beigeladenen in diese Mietverträge gegenüber den Mietern. Einer der Mieter, der die Miete für Juli 1991 noch auf das alte Konto überwiesen hatte, wurde von K1 mit Schreiben vom 18. Juli 1991 nochmals auf die o.a. neue Kontoverbindung hingewiesen. Als Inhaberin des Kontos war die Mutter angegeben.
Die Mietzahlungen erfolgten in der Folgezeit auf das o.a. Konto, dessen Inhaberin die Mutter nach dem Tode des V war. Die Kontoauszüge wiesen K1, der die Verwaltung des Grundstücks übernommen hatte, als Auszugsempfänger und die Mutter als Inhaberin des Kontos aus. K1 hatte zum Zwecke der Verwaltung des Grundstücks auch Kontovollmacht. Er führte den gesamten Schriftverkehr mit den Mietern, der Gemeinde, den Versorgungsunternehmen, der Bank, der Versicherung und den Handwerkern. Sämtliche Rechnungen lauteten auf K1, die dieser vom o.a. Konto überwies. Allerdings war die Mutter die einzige, die von dem Konto, auf dass die Mieteinnahmen flossen, auch private Ausgaben bestritt.
Im Oktober des Streitjahres 1994 verstarb die Mieterin einer Wohnung im 1. OG. Der Mietvertrag mit dem neuen Mieter O wurde zum 1. November 1994 von der Mutter selbst abgeschlossen.
Die Mutter, die beim Finanzamt A veranlagt wurde, erklärte die Vermietungseinkünfte in ihren Einkommensteuererklärungen. Für die Jahre 1991 bis 1993 folgte das Finanzamt A dieser Zurechnung, nicht aber für das Streitjahr 1994, in dem die Mutter Einkünfte von 19.862 DM erklärt hatte. Dies wurde damit begründet, dass mangels Eintragung im Grundbuch keine wirksame Bestellung eines Nießbrauchsrechts vorliege. Der Bevollmächtigte von K 1 und K 2 erklärte daraufhin, dass zwar ein wirksam bestelltes Nießbrauchsrecht mangels Eintragung in das Grundbuch nicht vorliege, dass aber jedenfalls ein obligatorisches Nutzungsrecht vereinbart worden sei, bei dem sich die Beteiligt...