Entscheidungsstichwort (Thema)
Begrenzte steuerliche Berücksichtigung von Bewirtungskosten in Spielhallen
Leitsatz (redaktionell)
1. Bei den in einer Spielhalle kostenlos gereichten Speisen und Getränken (hier: ein bis zwei Getränke, kleine Pizzaecken, kleingeschnittene Baguettes und Kuchenecken) handelt es sich um nur begrenzt (in Höhe von 30 Prozent) abzugsfähige Bewirtungsaufwendungen aus geschäftlichem Anlass i.S.v. § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 2 S. 1 EStG.
2. Es handelt sich nicht lediglich um Aufmerksamkeiten, die nach der Verwaltungspraxis (R 4.10 Abs. 5 S. 9 Nr. 1 EStH 2018) von der Abzugsbeschränkung ausgenommen sind, wenn die gereichten Speisen und Getränke dazu dienen, eine Wohlfühlatmosphäre zu schaffen und dem Gast den Aufenthalt in der Spielhalle so angenehm wie möglich zu machen mit dem Ziel, dass sich die Kunden möglichst lange – umsatzsteigernd – in den Spielhallen aufhalten.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 2 S. 1; KStG § 8 Abs. 1; GewStG § 7 S. 1; EStG § 4 Abs. 4
Nachgehend
BFH (Aktenzeichen XI B 54/21) |
Tatbestand
Streitig ist die außerbilanzielle Hinzurechnung von Bewirtungsaufwendungen nach § 8 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) bzw. § 7 Satz 1 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) i.V.m § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) jeweils in den für die Streitjahre (2013 bis 2015) gültigen Fassungen.
Die Klägerin ist eine GmbH, die in den Streitjahren mehrere Spielhallen betrieb. Anlässlich einer Betriebsprüfung bei der Klägerin für die Streitjahre vertrat die Prüferin die Auffassung, dass es sich bei den in den Spielhallen kostenlos gereichten Speisen und Getränken – ein bis zwei Getränke, auf einem Tablett gereichte kleine Pizzaecken, kleingeschnittene Baguettes und Kuchenecken – um Bewirtungsaufwendungen aus geschäftlichem Anlass handle. Diese seien nach § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 2 S. 1 EStG nicht zum Abzug zuzulassen, soweit sie den genannten Prozentsatz der Aufwendungen überstiegen. Dementsprechend wurden von der Prüferin 30 % der von der Klägerin verbuchten Aufwendungen für Speisen und Getränke außerhalb der Bilanz wie folgt hinzugerechnet:
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2013 |
2014 |
2015 |
Aufwand lt. Buchf. |
27.538 € |
29.926 € |
35.443 € |
Hinzurechnung lt. BP |
8.261 € |
8.978 € |
10.633 € |
Den Feststellungen der Betriebsprüfung folgend erließ der Beklagte entsprechend geänderte Körperschaftsteuerbescheide und Gewerbesteuermessbetragsbescheide für die Jahre 2013 bis 2015 jeweils vom 18.06.2019, auf die im Einzelnen verwiesen wird.
Im Rahmen des hiergegen geführten Einspruchsverfahrens trug die Klägerin vor, entgegen der Auffassung des Finanzamtes handle es sich bei den Aufwendungen für Speisen und Getränke nicht um Bewirtungsaufwendungen im Sinne des § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 2 EStG, sondern lediglich um Aufmerksamkeiten als übliche Geste der Höflichkeit im Sinne der Einkommensteuerrichtlinien (R4.10 (5-9) S. 9 Nr. 1 der Einkommensteuer-Richtlinien – EStR –), die nicht unter den Bewirtungskostenbegriff zu subsumieren seien. Der Spielgast werde im Rahmen seines Besuchs in einer Spielhalle vom Hallenpersonal empfangen. Im Rahmen dieses Begrüßungsgespräches werde ihm als Geste der Höflichkeit ein Wasser, ein Softdrink oder ein Kaffee oder Tee angeboten. Im Geschäftsleben seien solche Begrüßungsgetränke üblich, z.B. in Steuerkanzleien, in Rechtsanwaltskanzleien, in Modeboutiquen usw., in keinem dieser Fälle handle es sich um Bewirtungsaufwendungen.
Erst wenn der Spielgast über einen längeren Zeitraum – in der Regel mehrere Stunden – in der Spielhalle verweile, werde ihm ein weiteres Getränk angeboten. Auch dies stelle eine übliche Geste der Höflichkeit dar. Es sei in keinem Fall so, dass der Spielgast unbeschränkten Zugriff auf diese Getränke habe. Auch gebe es in den Spielhallen kein umfangreiches Sortiment von Speisen, sondern lediglich kleine Häppchen, die ohne Geschirr und Besteck auf einem Tablett gereicht würden. Hierbei handle es sich z.B. um eine Pizzaecke, ein klein geschnittenes Baguette oder eine Kuchenecke. Der Spielgast könne sich nicht eigenständig bedienen, sondern er bekomme ein Stück angereicht. Hier werde deutlich, dass nicht der Verzehr im Vordergrund stehe oder das Sattwerden des Gastes. Nehme man z.B. das Jahr 2015 als Grundlage, so ergebe sich, dass bei einem Aufwand von insgesamt 35.443 € bei insgesamt ca. 60 Spielautomaten und einer Öffnung von 365 Tagen im Jahr ein Wareneinsatz pro vorhandenem Spielgerät von 1,62 € pro Tag anfalle. Berücksichtige man, dass ein solches Spielgerät am Tag von mindestens drei Kunden bespielt werde, so ergebe sich ein Wareneinsatz von0,53 € pro Kunde und Tag. Hieraus ergebe sich ohne weiteres, dass es sich insoweit um Aufmerksamkeiten im Sinne der Einkommensteuerrichtlinien handle. Begrifflich fielen hierunter Kaffee, Tee, Erfrischungsgetränke, Gebäck, Butterbretzeln, kleine Auswahl an belegten Brötchen usw. Die Intention hierbei sei ganz eindeutig das Schaffen einer Wohlfühlatmosphäre und keinesfalls die Bewirtung eines Kunden.
Der Beklagte vertrat demgegenüber die Auffassung, das...