Entscheidungsstichwort (Thema)
Besteuerung privater Grundstücksveräußerungsgeschäfte i.d.F. des StEntlG 1999/2000/2002 verfassungswidrig (Vorlagebeschluss)
Leitsatz (redaktionell)
1) § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 EStG i.V. mit § 52 Abs. 39 Satz 1 EStG i.d.F. des StEntlG 1999/2000/2002 erfassen - ohne Übergangsregelung - auch private Grundstücksveräußerungsgeschäfte nach dem 31.12.1998, bei denen zu diesem Stichtag die zuvor geltenden Spekulationsfrist von 2 Jahren bereits abgelaufen war.
2) Hierin liegt eine verfassungsrechtlich unzulässige Rückwirkung, weshalb die Vorschriften gegen Art. 20 Abs. 3 GG und Art. 2 Abs. 1 GG verstoßen.
3) Das StEntlG 1999/2000/2002 ist nicht wegen formeller Verfassungswidrigkeit nichtig.
Normenkette
EStG § 52 Abs. 39; GG Art. 20 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1, Art. 100 Abs. 1; BVerfGG § 80; EStG § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1
Nachgehend
Tatbestand
Mit notariellen Vertrag vom 24.06.1991 erwarben der Kläger und zwei weitere Gesellschafter als Gesellschafter bürgerlichen Rechts (GbR A) die Anwartschaft auf Übertragung des Eigentums an einem Grundstück in A. Die Verkäuferin hatte das Eigentum an dem im Gebiet der ehemaligen DDR belegenen Grundstück zugunsten staatlicher Einrichtungen verloren und bereits nach Maßgabe des Vermögensgesetzes die Rückgabe des Grundstücks geltend gemacht. Ihren Anspruch auf Rückübertragung nach dem Vermögensgesetz trat sie in dem notariellen Vertrag vom 24.6.1991 an die Erwerber ab. Nachdem die Rückgabe des Grundstücks nach Maßgabe des Vermögensgesetzes erfolgte, erwarben die vorgenannten Gesellschafter das Eigentum an dem Grundstück. Die Eintragung als Eigentümer in das Grundbuch erfolgte am 17.08.1994. Ziel des Grundstückserwerbs durch die vorgenannten Gesellschafter war die langfristige Vermietung des Objekts. Als sich dieses Ziel nicht verwirklichen ließ, kam es zu Unstimmigkeiten zwischen den Gesellschaftern über die weitere Verwendung des Grundstücks, derer wegen eine Teilungsversteigerung stattfand. In der Teilungsversteigerung wurde das Grundstück am 18.02.1999 dem Kläger, einem weiteren Gesellschafter der GbR A – ohne Änderung der Miteigentumsanteile – und der E GmbH als Gesellschafter bürgerlichen Rechts zugeschlagen. Die neue GbR war mit Gesellschaftsvertrag vom 18.12.1998 errichtet worden und firmierte unter der Bezeichnung E GbR – im folgenden E GbR –. Mit notariellem Vertrag vom 16.03.1999 veräußerte die E GbR das Grundstück an einen Dritten.
Der Beklagte sah in der Veräußerung des Grundstücks durch die E GbR ein privates Veräußerungsgeschäft im Sinne des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 EStG in der Fassung des Steuerentlastungsgesetzes – StEntlG – 1999/2000/2002 und erfasste den Veräußerungsgewinn in dem Bescheid über die einheitliche und gesonderte Feststellung von Besteuerungsgrundlagen für den Veranlagungszeitraum 1999 vom 11.04.2001 der E GbR. Dabei legte er der Berechnung des Veräußerungsüberschusses die Anschaffungskosten der GbR A und den Veräußerungspreis zugrunde, der von der E GbR erzielt worden war.
Hiergegen hatten die Gesellschafter der E GbR am 23.04.2001 Einspruch eingelegt, der mit Einspruchsentscheidung vom 26.07.2001 zurückgewiesen wurde. Gegen diese Einspruchsentscheidung haben der Kläger und die beiden anderen Gesellschafter der E GbR am 13.08.2001 Klage erhoben und beantragt, die festgestellten Einkünfte aus dem privaten Veräußerungsgeschäft auf 0,– DM festzusetzen, hilfsweise das Verfahren gemäß Art. 100 Abs.1 GG auszusetzen und dem Bundesverfassungsgericht – BVerfG – zur Entscheidung über die Verfassungsmäßigkeit des § 23 Abs.1 Satz 1 Nr.1 Satz 1 i.V. mit § 52 Abs.39 Satz 1 EStG vorzulegen. Durch Urteil des erkennenden Senats vom 26.01.2004 (Az. 14 K 4904/01) wurde die Feststellung von Einkünften aus privaten Veräußerungsgeschäften unter Änderung des Feststellungsbescheid und der dazu ergangenen Einspruchsentscheidung aufgehoben, weil der Besteuerungstatbestand der §§ 22 Nr. 2 und 23 Satz 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG 1999 nicht auf der Ebene der E GbR, sondern durch die Tätigkeit zweier verschiedener GbR verwirklicht worden ist, nämlich durch Anschaffung des Grundstücks durch die GbR A und durch Veräußerung des Grundstücks durch die E GbR. Besteuerungsgrundlagen einer steuerbegründenden Norm, die teilweise auf der Ebene einer vermögensverwaltenden Gesellschaft, teilweise auf der Ebene des Gesellschafters und einer weiteren vermögensverwaltenden Gesellschaft verwirklicht werden, sind in einer Gesamtwürdigung bei der Besteuerung des Gesellschafters im Rahmen seiner Einkommensteuerveranlagung zusammenzufassen und begründen dessen Einkommensteuerpflicht. Das Urteil ist rechtskräftig geworden.
Der Beklagte erließ am 23.09.2004 einen nach § 164 Abs. 2 AO geänderten Einkommensteuerbescheid 1999, in dem die Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften in der Höhe angesetzt worden sind, die bisher dem Kläg...