Entscheidungsstichwort (Thema)

Ehefrau als Nachlassverwalterin nach kandadischem Recht Rechtsnachfolgerin des bis zu seinem Tod in Kanada wohnenden Ehemanns. deutsches Besteuerungsrecht für von der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See an in Kanada ansässigen, beschränkt steuerpflichtigen Rentner gezahlte Rente

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Wohnen Ehegatten mit kanadischer Staatsangehörigkeit in Kanada und wird nach dem Tod des Ehemanns die Ehefrau Nachlassverwalterin nach kanadischem Recht, so tritt sie hierdurch als Rechtsnachfolgerin im Sinne des § 45 AO in die Rechtsposition des Rechtsvorgängers umfassend ein, auch wenn der Nachlassverwalter nach kanadischem Recht nur die Stellung eines Treuhänders hat, also die Interessen der begünstigten Erben wahrnehmen muss, indem er die Nachlassverbindlichkeiten berichtigt und die so bereinigte Erbschaft an diese auskehrt. Die Erben werden anschließend nicht Gesamtrechtsnachfolger, treten also nicht in die Rechtsverhältnisse des Erblassers ein, sondern der Nachlassverwalter überträgt ihnen nur positive Vermögenswerte. Die „estate administration” stellt damit nur eine besondere Form der treuhänderischen Vermögensverwaltung dar.

2. Die beschränkte Einkommensteuerpflicht der von der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See an einen in Kanada ansässigen Rentner für eine frühere Tätigkeit in Deutschland gezahlten Rente wird nicht durch das DBA Kanada ausgeschlossen. Bei der von der Deutschen Rentenversicherung ausgezahlten Rente handelt es es sich weder um ein „Ruhegehalt” im Sinne des Art. 18 Abs. 1 DBA Kanada noch um eine „Rente” im Sinne des Art. 18 Abs. 2 DBA Kanada, sondern um eine einem Ruhegehalt „ähnliche Vergütung” im Sinne des § 18 Abs. 1 DBA Kanada.

3. Die für das deutsche Besteuerungsrecht nach Art. 18 Abs. 1 Satz 2 Buchst. b Alt. 1 DBA Kanada vorausgesetzte steuerliche Abzugsfähigkeit der früheren Rentenversicherungsbeiträge in Deutschland setzt nicht eine tatsächliche und volle Abziehbarkeit, sondern vielmehr lediglich eine Abziehbarkeit dem Grunde nach voraus (Anschluss an FG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil v. 28.11.2018, 1 K 328/12; BFH, Beschluss v. 8.1.2020, I B 2/19), die sowohl vor als auch nach der gesetzlichen Neuregelung der Rentenbesteuerung ab 2005 durch den Sonderausgabenabzug nach § 10 Abs. 1 Nr. 2 EStG gegeben war.

4. Soweit § 50 Abs. 1 S. 4 EStG alte Fassung die Abziehbarkeit von Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung ab dem Zeitpunkt der Emigration des Steuerpflichtigen nach Kanada ausgeschlossen hat, war dem Steuerpflichtigen der Sonderausgabenabzug nicht dem Grunde nach versagt, sondern vielmehr nur aus persönlichen Gründen.

 

Normenkette

EStG § 1 Abs. 3-4, § 10 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3, § 22 Nr. 1 S. 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa, § 49 Abs. 1 Nr. 7 Buchst. a Doppelbuchst. aa, § 50d Abs. 1 S. 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa, S. 4 Buchst. a Doppelbuchst. aa; DBA CAN 1981 Art. 18 Abs. 1 Sätze 1, 2 Buchst. a, b, Abs. 2 S. 3, Art. 19 Abs. 1, Art. 21 Abs. 1; AO § 2 Abs. 1, § 45 Abs. 1 S. 2

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Streitwert beträgt … Euro

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Besteuerung von aus Deutschland nach Kanada gezahlten Rentenbezügen.

Die Klägerin ist die Ehefrau des am … verstorbenen A.. Beide lebten in den Streitjahren in Ontario, Kanada und waren kanadische Staatsbürger.

A. bezog seit dem 01. Dezember 1987 eine Leibrente im Sinne des § 22 Nummer 1 Satz 3 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa Einkommensteuergesetz –EStG– von der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See.

Ausweislich der Rentenbezugsmitteilungen erhielt A. in den Streitjahren folgende Bezüge:

2011

2012

2013

2014

2015

2016

… EUR

… EUR

… EUR

… EUR

… EUR

… EUR

Der Beklagte informierte A. über seine Steuerpflicht und teilte mit, dass beabsichtigt sei, gegen ihn Einkommensteuerbescheide zu erlassen. Zugleich wies er auf die Möglichkeit hin, einen Antrag auf Behandlung als unbeschränkt Steuerpflichtiger gemäß § 1 Abs. 3 EStG zu stellen und klärte A. über Voraussetzungen und Rechtsfolgen auf.

Nachdem A. keine Steuererklärungen abgegeben hatte, versteuerte der Beklagte die Renteneinkünfte mit Bescheiden über Einkommensteuer für 2011 bis 2105 vom … in beschränkter Steuerpflicht. Für das Kalenderjahr 2016 erließ der Beklagte am … den Bescheid über Einkommensteuer.

Am … erhielt der Beklagte Kenntnis vom Ableben des A.. Er stornierte daraufhin die Bescheide für 2011 bis 2015 und erließ, nachdem er auch die Klägerin auf die Steuerpflicht der Renteneinkünfte hingewiesen und die Voraussetzung und Rechtsfolgen eines Antrages auf Behandlung als unbeschränkt steuerpflichtige erläutert hatte, am … inhaltsgleiche Bescheide über Einkommensteuer für 2011 bis 2015. Inhalts- und Bekanntgabeadressatin war die Klägerin als Rechtsnachfolgerin des A. Der Bescheid über Einkommensteuer für 2016 erging am ….

Der Beklagte berechnete das zu versteuernden Einkommens auf Grundlage der von dem ...

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