rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Aussetzung der Vollziehung wegen Gemeinschaftsrechtswidrigkeit des Ausschlusses des Vorsteuerabzugs für betrieblich veranlasste Bewirtungskosten. Gemeinschaftsrechtswichtigkeit des Ausschlusses des Vorsteuerabzugs für betrieblich veranlasste Bewirtungskosten. Umsatzsteuer 1999
Leitsatz (redaktionell)
1. Es ist ernstlich zweifelhaft, ob das Recht zum vollen Vorsteuerabzug aus betrieblich veranlassten Bewirtungskosten durch nationales Recht eingeschränkt werden darf.
2. An der Vereinbarkeit der Ausschlussregelung des § 15 Abs. 1a Nr. 1 UStG in Verbindung mit § 4 Abs. 5 Nr. 2 EStG mit Art. 17 der Sechsten Richtlinie bestehen ernstliche Zweifel.
3. Wegen der Unvereinbarkeit des teilweisen Ausschlusses des Rechts auf Vorsteuersteuerabzug bei angemessenen und nachweislich betrieblich veranlassten Bewirtungskosten durch § 15 Abs. 1a Nr. 1 UStG kann sich der Steuerpflichtige unmittelbar auf das für ihn günstigere Gemeinschaftsrecht des Art. 17 Abs. 2 und Abs. 6 der Sechsten EG-Richtlinie berufen.
Normenkette
UStG 1999 § 15 Abs. 1a Nr. 1; EWGRL 388/77 Art. 17 Abs. 2 Buchst. a, Abs. 6 UAbs. 2; EStG 1997 § 4 Abs. 5 Nr. 2; FGO § 69 Abs. 3 S. 1
Tenor
1. Die Vollziehung des Umsatzsteuerbescheids vom 23. Juli 2001 wird für die Dauer der Rechtshängigkeit der Hauptsacheklage beim Finanzgericht München in Höhe von 307,29 EUR (entspricht 601 DM) ausgesetzt.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsgegner.
Tatbestand
I.
Im Hauptsacheverfahren 14 K 3488/02 ist der teilweise Ausschluss des Vorsteuerabzugs für Bewirtungskosten streitig.
Die Antragstellerin, eine GmbH, betreibt ein Baumanagementunternehmen und bewirtet nach ihren Angaben im Rahmen dieser Tätigkeit und zur Förderung von Vertragsabschlüssen gelegentlich existierende und zukünftige Vertragspartner im Zusammenhang mit Vertragsverhandlungen bzw. anlässlich von Baubesichtigungen vor Ort in Gaststätten.
Mit ihrer Umsatzsteuererklärung für 1999 machte die Antragstellerin die auf die Bewirtungskosten entfallenden Vorsteuern in vollem Umfang geltend, da sie der Auffasung ist, dass der teilweise Ausschluss des Vorsteuerabzugs bei Bewirtungsaufwendungen gemäß § 15 Abs. 1 a Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes 1999 (UStG) nicht mit dem Gemeinschaftsrecht vereinbar sei.
Der Antragsgegner (das Finanzamt) ließ demgegenüber die Vorsteuerbeträge in Höhe von 601 DM gemäß § 15 Abs. 1 a Nr. 1 UStG nicht zum Abzug zu und setzte dementsprechend abweichend von der Steuererklärung die Umsatzsteuer 1999 mit Bescheid vom 23. Juli 2001 fest.
Die Einsprüche dagegen und gegen die Ablehnung des Antrags auf Aussetzung der Vollziehung (AdV) wies das Finanzamt mit Einspruchsentscheidung vom 1. Juli 2002 als unbegründet zurück.
Die Antragstellerin beantragt nunmehr bei Gericht,
die Vollziehung des Umsatzsteuerbescheids 1999 vom 23. Juli 2001 in Höhe von 601 DM wegen ernstlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit auszusetzen.
Das Finanzamt beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Wegen des Sachverhalts im Einzelnen wird auf die vorgelegten Akten und die von den Beteiligten eingereichten Schriftsätze Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
II.
Der Antrag ist begründet.
Bei der im Aussetzungsverfahren gebotenen und auch ausreichenden summarischen Beurteilung kommt ernstlich in Betracht, dass die Antragstellerin die auf die hier streitigen Bewirtungskosten entfallenden und geltend gemachten Vorsteuern in vollem Umfang abziehen kann.
Nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG kann der Unternehmer die in Rechnungen i. S. des § 14 UStG gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die von anderen Unternehmern für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, abziehen.
Diese Voraussetzungen sind bei Aufwendungen des Unternehmers – wie im Streitfall – für die Bewirtung von Personen aus geschäftlichem Anlass (vgl. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes –EStG–) gegeben.
Dem Recht auf Vorsteuerabzug lässt sich nicht – wie das Finanzamt annimmt – entgegenhalten, dass die Bewirtungskosten, soweit sie nicht als Betriebsausgaben bei den Ertragsteuern zugelassen werden, die private Lebensführung des Steuerpflichtigen betreffen und damit keine Bezüge für das Unternehmen darstellen. Diese Argumentation übersieht abgesehen von der Frage der Zuordnung im Mehrwertsteuerrecht, dass vorliegend und vom Finanzamt nicht bestritten ausschließlich die Frage des Rechts auf Vorsteuerabzug aus angemessenen und nachweislich betrieblich veranlassten Bewirtungsaufwendungen im Streit steht.
Der Senat ist bei summarischer Prüfung der Rechtslage der Auffassung, dass das Recht der Antragstellerin auf vollen Vorsteuerabzug nicht durch die Neuregelung gemäß § 15 Abs. 1 a Nr. 1 UStG eingeschränkt werden darf.
Nach dieser Regelung sind u. a. Vorsteuerbeträge nicht abziehbar, die gemäß § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG auf Aufwendungen für die Bewirtung von Personen aus geschäftlichem Anlass entfallen, die als Betriebsausgaben den Gewinn nicht mindern dürfen. Dies gilt für die Bewirtungsaufwendungen, soweit sie 80 v. H. der Au...