rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Gemeinschaftsrechtskonforme Auslegung des § 6 Abs. 5 Satz 6 AStG in der Fassung des SEStEG im Verfahren wegen Aussetzung der Vollziehung

 

Leitsatz (redaktionell)

Es ist ernstlich zweifelhaft, ob § 6 Abs. 5 Satz 6 AStG in der Fassung des SEStEG mit der gemeinschaftsrechtlichen Niederlassungsfreiheit vereinbar ist, soweit er im Falle des Wegzugs eines im Sinne des § 17 Abs. 1 EStG an einer Kapitalgesellschaft Beteiligten zulässt, dass fiktive Veräußerungsgewinne nach § 6 Abs. 1 AStG einen festgestellten Verlustabzug nach § 10d EStG vermindern.

 

Normenkette

AStG Fassung: 7.12.2006 § 6 Abs. 5 S. 6; AStG Fassung: 7.12.2006 § 6 Abs. 1; EStG 2002 § 10d Abs. 2, § 17 Abs. 1; EG Art. 43; FGO § 69 Abs. 3

 

Tenor

1. Die Vollziehung des Bescheids über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur ESt zum 31. Dezember 2007 wird für die Dauer des Einspruchsverfahrens ohne Sicherheitsleistung mit der Maßgabe von der Vollziehung ausgesetzt, dass von einem Verlust i.H.v. 1.860.248 EUR auszugehen ist.

2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsgegner.

 

Tatbestand

I.

Streitig ist im Einspruchsverfahren, ob ein Abzug von Verlustvorträgen nach § 10 d Abs. 2 Einkommensteuergesetz (EStG) von steuerpflichtigen Einkünften i.S.d. § 6 Abs. 1 Außensteuergesetz (AStG) i.V.m. § 17 EStG zur Ermittlung der nach Maßgabe des § 6 Abs. 5 AStG zu stundenden Steuer vorzunehmen ist.

Die Antragsteller verzogen im Veranlagungszeitraum 2007 nach Österreich. Der Antragsgegner (Finanzamt – FA –) berücksichtigte im Einkommensteuer(ESt)-Bescheid 2007 vom 19. August 2008 Einkünfte aus Gewerbebetrieb gemäß § 6 AStG i.V.m. § 17 EStG i.H.v. 4.599.228 EUR. Für die Ermittlung des zu versteuernden Einkommens 2007 wurde ein Verlustabzug i.S.d. § 10 d EStG i.H.v. 2.180.619 EUR vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen. Bei der Ermittlung der nach Maßgabe des § 6 AStG zu stundenden Beträge sowie bei der gesonderten Feststellung der verbleibenden Verlustvorträge zur ESt zum 31. Dezember 2007 wurde der zum 31. Dezember 2006 festgestellte Verlustvortrag i.H.v. 2.180.619 EUR in voller Höhe berücksichtigt, so dass der verbleibende Verlustvortrag zum 31. Dezember 2007 ebenfalls unter dem Datum vom 19. August 2008 mit 0 EUR festgestellt wurde.

Für Zwecke der Bemessung der ESt-Vorauszahlungen für 2008 und Folgejahre legte das FA die Einkünfte der Antragsteller aus dem Veranlagungszeitraum 2007 mit Ausnahme der Einkünfte i.S.d. § 6 AStG i.V.m. § 17 EStG zugrunde. Ein Verlustabzug wurde nicht berücksichtigt.

Mit Schreiben vom 11. September 2008 legten die Antragsteller gegen den Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur ESt zum 31. Dezember 2007 und den Vorauszahlungsbescheid für 2008 und Folgejahre Einspruch ein, über die noch nicht entschieden ist. Den gleichzeitig gestellten Antrag auf Aussetzung der Vollziehung in Sachen gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags lehnte das FA mit Verwaltungsakt vom 30. April 2009 ab.

Wegen des Sachverhalts im Einzelnen wird auf die Akten und die von den Beteiligten eingereichten Schriftsätze Bezug genommen.

Die Antragsteller beantragen,

die Vollziehung des Bescheids über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur ESt zum 31. Dezember 2007 für die Dauer des Einspruchsverfahrens wegen ernstlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit ohne Sicherheitsleistung mit der Maßgabe von der Vollziehung auszusetzen, dass von einem Verlust i.H.v. 1.860.248 EUR auszugehen ist.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzulehnen.

 

Entscheidungsgründe

II.

1. Der Antrag ist nach Rücksprache mit den Antragstellern (vgl. Aktenvermerk vom 27. Mai 2009) auf der Grundlage des Urteils des Finanzgerichts Baden-Württemberg vom 29. März 1984 dahingehend auszulegen, dass Aussetzung der Vollziehung nur für die Dauer des Einspruchsverfahrens begehrt wird (vgl. auch Gräber/Koch, FGO, 6. Aufl. § 69 Rz. 151).

2. Der Antrag ist begründet.

Bei der im Aussetzungsverfahren gebotenen und auch ausreichenden summarischen Beurteilung des aktenkundigen Sachverhalts treten neben den für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige, dagegen sprechende Gründe zu Tage, die eine Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der Streitsache in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht bewirken (§ 69 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 Finanzgerichtsordnung – FGO; Beschlüsse des Bundesfinanzhofs – BFH – vom 15. Januar 1998 IX B 25/97, BFH/NV 1998, 994 und vom 24. Februar 2000 IV B 83/99, Bundessteuerblatt – BStBl – II 2000, 298).

a) Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 AStG in der im Streitjahr geltenden Fassung ist bei einer natürlichen Person, die insgesamt mindestens zehn Jahre nach § 1 Abs. 1 EStG unbeschränkt steuerpflichtig war und deren unbeschränkte Steuerpflicht durch Aufgabe des Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthalts endet, auf Anteile i.S.d. § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG im Zeitpunkt der Beendigung der unbeschränkten Steuerpflicht § 17 EStG auch ohne Veräußerung a...

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