rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Wegzugsbesteuerung und Verlustvortrag: Berücksichtigung des zum 31.12. des Vorjahres festgestellten verbleibenden Verlustvortrags bei der Berechnung der nach § 6 Abs. 5 AStG zu stundenden Steuer

 

Leitsatz (redaktionell)

Bei Wegzug des Steuerpflichtigen in das EU-Ausland ist im Rahmen der Berechnung der auf die steuerpflichtigen Einkünfte nach § 6 Abs. 1 AStG i. V. m. § 17 EStG entfallenden und nach § 6 Abs. 5 AStG zu stundenden Steuer ein auf den 31.12. des Vorjahres festgestellter verbleibender Verlustvortrag auch dann nicht zu berücksichtigen, wenn zwar der Gesamtbetrag der Einkünfte ohne Berücksichtigung des Wertzuwachses nach § 6 Abs. 1 AStG nicht negativ ist, aber bei einem vergleichbaren Inlandsfall kein Verbrauch des Verlustvortrags eingetreten wäre.

 

Normenkette

EStG § 10d Abs. 2, § 17; AStG § 6 Abs. 1, 5 S. 6

 

Tenor

1. Unter Änderung des Bescheids über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Einkommensteuer zum 31. Dezember 2007 vom 19. August 2008 und der Einspruchsentscheidung vom 29. Januar 2010 wird der verbleibende Verlustvortrag zur Einkommensteuer zum 31. Dezember 2007 mit 1.858.459 EUR festgestellt.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Kläger vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Kläger die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leisten.

4. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob ein Abzug von Verlustvorträgen nach § 10 d Abs. 2 Einkommensteuergesetz (EStG) von steuerpflichtigen Einkünften i.S.d. § 6 Abs. 1 Außensteuergesetz (AStG) i.V.m. § 17 EStG zur Ermittlung der nach Maßgabe des § 6 Abs. 5 AStG zu stundenden Steuer vorzunehmen ist.

Die Kläger verzogen im Veranlagungszeitraum 2007 nach Österreich. Das Finanzamt (FA) München Abteilung V (Beklagter) berücksichtigte im Einkommensteuer(ESt)-Bescheid 2007 vom 19. August 2008 Einkünfte aus Gewerbebetrieb gemäß § 6 AStG i.V.m. § 17 EStG i.H.v. 4.599.228 EUR. Für die Ermittlung des zu versteuernden Einkommens 2007 im Rahmen der Stundung nach § 6 Abs. 5 AStG wurde der zum 31. Dezember 2006 i.H.v. 2.180.619 EUR festgestellte Verlustvortrag i.S.d. § 10 d EStG vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen. Der verbleibende Verlustvortrag zum 31. Dezember 2007 wurde, ebenfalls unter dem Datum vom 19. August 2008, mit 0 EUR festgestellt.

Für Zwecke der Bemessung der ESt-Vorauszahlungen für 2008 und Folgejahre legte das FA die Einkünfte der Kläger aus dem Veranlagungszeitraum 2007 mit Ausnahme der Einkünfte i.S.d. § 6 AStG i.V.m. § 17 EStG zugrunde. Ein Verlustabzug wurde nicht berücksichtigt.

Mit Schreiben vom 11. September 2008 legten die Kläger gegen den Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur ESt zum 31. Dezember 2007, den ESt-Bescheid 2007 und den Vorauszahlungsbescheid für 2008 und Folgejahre Einspruch ein. Den gleichzeitig gestellten Antrag auf Aussetzung der Vollziehung in Sachen gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur ESt zum 31. Dezember 2007 lehnte das FA mit Verwaltungsakt vom 30. April 2009 ab. Mit Beschluss vom 3. Juni 2009 – 9 V 1438/09 gab der Senat dem daraufhin beim Finanzgericht München gestellten Antrag auf Aussetzung der Vollziehung statt. Im weiteren Verlauf wies das FA die Einsprüche als unbegründet zurück (vgl. zusammengefasste Einspruchsentscheidung vom 29. Januar 2010).

Mit der hiergegen gerichteten Klage, begehren die Kläger weiterhin, im Rahmen der Ermittlung der nach Maßgabe des § 6 Abs. 5 AStG zu stundenden Steuer bei den steuerpflichtigen Einkünften i.S.d. § 6 Abs. 1 AStG i.V.m. § 17 EStG den Abzug von Verlustvorträgen nach § 10 d Abs. 2 EStG rückgängig zu machen.

Zur Begründung tragen sie vor, die Berücksichtigung des verbleibenden Verlustvortrags zum 31. Dezember 2006 bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens 2007 im Rahmen der Stundung nach § 6 Abs. 5 AStG verstoße nach dem Sinn und Zweck der Regelung des§ 6 Abs. 5 AStG i.d.F. des Gesetzes über steuerliche Begleitmaßnahmen zur Einführung der Europäischen Gesellschaft und zur Änderung weiterer steuerrechtlicher Vorschriften(SEStEG) vom 7. Dezember 2006 (Bundesgesetzblatt – BGBl – I 2006, 2782, berichtigtBGBl I 2007, 68) wie sie sich aus der Gesetzesbegründung ergäben und den Vorgaben des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) in seiner Entscheidung vom 11. März 2004 in der Rechtssache C 9/02 (Hughes de Lasteyrie du Saillant) gegen den in Art. 52 Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EG-Vertrag) verankerten Grundsatz der Niederlassungfreiheit. Mit der ausschließlichen Anwendung des § 6 Abs. 5 Satz 6 AStG auf denausdrücklich geregelten Fall, in dem der Gesamtbetrag der Einkünfte im Wegzugsjahr ohne Berücksichtigung des Vermögenszuwachses i.S.d. § 6 Abs. 1 AStG negativ sei, ginge eine Benachteiligung derjenigen Steuerpflichtigen einher, bei denen – wie ...

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