rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Gewinnzuschätzungen bei einem Restaurant, wenn die Kasseneinnahmen täglich nur in einer Summe eigetragen sind und keine weitere Nachweise über das Zusatndekommen der Summe vorliegen

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Gemäß § 146 Abs. 1 S. 2 AO sind Kasseneinnahmen und Kassenausgaben täglich aufzuzeichnen. Werden die Kasseneinnahmen, täglich nur in einer Summe in das Kassenbuch eingetragen, muss das Zustandekommen dieser Summe durch Aufbewahrung der angefallenen Kassenstreifen, Kassenzettel und Bons nachgewiesen werden.

2. Liegen keinerlei derartige Nachweise vor, sind diese formellen Mängel der Kassenbuchführung bei Gaststätten schwerwiegend, denn die Barkasse ist hier von besonderer Bedeutung, weil überwiegend Bargeschäfte getätigt werden.

3. Nach § 162 Abs. 1 S. 2 AO sind bei einer Schätzung der Besteuerungsgrundlagen alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind. Das gewonnene Schätzungsergebnis muss schlüssig, wirtschaftlich möglich und vernünftig sein und darf nicht den Denkgesetzen und den allgemeinen Erfahrungssätzen widersprechen.

4. Da jede Schätzung gewisse Unsicherheiten enthält, muss der Steuerpflichtige, wenn er eine abweichende Schätzung herbeiführen will, erweisbare Tatsachen oder Erfahrungssätze vortragen, die geeignet sind, zu dem Schluss zu gelangen, dass ein anderer als der vom FA geschätzte Betrag wahrscheinlicher sei. Möglich ist dies, durch den Nachweis, dass in der Gaststätte Gerichte in größeren Portionen verkauft wurden, als es der Betriebsprüfer in seiner Kalkulation nach den Richtlinien des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes angenommen hat.

 

Normenkette

AO § 162 Abs. 1, 2 S. 2, §§ 158, 146

 

Tenor

1. Die Vollziehung der Bescheide vom 12. Oktober 2010 über Einkommensteuer wird für die Dauer des Einspruchsverfahrens für 2003 in Höhe von 6.140 EUR, für 2004 in Höhe von 5.669 EUR, für 2005 in Höhe von 7.035 EUR, für 2006 in Höhe von 61 EUR und für 2007 in Höhe von 1.491 EUR ausgesetzt.

2. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.

3. Die Kosten des Verfahrens tragen die Antragsteller zu 31/100 und der Antragsgegner zu 69/100.

 

Tatbestand

I.

Streitig ist im Einspruchsverfahren die Rechtmäßigkeit von Zuschätzungen zu den Gewinnen aus Gewerbebetrieb bei dem Antragsteller (ASt), der eine Gaststätte mit Pension betreibt.

Beim ASt wurde in der Zeit von Juni 2008 bis Juni 2010 eine steuerliche Außenprüfung durchgeführt. Der Betriebsprüfer vertrat dabei die Auffassung, dass die Buchführung nicht ordnungsgemäß sei; wegen nicht ordnungsgemäßer Kassenführung und Kalkulationsdifferenzen seien Umsatzzuschätzungen vorzunehmen. Aufgrund seiner Nachkalkulation erhöhte der Betriebsprüfer die Entnahmen für 2003 um 52.265 EUR, für 2004 um 35.302 EUR, für 2005 um 42.146 EUR, für 2006 um 50.102 EUR und für 2007 um 42.848 EUR und entsprechend die Gewinne aus Gewerbebetrieb (vgl. Betriebsprüfungsbericht – BP-Bericht – vom 29. Juni 2010 […]). Der Betriebsprüfer war der Auffassung, dass der Ast. in seinen Gewinnermittlungen die Umsätze aus der Gastwirtschaft für 2003 um 35.287,05 EUR, für 2004 um 19.244,83 EUR, für 2005 um 23.167,10 EUR, für 2006 um 31.925,29 EUR und für 2007 um 24.741,23 EUR (jeweils netto) zu niedrig erklärt habe. Außerdem war er der Auffassung, dass die Betriebseinnahmen aus der Pension für 2003 um 8.514,00 EUR, für 2004 um 9.882,00 EUR, für 2005 um 11.862,00 EUR, für 2006 um 10.000,00 EUR und für 2007 um 10.000,00 EUR (jeweils netto) zu niedrig erklärt worden seien (vgl. Tz. 1 in Anlage 4 zum BP-Bericht). Seine Schätzungen begründete der Prüfer damit, dass sich aus den vom ASt eingereichten Jahresabschlüssen nur ein Rohgewinnaufschlagsatz zwischen 160% und 180% ergebe. Der Rohgewinnaufschlagsatz aus seiner Nachkalkulation betrage aber bei Getränken 275% und bei Speisen 167% (vgl. Tz. 1 in Anlage 4 zum BP-Bericht). Diese Rohgewinnaufschlagsätze ermittelte der Betriebsprüfer aufgrund einer Nachkalkulation für das Jahr 2003. Die Zuschätzung der Umsätze bei den Übernachtungen begründete er damit, dass die Aufzeichnungen zu den Übernachtungszahlen in dem Gästeplaner und die entsprechenden Buchungen nicht über einstimmen würden. Außerdem vertrat der Prüfer die Auffassung, dass die privaten Anteile an den Raumkosten und Telefonkosten vom ASt in den Jahresabschlüssen der Streitjahre zu niedrig ausgewiesen seien.

Der Antragsgegner – das Finanzamt (FA) – folgte der Auffassung des Betriebsprüfers und änderte die Einkommensteuerfestsetzungen für die Jahre 2003 bis 2007 mit den Steuerbescheiden vom 12. Oktober 2010. Dagegen richten sich die Einsprüche der ASt. Mit Verwaltungsakt vom 9. Dezember 2010 hat das FA den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung (AdV) der angefochtenen Einkommensteuerbescheide abgelehnt.

Die Antragsteller beantragen, die Vollziehung der Einkommensteuerbescheide vom 12. Oktober 2010 für 2003 in Höhe von 12.628,00 EUR, für 2004 in Höhe von 8.453,00 EUR, für 2005 in Höhe von 7.035,00 EUR, für 2006 in Höhe von 61,00 EUR und für 2007 ...

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