Entscheidungsstichwort (Thema)
Schätzung von Benzinkosten als Betriebsausgaben. Bilanzielle Erfassung einer über mehrere Jahre auszuzahlenden Provision, wenn diese unter Abzug eines Sicherheitseinbehalts an eine Factoring-Gesellschaft verkauft wird
Leitsatz (redaktionell)
1. Legt ein bilanzierender Gewerbetreibender keine Belege zu den geltend gemachten Tankaufwendungen vor, ist das FA zur Schätzung nach § 162 AO berechtigt und verpflichtet.
2. Verkauft ein Gewerbetreibender eine über mehrere Jahre zu zahlende Provisionsforderung unter Abzug eines Sicherheitseinbehalts an eine Factoring-Gesellschaft (unechtes Factoring) so ist dies bilanziell wie folgt zu erfassen:
- Zunächst entsteht eine zu aktivierende Forderung gegenüber dem Provisionsverpflichteten.
- Die Gutschrift des Gegenwerts der Forderung ist beim unechten Factoring rechtlich ein – gewinnneutrales – Kreditgeschäft.
- Ein wegen der Abzinsiung nicht ausbezahlte Teil der Provision stellt einen aktiven Rechnungsabgrenzungsposten dar.
- Bilanziell nicht zu erfassen ist der Teil der Provisionsforderung, der als Sicherheitseinbehalt nicht ausbezahlt wurde.
Normenkette
AO §§ 147, 162; EStG § 5
Tenor
1.) Der Antrag wird abgelehnt.
2.) Die Antragsteller tragen die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
I.
Streitig ist im Einspruchsverfahren bei den gewerblichen Einkünften des Antragstellers, zum einen, ob und in welcher Höhe Benzinkosten zu berücksichtigen sind und zum anderen, inwieweit ein Sicherheitseinbehalt erfolgswirksam zu berücksichtigen ist.
Außergerichtlich hat der Antragsgegner (das Finanzamt – FA –) mit Bescheiden vom 19. Mai 2006 die strittigen Beträge zum Teil ausgesetzt.
Mit Bescheiden vom 17. Juli 2006 erweiterte das FA den Umfang der bisher ausgesetzten Beträge.
Die Antragsteller beantragen sinngemäß,
die Vollziehung er Einkommensteuerbescheide 2001 bis 2003, jeweils vom 22. Februar 2006, und die Vollziehung der Gewerbesteuermessbescheide 2001 bis 2003 in folgender Höhe
Solidaritätszuschlag zur ESt 2001 |
192,94 EUR |
Einkommensteuer Zinsen 2001 |
587,00 EUR |
Solidaritätszuschlag zur ESt 2002 |
208,50 EUR |
Einkommensteuer Zinsen 2002 |
416,00 EUR |
Einkommensteuer 2003 |
3.407,64 EUR |
Solidaritätszuschlag zur ESt 2003 |
205,81 EUR |
Einkommensteuer Zinsen 2003 |
207,00 EUR |
Gewerbesteuermessbetrag 2001 |
15,28 EUR |
Gewerbesteuermessbetrag 2002 |
24,00 EUR |
Gewerbesteuermessbetrag 2003 |
282,00 EUR |
Gewerbesteuer-Zinsen 2001 |
17,00 EUR |
Gewerbesteuer-Zinsen 2002 |
51,00 EUR |
Gewerbesteuer-Zinsen 2003 |
49,00 EUR |
auszusetzen, bis über das Einspruchsverfahren gegen die Bescheide vom 22. Februar 2006 entschieden ist.
Das FA beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Wegen des Sachverhalts im Einzelnen wird auf den Bericht über die Außenprüfung vom 16. Dezember 2005, die Akten und die von den Beteiligten eingereichten Schriftsätze Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
II.
1.) Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Verwaltungsakte im Sinne des § 69 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) bestehen, über die bereits vom FA gewährte Aussetzung der Vollziehung hinaus, nach Aktenlage nicht.
a) Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines angefochtenen Verwaltungsaktes bestehen, wenn bei überschlägiger Prüfung anhand des aktenkundigen Sachverhalts neben für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige, dagegen sprechende Gründe zu Tage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung der Tatfragen bewirken. Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ist bereits dann begründet, wenn ein nicht nur geringer Grad von Wahrscheinlichkeit dafür spricht, dass der gegen den Verwaltungsakt eingelegte Rechtsbehelf Erfolg haben wird (Bundesfinanzhof-BFH-Urteil vom 7. Juni 1994 IX R 141/89, BStBl II 1994, 756; BFH-Beschlüsse vom 15. Januar 1998 IX B 25/97, BFH/NV 1998, 994; vom 25. August 1998 II B 25/98, BStBl II 1998, 674; vom 23. Juli 1999 VI B 116/99, BStBl II 1999, 684).
b) Diese Voraussetzungen sind im Streitfall nicht erfüllt.
○ Die allgemeinen Grundsätze, die für buchführungspflichtige Unternehmer gelten, sind in den §§ 238-263 Handelsgesetzbuch (HGB) enthalten. Die Buchführung muss kaufmännisch ausgestaltet sein. Ein bestimmtes System wird jedoch nicht vorgeschrieben. Es ist notwendig, alle Geschäftsvorfälle laufend aufzuzeichnen. Darüber hinaus muss mithilfe einer körperlichen Bestandsaufnahme die Aufstellung der Bilanz und des Inventars möglich sein. Zur Buchführung im weitesten Sinne gehören die laufende Buchführung, eine Belegsammlung und -führung, die Bilanz sowie eine Gewinn- und Verlustrechnung.
Die Buchführung muss so ausgestaltet sein, dass sich ein sachkundiger Dritter (z. B. Wirtschafts- oder Betriebsprüfer) in angemessener Zeit einen Überblick über die Geschäftsvorfälle und die Lage des Unternehmens verschaffen kann. Der Unternehmer muss ein ordnungsgemäßes Inventar erstellen (§ 240 HGB) sowie täglich und fortlaufend den gesamten Zahlungsverkehr getrennt nach baren und unbaren Vorgängen aufzeichn...