Entscheidungsstichwort (Thema)
Schätzung bei bloßer Belegsammlung und Führung von Kassenabrechnungen eines nicht buchführungspflichtigen Einzelhändlers. Aussetzung der Vollziehung Einkommensteuer 1997 bis 1999, Umsatzsteuer 1997 bis 1999 und Gewerbesteuermeßbetrag 1997 bis 1999
Leitsatz (redaktionell)
1. Ein handelsrechtlich nicht buchführungspflichtiger Einzelhändler ist nicht verpflichtet, täglich Aufzeichnungen über die Kasseneinnahmen und -ausgaben zu führen. Hat er sich aber auf eine bloße Belegsammlung und die Führung von sog. Kassenabrechnungen beschränkt, ist das FA zur Schätzung der Besteuerungsgrundlagen für die Umsatz-, Einkommen- und Gewerbesteuer befugt.
2. Hier: keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit von an den Umsatzsteuervoranmeldungen orientierten Schätzungsbescheiden mit Unsicherheitszuschlägen von bis zu 50 % der vorangemeldeteten Umsätze, wenn bei der Betriebsprüfung keine bzw. in einzelnen Jahren nur sehr lückenhafte Unterlagen vorgelegt werden konnten.
Normenkette
AO §§ 140, 146 Abs. 1, § 162 Abs. 1; UStG § 2 Abs. 1; FGO § 69 Abs. 2-3; EStG § 2 Abs. 2 Nr. 1, § 4 Abs. 1, 3, § 15 Abs. 1; HGB § 238 Abs. 1
Tenor
1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Die Kosten des Verfahrens werden dem Antragsteller auferlegt.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten wegen Aussetzung der Vollziehung der Einkommensteuer, Umsatzsteuer und des Gewerbesteuermeßbetrages, jeweils für die Jahre 1997 bis 1999.
Der Antragsteller betrieb in den Streitjahren einen Einzelhandel mit KfZ-Teilen. Er führte keine Bücher, sondern sammelte in den Streitjahren 1998 und 1999 Belege und führte sog. Kassenabrechnungen, in denen aber im wesentlichen nur Geschäfte mit einer Ki GmbH erfaßt sind. Für das Jahr 1997 liegen keinerlei Unterlagen vor.
In den Jahren 2001 und 2002 fand bei dem Antragsteller eine Außenprüfung wegen Einkommensteuer, Gewerbesteuer und Umsatzsteuer 1997 bis 1999 statt. Es wurde festgestellt, dass Kassenaufzeichnungen überhaupt nicht existierten. Für das Jahr 1997 hätten keine Unterlagen vorgelegt werden können, für 1998 und 1999 hätten Ordner vorgelegen, die Belege des Unternehmens enthielten. Wegen der fehlenden Buchführung und der fehlenden Kassenaufzeichnungen und der Vielzahl der zu vermutenden Barverkäufe schätzte die Betriebsprüfung anhand der vorliegenden Unterlagen und erhöhte die Einnahmen um die Hälfte. Ebenso wurden sonstige Kosten, Vorsteuer, und Wareneingang geschätzt. Wegen der Einzelheiten wird auf den Betriebsprüfungsbericht vom 8. Mai 2002 Bezug genommen.
Das Finanzamt folgte der Feststellung der Betriebsprüfung und setzte mit den angefochtenen Bescheiden vom 30. Mai 2002
die Einkommensteuer 1997 auf EUR 13.648,43
die Einkommensteuer 1998 auf EUR 2.956,80
die Einkommensteuer 1999 auf EUR 1.602,–
den Gewerbesteuermeßbetrag 1997 auf EUR 705,58,
den Gewerbesteuermeßbetrag 1998 auf EUR 112,48 und
den Gewerbesteuermeßbetrag 1999 auf EUR 0
die Umsatzsteuer 1997 auf EUR 8.724,68,
die Umsatzsteuer 1998 auf EUR 5.635,46 und
die Umsatzsteuer 1999 auf EUR 3.854,63 fest.
Gegen diese Bescheide legte der Antragsteller am 12. Juni 2002 Einspruch ein und beantragte getrennte Veranlagung. Er begründete den Einspruch nicht. In einer Besprechung erklärte er gegenüber dem Finanzamt, er verstehe den Prüfungsbericht nicht, sein steuerlicher Berater ebenfalls nicht. Mit Schreiben vom 28. Juni 2002 setzte das Finanzamt dem Antragsteller eine Ausschlußfrist gemäß § 364 b AO zur Vorlage der notwendigen Unterlagen und zur Einspruchsbegründung. Am 29. Juli 2002 legte der Antragsteller mehrere Ordner vor. Die Ordner enthalten Belege der Jahre 1998 und 1999. Auf ihren Inhalt wird Bezug genommen.
Anträge auf Aussetzung der Vollziehung lehnte das Finanzamt zuletzt am 20. August 2002 ab.
Die Einsprüche hatten keinen Erfolg (Einspruchsentscheidungen vom 25. September 2002):
Mit Einspruchsentscheidung zur Einkommensteuer 1997, 1998 und 1999 setzte das Finanzamt wegen des Antrages auf getrennte Veranlagung die Einkommensteuer 1997 auf EUR 19.715,41, die Einkommensteuer 1998 auf EUR 9.056,51 und die Einkommensteuer 1999 auf EUR 3.610,74 fest und wies den Einspruch im Übrigen zurück. Die Schätzung der Betriebsprüfung sei nicht zu beanstanden.
Mit Einspruchsentscheidung zur Umsatzsteuer 1997, 1998, 1999 und Gewerbesteuermeßbescheid 1997 und 1998 wies das Finanzamt den Einspruch als unbegründet zurück. Die Schätzung der Betriebsprüfung sei sachgerecht.
Mit Einspruchsentscheidung zum Gewerbesteuermeßbetrag 1999 wies das Finanzamt den Einspruch als unzulässig ab, da die Feststellung auf Null laute.
Hiergegen hat der Antragsteller Klage erhoben, über die noch nicht entschieden ist (1 K 2246/02). Mit der Klage wendet sich der Antragsteller gegen die o.g. Entscheidungen und trägt vor, die eingereichten Unterlagen seien vom Finanzamt in keinster Weise gewürdigt worden. Das Finanzamt wendet ein, die teilweise Verwerfung der Einsprüche als unzulässig sei zu Recht erfolgt; auch seien die Bescheide nicht zu beanstanden. Der Antragsteller habe eine ordnungsmäßige Bu...