Entscheidungsstichwort (Thema)
Zinsbescheid zur Einkommensteuer 1990
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens werden den Klägern auferlegt.
Tatbestand
Streitig ist eine Zinsforderung des Beklagten (des Finanzamts –FA–) in Höhe von 1.464 DM.
Am 27. Januar 1992 reichte der Kläger (Kl) die Einkommensteuer(ESt)-Erklärung für das Jahr 1990 ein. Am 3. Februar 1992 bearbeitete der zuständige Finanzbeamte die ESt-Erklärung. Dies führte zur maschinellen Erstellung eines ESt-Bescheids mit dem Datum 18. Februar 1992. Der maschinelle Versand des Bescheids unterblieb, da es sich um einen Prüffall handelte. Am 10. Februar 1992 prüften der zuständige Finanzbeamte und sein Sachgebietsleiter den Steuerbescheid ohne Beanstandung. Die Bekanntgabe des Steuerbescheids unterblieb jedoch dennoch, da der Versand vergessen wurde. Nachdem das Versehen bemerkt wurde, gab das FA dem Kl unter dem Datum 19. Juni 1992 den Steuerbescheid 1990 bekannt und setzte auf der Basis der ESt-Nachzahlung gleichzeitig Zinsen in Höhe von 1.464 DM gemäß § 233 a Abgabenordnung (AO) fest.
Den gegen die Zinsfestsetzung gerichteten Einspruch des Kl lehnte das FA mit Einspruchsentscheidung vom 8. April 1993 ab. Das FA führte aus, daß es für die Zinsfestsetzung unerheblich sei, daß sich die Steuerfestsetzung aufgrund eines Versehens bei der Veranlagung verzögert habe (heute: Anwendungserlaß zur Abgabenordnung, § 233 a AO, Anm. 46; s. BMF-Erlaß IV A 4–S 0062–12/94 vom 3. August 1994, BStBl I 1994, 42, 478; vorher in der Streitfrage im Ergebnis identisch: BMF-Schreiben vom 4. Juli 1990 – IV A 5–S 0460 a–16/90 –. BStBl I 1990, 34).
Hiergegen richtet sich die Klage. Der Kl trägt vor, daß er bei ordnungsgemäßem Versand des Bescheids vom 18. Februar 1992 die geschuldete ESt fristgerecht bezahlt hatte und Zinsen nicht angefallen wären. Es sei nicht der Sinn des § 233 a AO, als Folge eines klaren Fehlers des FA den Kl mit Zinsen zu bestrafen.
Der Kl beantragt,
die Festsetzung von Zinsen zur ESt 1990 ersatzlos aufzuheben.
Das FA beantragt,
die Klage abzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist nicht begründet.
Führt die Festsetzung der ESt zu einer Steuernachforderung, ist diese nach § 233 a Abs. 1 AO zu verzinsen. Der Zinslauf beginnt 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist und endet mit der Fälligkeit der Steuernachforderung, spätestens vier Jahre nach seinem Beginn (§ 233 a Abs. 2 AO in der im Jahr 1992 geltenden Fassung gemäß Art. 97 § 15 Abs. 5 Einführungsgesetz zur Abgabenordnung). Im Streitfall hat das FA nach dieser gesetzlichen Regelung Zinsen in unstreitiger Höhe von 1.464 DM errechnet.
Der Festsetzung der Nachforderungszinsen stehen weder Normen der Abgabenordnung noch der Grundsatz von Treu und Glauben entgegen (BFH-Urteil vom 8. September 1993 I R 30/93, BStBl II 1994, 6). Der Kl hat durch die verspätete Bezahlung der ESt Liquiditätsvorteile. Das FA darf grundsätzlich durch die Festsetzung von Zinsen die Herausgabe dieser Vorteile verlangen. Der Grundsatz von Treu und Glauben könnte allenfalls dann zugunsten des Kl eingreifen, wenn sein Liquiditätsvorteil kleiner als 6 % Jahreszins gewesen wäre und ein Verschulden des FA zu einer übermäßigen Bearbeitungszeit geführt hätte. Ein Sachvortrag des Kl, daß er sein Geld zu weniger als 6 % Zinsen angelegt hatte, fehlt und dürfte angesichts des Zinsniveaus 1992 für kurzfristige Gelder auch kaum möglich sein. Letztlich braucht diese Frage jedoch nicht aufgeklärt zu werden, da jedenfalls keine überlange Bearbeitungszeit durch das FA vorliegt. Der Steuerbescheid vom 19. Juli 1992 wurde weniger als fünf Monate, nachdem der Kl die Steuererklärung eingereicht hatte, bekanntgegeben. Diese Bearbeitungszeit liegt im vertretbaren Rahmen (vgl. Finanzgericht Münster, Urteil vom 30. November 1993 1 K 5113/93 E, EFG 1994, 333: 16 Monate unschädlich; Hessisches Finanzgericht, Beschluß vom 16. März 1993 9 V 107/93, EFG 1993, 635: 10 Monate unschädlich; Finanzgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 18. Mai 1992 5 K 2316/91, EFG 1992, 646: 3 Monate unschädlich). Unerheblich ist, daß das FA im Streitfall schneller hätte arbeiten können. Der Kl konnte nach den Grundsätzen von Treu und Glauben nicht darauf vertrauen, daß seine Steuererklärung bereits eine Woche nach der Abgabe bearbeitet wird. Wer eine ESt-Erklärung 1990 erst Ende Januar 1992 abgibt, muß vielmehr damit rechnen, daß die Bearbeitung nicht innerhalb von zwei Monaten bis Ende März 1992 abschließend erfolgt und dementsprechend Nachforderungszinsen zwangsläufig anfallen.
Im übrigen ist über Billigkeitsmaßnahmen (§ 163 AO) nicht im Zinsfestsetzungsverfahren zu entscheiden (BFH-Urteil vom 13. April 1989 IV R 196/85, BStBl II 1989, 64 unter Nr. 5).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung.
Es erscheint sachgerecht, durch – kostengünstigeren – Gerichtsbescheid zu entscheiden (§ 90 a FGO i.V.m. § 79 a Abs. 2, 4 FGO).
Fundstellen