Entscheidungsstichwort (Thema)
Werbungskosten oder Kosten der allgemeinen Lebensführung. Umzug ins Eigenheim. Wegezeitverkürzung
Leitsatz (redaktionell)
1. Es hat sich für den Kläger keine Wegezeitverkürzung von 1 Stunde täglich durch den Umzug ergeben.
2. Da keine Wegezeitverkürzung von täglich 1 Stunde erreicht worden ist, lag aus diesem Grunde auch keine wesentliche Verbesserung der Arbeitsbedingungen des Klägers vor.
Normenkette
EStG § 12 Nr. 1 S. 2
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
I.
Die Kläger sind verheiratet und werden im Streitjahr beim Beklagten (dem Finanzamt – FA –) zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Die Klägerin erzielte als Rechtsanwältin Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit, der Kläger erzielte als Diplom-Ingenieur Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit und aus Vermietung und Verpachtung.
Der Kläger, der bis 31. März 2008 in X tätig war (vgl. Aufhebungsvertrag vom 27. Februar 2008, vgl. Bl. 28 ff der ESt-Akte 2008), trat ab 1. April 2008 eine neue Arbeitsstelle in M an. Ab August 2008 verlegten die Kläger ihren Wohnsitz von X nach …, in ihr am 27. Mai 2008 erworbenes Eigenheim (vgl. Bl. 1 der ESt-Akte). Die Klägerin wickelte nach dem Umzug aus gesundheitlichen Gründen ihre Kanzlei ab.
Gegen den Einkommensteuerbescheid für 2008 vom 11. Februar 2011 legten die Kläger Einspruch ein und übersandten dem FA eine überarbeitete Einkommensteuererklärung für 2008. In der geänderten Anlage N machte der Kläger erstmals Umzugskosten in Höhe von 4.542,91 EUR (Umzug 3.116,91 EUR, Fahrtkosten 162,00 EUR, Verpflegungsmehraufwendungen 60 EUR sowie Pauschbetrag für sonstige Umzugskosten 1.204 EUR) als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit geltend. Darüber hinaus war in der Anlage N angegeben, dass der Kläger die Fahrten zwischen der Wohnung und seiner Arbeitsstätte mit dem privaten PKW zurückgelegt habe (Bl. 21, 23 der Rb-Akte).
Das FA teilte den Klägern mit, dass die Umzugskosten nicht anerkannt werden könnten, weil sich bei einer Gegenüberstellung der beiden Wohnorte X und … sowie der Arbeitsstelle in M keine wesentliche Verkürzung der Fahrtzeiten und der Entfernung ergebe. Somit seien die Umzugskosten den Kosten der privaten Lebensführung zuzurechnen, zumal der Umzug mit dem Kauf eines Wohnhauses in Verbindung stehe.
Die Kläger erwiderten, dass der Kläger von X aus zu seiner Arbeitsstelle in M 1 ½ Stunden gebraucht habe. Er habe quer durch X zu Berufsverkehrszeiten fahren müssen, um zur Autobahn nach M zu kommen. Durch den Umzug nach … sei eine Wegezeitverkürzung von mindestens einer Stunde täglich entstanden.
Das FA wies die Kläger darauf hin, dass es mit dem Internet-Routenplaner für die Benutzung des PKW zwei mögliche Routen von der Wohnung der Kläger in X zum Arbeitsplatz des Klägers ermittelt habe. Beide Male betrage die angegebene Fahrzeit bis nach M 50 Minuten.
Vom jetzigen Wohnsitz in … betrage die angegebene Fahrzeit bei den drei vom Routenplaner vorgeschlagenen Routen jeweils 61 Minuten. Die Strecke im Stadtverkehr in X mache bis zur jeweiligen Autobahnauffahrt ungefähr 10 Kilometer aus. Im Routenplaner werde die Fahrtzeit bis dahin mit etwa 12 bis 13 Minuten veranschlagt. Gehe man von erschwerten Bedingungen während der Hauptverkehrszeiten aus, dann verlängere sich die Fahrtzeit deutlich. Die hauptsächlichen Verkehrsbehinderungen würden sich jedoch im Regelfall am Morgen stadteinwärts und nachmittags stadtauswärts ergeben. Der Kläger sei aber in die entgegengesetzte Richtung gefahren. Selbst wenn man trotzdem von Behinderungen ausgehe, sei jedenfalls eine Verzögerung von 40 Minuten nicht glaubhaft. Eine Fahrtzeitverkürzung von täglich mehr als einer Stunde sei daher weder nachgewiesen noch nachvollziehbar.
Die Kläger erwiderten, dass der Kläger seine Fahrt zur Arbeit von X nach M mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurückgelegt habe und dass er dafür ca. 2 ½ Stunden gebraucht habe. Das hohe Verkehrsaufkommen im Raum X sei für ihn zu belastend gewesen, um täglich mit dem Auto zu fahren.
Mit Bescheid vom 16. Mai 2012 änderte das FA den Einkommensteuerbescheid für 2008 aus hier nicht streitigen Gründen. Mit Einspruchsentscheidung vom 18. Mai 2012 wies das FA den Einspruch der Kläger als unbegründet zurück. Die Fahrtzeit mit dem PKW von der Wohnung in X zur Arbeitsstätte in M betrage lt. Routenplaner 50 Minuten, zu den Berufsverkehrszeiten zweifellos etwas länger. Lege man die Berechnung der Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln zugrunde, wie vom Kläger vorgetragen, ergebe sich eine Wegezeit von 61 Minuten (Fußweg Wohnung-Straßenbahnhaltestelle: 4 Minuten; Fahrt zum Bahnhof: 10 Minuten; Zugverbindung nach M: 34 Minuten; Fußweg Bahnhof Arbeitsstelle: 13 Minuten). Bei der ungünstigeren Verbindung mit einer Fahrtdauer der Bahn von 55 Minuten ergebe sich ein Zeitaufwand von 82 Minuten. Bei einem Vergleich der PKW-Fahrtzeit von … aus mit der Fahrzeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln ergebe sich, dass selbst unter Berücks...