Entscheidungsstichwort (Thema)
Erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG auf Ebene des Besitzunternehmens im Rahmen einer Betriebsaufspaltung
Leitsatz (redaktionell)
1. Ist der ausschließlich ein Grundstück an eine GmbH vermietende Einzelunternehmer nur deshalb gewerblich tätig, weil die Voraussetzungen einer Betriebsaufspaltung vorliegen, hat das Einzelunternehmen als Besitzunternehmen ausnahmsweise Anspruch auf die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG, wenn die Betriebs-GmbH das auf dem gemieteten Grundstück errichtete, gem. § 70 Abs. 3 BewG ihr zuzurechnende Gebäude an Dritte vermietet und aufgrund der lediglich grundstücksverwaltenden Tätigkeit Anspruch auf die erweiterte Kürzung gem. § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG besteht, die nicht an § 9 Nr. 1 S. 5 GewStG scheitert; mithin Besitz- und Betriebsunternehmen als gedachtes Einheitsunternehmen mit ihrer vermögensverwaltenden Tätigkeit von der Gewerbesteuer befreit wären.
2. Die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG für das Besitzunternehmen setzt voraus, dass die Vermietungstätigkeit des Besitzunternehmens weder die Grenze der Vermögensverwaltung überschreitet noch neben der Vermietungstätigkeit originär gewerbliche Tätigkeiten ausgeübt werden.
3. Vorliegend konnte offenbleiben, ob eine erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG beim Besitzunternehmen auch dann in Betracht kommt, wenn die erweiterte Kürzung auf Ebene der Betriebsgesellschaft allein deshalb scheitert, weil nicht ausschließlich eigener Grundbesitz verwaltet und genutzt wird.
Normenkette
GewStG § 9 Nr. 1 Sätze 2, 5; KStG § 8 Abs. 2; GewStG § 2 Abs. 1; BewG § 70 Abs. 3, § 68; EStG § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, Abs. 3
Nachgehend
Tenor
1. Unter Änderung der Gewerbesteuermessbescheide 1989 bis 1992, jeweils vom 20. September 1996, der Gewerbesteuermessbescheide 1993 bis 1997, jeweils vom 19. Februar 2001, der Gewerbesteuermessbescheide 1998 bis 2001, jeweils vom 14. Juni 2004 und der Gewerbsteuermessbescheide 2002 bis 2005, jeweils vom 9. Dezember 2008 sowie der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 4. Juli 2011 werden die einheitlichen Gewerbesteuermessbeträge 1989 bis 1997 und die Gewerbesteuermessbeträge 1998 bis 2005 auf 0 EUR festgesetzt.
2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Klägerin vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Klägerin die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
4. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Klägerin im Rahmen einer Betriebsaufspaltung als Besitzunternehmerin die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 Gewerbesteuergesetz (GewStG) zusteht.
Die Klägerin verpachtete ein 12.680 m² großes Grundstück in M… (H) in den Streitjahren 1989-2005 sowie bereits viele Jahre davor an die … GmbH (GmbH), deren alleinige Gesellschafterin sie war. Die GmbH hatte bereits im Jahr 1969 auf diesem Grundstück sowie auf einem benachbarten Grundstück, das ihr selbst gehörte, Büro- und Lagergebäude errichtet, die an fremde Dritte zu gewerblichen Zwecken vermietet wurden. Gegenstand des Unternehmens der GmbH ist die Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes durch Vermietung an fremde Dritte. Der GmbH wurde im Rahmen der Festsetzung des Gewerbemessbetrags eine erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG gewährt.
Für den Grund und Boden sowie für die Gebäude auf dem Grundstück H wurden eigene Einheitswertbescheide erlassen, wobei Grund und Boden der Klägerin und die Gebäude der GmbH zugerechnet wurden. Die Einheitswertbescheide waren Grundlage für den Erlass von Grundsteuermessbescheiden.
Da die jeweils zuständigen Finanzämter vom Vorliegen einer Betriebsaufspaltung ausgingen, was zwischen den Beteiligten mittlerweile nicht mehr streitig ist, ergingen für die Klägerin für die Streitjahre Gewerbesteuermessbescheide. Der in den Streitjahren jeweils zugrunde gelegte Gewerbeertrag entfiel dabei allein auf die Verwaltung und Nutzung des Grundbesitzes der Klägerin. Das Finanzamt berücksichtigte in den Streitjahren 1989 bis 2001 die Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG. Für die Streitjahre 2002 bis 2005 erfolgte keine Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG. Gegen diese Bescheide legte die Klägerin jeweils Einspruch ein und machte u.a. geltend, dass wegen der erweiterten Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG der Gewerbesteuermessbetrag auf 0 DM/EUR festzusetzen sei.
Mit Einspruchsentscheidung vom 4. Juli 2011 wurden die Einsprüche gegen die Gewerbesteuermessbescheide 1989-2005 als unbegründet zurückgewiesen. Nach Auffassung des Finanzamts sei die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG nicht möglich, da im vorliegenden Fall keine normale Vermietungstätigkeit vorliege. Vielmehr stelle die Vermietung einer wesentlichen Betriebsgrundlage in Verbindung mit der Beherrschung der Betriebsgesellschaft die Entfalt...