Entscheidungsstichwort (Thema)

Energiesteuer für Kraftstoff im Zusatztank eines Lkw

 

Leitsatz (redaktionell)

Kraftstoffbehälter, die nicht vom Hersteller selbst, sondern von einem Vertragshändler im Auftrag des Herstellers auf Wunsch des Käufers eingebaut worden sind, sind keine Hauptbehälter. Die Ausnahmevorschrift des § 15 Abs. 4 Nr. 1 EnergieStG ist dann nicht anwendbar.

Als Steuerschuldner kommt neben dem Fahrer auch die Spedition in Betracht, bei der der Fahrer angestellt ist.

Hat das Hauptzollamt nur den Fahrer als Steuerschuldner in Betracht gezogen, ist der Steuerbescheid wegen unterlassener Ermessensausübung aufzuheben.

 

Normenkette

EnergieStG § 15 Abs. 2, 4; EnergieStV § 41 S. 1 Nr. 1; RL (EG) Nr. 2003/96 Art. 24; EWGV 918//83 Art. 112 Abs. 2 Buchst. c; RL 2008/118/EG Art. 33 Abs. 1; AO § 43; FGO § 102 S. 1

 

Tenor

1. Der Steuerbescheid vom 11. August 2008 und die Einspruchsentscheidung vom

7. Oktober 2008 werden aufgehoben.

2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für den Kläger vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten des Klägers die Vollstreckung abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Streitig ist, ob der Kläger Schuldner von Energiesteuer geworden ist.

Der Kläger wurde am 11. August 2008 von der Mobilen Kontrollgruppe des Beklagten (das Hauptzollamt) auf einem Autohof bei P als Fahrer des auf die Fa. H zugelassenen Lkw der Marke Mercedes-Benz Actros (Fahrgestellnr. …846) kontrolliert. Dabei wurde festgestellt, dass hinter dem Fahrerhaus zwei Zusatzbehälter angebracht waren, von denen einer mit Hydrauliköl und der andere mit 250 l Dieselkraftstoff gefüllt war, der in Österreich und in den Niederlanden getankt worden war.

Das Hauptzollamt setzte deshalb mit Steuerbescheid vom gleichen Tag gegenüber dem Kläger Energiesteuer in Höhe von 108,19 EUR für 230 l Dieselkraftstoff fest, weil die Steuerfreiheit für Kraftstoffe in Reservebehältern auf 20 l beschränkt sei.

Im Einspruchsverfahren teilte die Fa. S mit, dass es sich bei dem streitgegenständlichen Lkw um ein Fahrzeug ihres Tochterunternehmens H in Rumänien handle und sie in alle Lkw nachträglich Tanks mit einem Fassungsvermögen von bis zu 1.500 l einbauen lasse. Außerdem legte sie eine Bestätigung der Fa. G vor, dass diese den hinter dem Fahrerhaus angebrachten Kombitank für Diesel und Hydrauliköl eingebaut habe. Lt. Mitteilung der Fa. Daimler-Benz AG wurde das streitgegenständliche Fahrzeug serienmäßig mit einem 550-l-Tank ausgeliefert.

Mit der gegen die Einspruchsentscheidung vom 7. Oktober 2008 erhobenen Klage bringt der Kläger im Wesentlichen Folgendes vor:

Der streitgegenständliche Behälter sei zwar nicht durch die Herstellerfirma selbst, sondern durch die Fa. G montiert worden. Die Montage sei jedoch nicht in seinem Auftrag oder der Fa. H, sondern durch den Mercedes-Benz-Vertragshändler W erfolgt. Damit sei der Behälter gerade nicht von einem Dritten eingebaut, sondern im Auftrag der Herstellerfirma und ab Werk so ausgeliefert worden. Es könne keinen Unterschied machen, ob ein Hersteller direkt eine Spezialfirma für den Umbau des Lkw beauftragt habe oder ob dieser eine Spezialfirma durch den Vertragshändler beauftragen lasse. Da der Auftrag zum Umbau im Auftrag des Herstellers durch W erfolgt sei, seien Letzterem auch die Kosten für den Umbau durch die Fa. G berechnet worden. Die Fa. S habe den Lkw zwar ohne Zusatztank bestellt, habe diesen dann aber im Auftrag von W durch die Fa. G einbauen lassen.

Der Kläger beantragt, den Steuerbescheid vom 11. August 2008 und die Einspruchsentscheidung vom 7. Oktober 2008 aufzuheben.

Das Hauptzollamt beantragt, die Klage abzuweisen.

Es bringt im Wesentlichen vor, dass es sich bei dem streitgegenständlichen Kraftstoffbehälter nicht um einen Hauptbehälter im Sinne des Energiesteuergesetzes handle, weil dieser nicht vom Hersteller, sondern von der Fa. G eingebaut worden sei. Der Auftrag zum Einbau des Zusatztanks sei nicht durch den Hersteller des Lkw (Mercedes-Benz), sondern durch die Fa. S erfolgt. Diese habe die Sattelzugmaschine beim Hersteller mit einem 550-l-Tank bestellt und der Fa. G den Auftrag zum nachträglichen Einbau des streitgegenständlichen Behälters erteilt. Die vom Kläger vorgelegte Rechnung der Fa. G mit der Nr. RK 2018403 betreffe nicht das streitgegenständliche Fahrzeug.

Der Kläger sei als Verwender des im Zusatzbehälter befindlichen Kraftstoffs in Anspruch genommen worden. Da er insoweit der Steuerhinterziehung verdächtigt werde, sei das Auswahlermessen bei der Inanspruchnahme des Klägers nicht näher zu begründen gewesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akten des Hauptzollamts, die im Verfahren eingereichten Schriftsätze und die Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Klage ist begründet.

Für die s...

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