Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur richtigen Bezeichnung des Klägers
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Bezeichnung des Klägers in der Klageschrift ist eine prozessuale Willenserklärung, die auslegungsfähig ist.
2. Auch bei scheinbar eindeutiger Klägerbezeichnung ist nicht am buchstäblichen Sinne der Beteiligtenerklärung zu haften.
3. Der in der Erklärung verkörperte wirkliche Wille ist unter Berücksichtigung sämtlicher dem Gericht und dem Finanzamt erkennbaren Umstände zu erforschen.
Normenkette
FGO § 40 Abs. 2, § 65 Abs. 1
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
I.
Streitig ist in der Sache, ob der Beklagte (das Finanzamt – FA –) verpflichtet ist eine festgesetzte Körperschaftsteuer für 1993 in Höhe von 8.118,80 EUR nebst Zinsen in Höhe von 363,53 EUR zu erlassen.
Mit Schriftsatz vom 12. Juli 2005, eingegangen per Telefax am 12. Juli 2005, reichte der Prozessbevollmächtigte Klage beim Finanzgericht München ein. Als Kläger wurde ausdrücklich Herr XY, bezeichnet. Die Klageanträge und die Klagebegründung sollten nachgereicht werden. Diesem Schriftsatz war eine Einspruchsentscheidung des Finanzamtes FA vom 13. Juni 2005 beigefügt. Entschieden wurde über einen Einspruch der Firma AB GmbH (= GmbH).
Mit Schreiben vom 13. Juli 2005 der Geschäftsstelle des Finanzgerichts München wurde dem Prozessbevollmächtigten mitgeteilt, dass die Klage per Fax beim Gericht eingegangen ist. In diesem Schreiben wurde Herr XY als Kläger bezeichnet.
Ebenfalls am 13. Juli 2005 erstellte die Geschäftsstelle eine vorläufige Kostenrechnung. Adressiert war diese an Herrn XY persönlich, als Streitsache war angegeben XY gegen Finanzamt FA. Beglichen wurde diese vorläufige Kostenrechnung am 3. August 2005 durch den Prozessbevollmächtigten.
Mit Schriftsatz vom 31. August 2005 beantragte der Prozessbevollmächtigte Fristverlängerung, die Streitsache bezeichnete er „XY. /. Finanzamt FA”.
Mit Schriftsatz vom 29. September 2005 reichte der Klägervertreter die Klagebegründung ein. In diesem Schriftsatz wird durchgängig Herr XY als Kläger bezeichnet. Auf diesen Schriftsatz im Einzelnen wird Bezug genommen.
Das Finanzamt FA wies in seiner Stellungnahme vom 19. Oktober 2005 darauf hin, Herr XY sei nicht in seinen Rechten verletzt, da mit der angefochtenen Einspruchsentscheidung zweifelsfrei über den Erlassantrag zur Körperschaftsteuer 1993 der GmbH entschieden worden sei. Die Klage sei demnach unzulässig.
Mit Schriftsatz vom 15. Dezember 2005 beantragte der Prozessbevollmächtigt eine Rubrumsberichtigung. Kläger sei die GmbH, vertreten durch den Geschäftsführer XY. Aus der Klageschrift sei erkennbar, dass Herr XY die Klage als gesetzlicher Vertreter der GmbH eingelegt habe. Dies sei offensichtlich, da zweifelsfrei über den Erlassantrag zur Körperschaftsteuer 1993 der GmbH entschieden worden sei. Es sei nicht im buchstäblichen Sinne an der Beteiligtenerklärung zu haften, vielmehr sei der in der Erklärung verkörperte wirkliche Wille unter Berücksichtigung sämtlicher dem Finanzgericht und dem Finanzamt erkennbaren Umstände zu erforschen. Dies rechtfertige im vorliegenden Fall auch die Schlussfolgerung, dass Herr XY als Geschäftsführer der GmbH sich gegen die Entscheidung des Beklagen im Verfahren wehre.
Auf den weiteren Schriftsatz des FA vom 20. Januar 2006 wird Bezug genommen.
Mit Schriftsatz vom 29. September 2005 beantragt der Klägervertreter,
den Körperschaftsteuerbescheid für 1993 vom 25. Januar 1996 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 13. Juni 2006 aufzuheben und dem Kläger die Körperschaftsteuer in Höhe von 8.118,80 EUR nebst Zinsen in Höhe von 363,53 EUR zu erlassen.
Das FA beantragt,
die Klage abzuweisen.
Dem Klageverfahren liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Die GmbH hat Herrn XY als beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer eine Pensionszusage erteilt. Die dafür gebildete Pensionsrückstellung erkannte das Finanzamt FA nicht an. Die damalige Klage im Verfahren 7 K 3480/96 wurde mit Gerichtsbescheid des Finanzgerichts München vom 28. Oktober 1998 als unbegründet abgewiesen. Begründet wurde dies im Wesentlichen damit, dass eine Pensionszusage an den beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer einer Kapitalgesellschaft, die einen Erdienungszeitraum von 6 Jahren vorsieht, steuerrechtlich nicht anzuerkennen ist. In den Entscheidungsgründen verwies das Gericht darauf, über eine Billigkeitsmaßnahme nach § 163 Abs. 1 Abgabenordnung (AO) könne im anhängigen Rechtsstreit nicht entschieden werden.
Die streitige Körperschaftsteuer wurde bereits im Jahr 1996 bezahlt.
Mit Schriftsatz vom 14. Januar 2004 beantragte der Prozessbevollmächtigte für die GmbH den Erlass der durch die Auflösung der Rückstellungen entstandenen Steuerschuld. Der Antrag wurde sowohl in Bezug auf § 227 AO, als auch in Bezug auf § 163 AO gestellt.
Dieser Antrag wurde mit Bescheid des FA vom 10. Februar 2004 abgelehnt. Der dagegen eingelegte Einspruch vom 5. März 2004 wurde mit Einspruchsentscheidung vom 13. Juni 2005 als unbegründet zurückgewiese...