Entscheidungsstichwort (Thema)
Hinterziehungszinsen i.S. Einfuhrumsatzsteuer
Tenor
1. Unter Änderung des Zinshaftungsbescheids vom 14. Januar 1997 und der Einspruchsentscheidung wird der Zinshaftungsbetrag auf 5.742 DM herabgesetzt.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.
3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für den Kläger vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten des Klägers die Vollstreckung abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Tatbestand
I.
Streitig ist, ob die Inanspruchnahme des Klägers als Haftungsschuldner für Hinterziehungszinsen wegen Einfuhrumsatzsteuer – EUSt – für die Zeit der Entstehung der Steuer bis auf ihren Verzicht rechtmäßig ist.
Die Fa. … – Fa. T. – führte im Zeitraum von April bis August 1993 in zehn Fällen SIM-Module aus Rumänien nach Deutschland ein und ließ die Waren beim HZA … zum freien Verkehr abfertigen. Dabei veranlaßte der Kläger als Prokurist des Unternehmens, daß die Zollwerte der Waren in den Zollanmeldungen zu niedrig angemeldet wurden. Mit Urteil des Amtsgerichts M. vom 4. April 1996 wurde der Kläger hierfür wegen gewerbsmäßigen Schmuggels verurteilt.
Das HZA forderte vom Kläger als Steuerhinterzieher mit Haftungsbescheid vom 28. Mai 1996 die hinterzogenen Einfuhrabgaben in Höhe von 32.874,11 DM Zoll und 124.403,22 DM EUSt an. Wegen der Vorsteuerabzugsberechtigung der Fa. T. erließ das HZA Haftungsänderungsbescheid vom 14. Januar 1997, in dem es auf die Inanspruchnahme des Klägers als Haftenden für die Einfuhrumsatzsteuer verzichtete.
Mit Haftungszinsbescheid vom 14. Januar 1997 forderte das HZA vom Kläger Zinsen für die hinterzogenen Einfuhrabgaben, nämlich 5.742 DM für Zoll und 22.005,50 DM für EUSt, an.
Nach erfolglosem Einspruch gegen die Inanspruchnahme für Hinterziehungszinsen wegen EUSt erhob der Kläger gegen die Einspruchsentscheidung – EE – vom 22. April 1997 Klage, mit der er geltend macht, daß eine Haftungsschuld, die von Anfang an nicht bestanden habe, nicht zu verzinsen sei; denn ohne Schuld gäbe es keine Fälligkeit, ohne Fälligkeit keinen Verzug und ohne Verzug keine Zinsen. Es gehe nicht an, daß der Zinslauf durch die Behörde bestimmt werde, ob und wann sie von der Inanspruchnahme hinsichtlich der EUSt absehe.
Der Kläger beantragt,
unter Änderung des Haftungszinsbescheids vom 14. Januar 1997 und der EE den Haftungsbetrag auf 5.742 DM herabzusetzen.
Das HZA beantragt
Klageabweisung
und bezieht sich im wesentlichen auf die Begründung in der EE.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die HZA-Akten, die im Verfahren gewechselten Schriftsätze sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 16. Dezember 1999 hingewiesen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Klage ist begründet.
Das HZA hat den Kläger zu Unrecht mit Haftungszinsbescheid vom 14. Januar 1997 wegen Hinterziehungszinsen für EUSt in Anspruch genommen.
Unter Zugrundelegung der ständigen Rechtsprechung des BFH zur Steuerhinterziehung von EUSt, zu den damit entstehenden Hinterziehungszinsen und zur Inanspruchnahme des Hinterziehers als Haftungsschuldner für Hinterziehungszinsen (BFH-Urteile vom 28. Januar 1971 V R 101/170, BFHE 101, 178; vom 26. April 1972 VII R 109/69, 105, 545 = Schwarz-Wockenfoth, Zollrecht, E 3619; vom 5. Juni 1985 VII R 57/82, BFHE 144, 290 = Schwarz-Wockenfoth, a.a.O., E 4079; vom 21. Februar 1989 VII R 165/85, BFHE 156, 46 = Schwarz-Wockenfoth, a.a.O., E 4512; vom 12. Oktober 1993, BFHE 172, 401 = Schwarz-Wockenfoth a.a.O., E 4645) ist der str. EUSt-Betrag durch die Angabe von zu niedrigen Zollwerten in den str. Zollanmeldungen verkürzt worden.
Der Kläger kann jedoch nach Überzeugung des Senats nicht – wie im str. Haftungsbescheid – gemäß § 71 AO für die Hinterziehungszinsen auf die EUSt in Anspruch genommen werden. Der Kläger hat – wie die mündliche Verhandlung ergeben hat – die Zollwerte für die eingeführten Waren unzutreffend angegeben, um aufgrund der bei der Einfuhrabgabenberechnung anzuwendenden Wertzollsätze eine Zollersparnis zu erzielen. Die Hinterziehung von EUSt hat der Kläger weder beabsichtigt noch erkannt. Zwar ist dem Kläger bewußt gewesen, daß durch die Falschangaben in der Zollanmeldung folgerichtig auch die EUSt zu niedrig festgesetzt wird. Die mit der Zollhinterziehung notwendigerweise verbundene unzutreffende EUSt-Festsetzung hat der Kläger entsprechend einer Parallelwertung in der Laiensphäre nicht in seine subjektive Vorstellung einer Steuerninterziehung miteinbezogen.
Der Kläger hat nicht die mit der o.a. Rechtsprechung verbundene Konsequenz, nämlich eine Steuerverkürzung, ge- und erkannt noch erkennen können. Die von der Einfuhrzollstelle festgesetzte EUSt wurde nämlich, wie die Abfertigungsbelege beweisen, aufgeschoben und konnte daher als Vorsteuer bereits zu einem Zeitpunkt geltend gemacht werden, in dem der aufgeschobene EUSt-Betrag von der Zollverwaltung noch nicht vereinnahmt worden war (§ 16 Abs. 2 Sat...