rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Aufhebung einer rechtmäßig zustande gekommenen Zuständigkeitsvereinbarung gegen den Willen des Steuerpflichtigen unzulässig

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Zuständigkeit für die Besteuerung des Steuerpflichtigen kann mit dessen Zustimmung nach § 27 S. 1 AO auf ein anderes als das örtlich zuständige FA übertragen werden, ohne dass die Vereinbarung über den Zuständigkeitswechsel zweckmäßig sein muss.

2. Für eine Aufhebung einer nach § 27 AO rechtmäßig begründeten Zuständigkeit eines FA ist grundsätzlich die Zustimmung aller Beteiligten und damit auch des Steuerpflichtigen erforderlich; der Senat teilt nicht die Auffassung der Verwaltung, dass die Zustimmung des Steuerpflichtigen für die Zukunft frei widerruflich ist (gegen AEAO zu § 27 Nr. 2 S. 2). Das gilt auch dann, wenn der Grund für den ursprünglichen Zuständigkeitswechsel (hier: Berufstätigkeit der Steuerpflichtigen in dem für ihre eigene Besteuerung örtlich zuständigen FA) zwischenzeitlich entfallen ist.

 

Normenkette

AO § 27 S. 1, § 28; UStG § 18 Abs. 1 S. 1; VwVfG § 60 Abs. 1 S. 1; BGB § 313

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 30.11.2016; Aktenzeichen V R 48/15)

BFH (Urteil vom 30.11.2016; Aktenzeichen V R 48/15)

 

Tenor

1. Der Bescheid vom 27. Januar 2015 und die Einspruchsentscheidung vom 7. September 2015 werden aufgehoben.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für den Kläger vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten des Klägers die Vollstreckung abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

4. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Der Kläger ist Unternehmer, der sein Unternehmen vom Bezirk des Beklagten (des Finanzamtes … – FA A) aus betreibt. Die Ehefrau des Klägers war bis zum 31. Dezember 2001 beim FA A beschäftigt.

Das FA A und das Finanzamt … (FA B) schlossen auf Anregung des Klägers und seiner Ehefrau am 31. Mai 1994 eine Zuständigkeitsvereinbarung, wonach das FA B für die Besteuerung der Eheleute ab sofort zuständig war. Zu Begründung wurde in der Vereinbarung auf die Amtsangehörigkeit der Ehefrau beim FA A und den Wunsch der Ehegatten verwiesen. Der Kläger und seine Ehefrau stimmten dieser Vereinbarung zu.

Mit Schreiben vom 25. November 2013 teilte das FA B dem Kläger und seiner Ehefrau mit, dass die Zuständigkeitsvereinbarung getroffen worden sei, weil die Ehefrau Amtsangehörige des FA A gewesen sei. Das Angestelltenverhältnis sei aber zum 31. Dezember 2001 beendet. Damit sei eine entscheidende Änderung des Sachverhalts eingetreten und die Begründung für die Zuständigkeitsvereinbarung entfallen; § 27 der Abgabenordnung (AO) sei nicht mehr anwendbar. Die Eheleute und das FA A waren mit der Beendigung der Zuständigkeitsvereinbarung nicht einverstanden. Das bayerische Landesamt für Steuern bat mit Schreiben vom 28. April 2014 das FA A, die Besteuerung der Eheleute zu übernehmen, und führte diesen gegenüber mit Schriftsatz vom 10. Juli 2014 aus, dass gegen die Nichtverlängerung der Zuständigkeitsvereinbarung keine Bedenken bestünden. Diese Rechtsauffassung bestätigte das bayerische Staatsministerium der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat mit Schriftsatz vom 6. Oktober 2014.

Das FA A trug in einem Schreiben vom 2. Juni 2015 an das Bayerische Landesamt für Steuern vor, dass dort Mitarbeiter für die Eheleute zuständig seien, die zusammen mit der Ehefrau im FA A tätig waren.

Bis einschließlich 2014 hat der Kläger seine Umsatzsteuer-Voranmeldungen monatlich eingereicht.

Das FA A führte mit Schreiben vom 27. Januar 2015 an ihn unter Angabe seiner Steuernummer beim FA A aus, dass seine Umsatzsteuer für das vorangegangene Kalenderjahr nicht mehr als 7.500 EUR betragen habe und er deshalb gesetzlich verpflichtet sei, seine Umsatzsteuer-Voranmeldungen vierteljährlich zu übermitteln. Es forderte ihn auf, erstmalig für das 1. Kalendervierteljahr 2015 eine vierteljährliche Umsatzsteuer-Voranmeldung abzugeben und die Vorauszahlungen an die Finanzkasse entsprechend zu entrichten. Für die Abgabe der Umsatzsteuer-Voranmeldungen und für die Entrichtung der Umsatzsteuer-Vorauszahlungen gewähre das FA weiterhin eine Fristverlängerung von einem Monat.

Hiergegen legte der Kläger mit der Begründung das „gesetzliche Rechtsmittel” ein, dass das FA A unzuständig sei. Mit Einspruchsentscheidung vom 7. September 2015 wies das FA A den Einspruch als unbegründet zurück.

Am 10. September 2015 erhob er Klage. Er bitte, das FA A anzuweisen, die Einspruchsentscheidung vom 7. September 2015 ersatzlos aufzuheben, da dieser kein Einspruch im eigentlichen Sinne zugrunde liege, wie vom FA A unterstellt werde. Es sei lediglich auf die Unzuständigkeit hingewiesen worden, ohne auf den Sachvortrag einzugehen. Inhalt der Klage sei eine vertragliche Zuständigkeitsvereinbarung wegen Umsatzsteuer 2015. Sofern die Einspruchsentscheidung vom 7. September 2015 aufgrund der Zuständigkeit rechtswidrig sei, so werde ...

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