rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Bestellung eines Dauerwohn- und Nutzungsrechts nach §§ 31 ff WEG nicht grunderwerbsteuerbar
Leitsatz (redaktionell)
Ein veräußerliches, vererbliches und zeitlich unbegrenztes Dauerwohn- und Nutzungsrecht nach den §§ 31 ff. WEG fällt nicht unter den in § 2 GrEStG geregelten Grundstücksbegriff, sodass Rechtsvorgänge, die sich auf ein derartiges Recht beziehen, nicht der Grunderwerbsteuer unterliegen. Zwar kann in ganz besonderen extremen Ausnahmefällen der Tatbestand des § 1 Abs. 2 GrEStG, d.h. die Verschaffung der wirtschaftlichen Verwertungsbefugnis an einem Grundstück, erfüllt sein; ein solcher Ausnahmefall wird jedoch weder durch eine unbefristete Einräumung noch durch das Nichterfordernis einer Zustimmung des Grundstückseigentümers zur Vermietung oder Veräußerung noch durch die Vereinbarung einer Entschädigung beim Heimfall noch durch Regelungen über Instandhaltung, Versicherung und Wiederaufbau begründet (Festhaltung an FG München, Urteil v. 11.9.2000, 4 K 3863/97).
Normenkette
GrEStG § 1 Abs. 2, § 2 Abs. 2; WEG §§ 31, 33 Abs. 2, 4, §§ 35, 36 Abs. 1, 4, § 37 Nr. 1
Tenor
1. Der Grunderwerbsteuerbescheid vom 20. Juli 2017 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 2. November 2018 wird aufgehoben.
2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für den Kläger vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten des Klägers die Vollstreckung abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Tatbestand
I.
Streitig ist, ob die Bestellung eines Dauerwohnrechts der Grunderwerbsteuer nach § 1 Abs. 2 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) unterliegt.
Mit notariellem Vertrag vom xx.yy.20zz (UrNr. …) bestellte X zugunsten des Klägers ein Dauernutzungsrecht (gemäß § 31 des Wohnungseigentumsgesetzes –WEG–) an dem Grundvermögen FlurNr. ABC (eingetragen im Grundbuch des Amtsgerichts Y). Das Dauernutzungsrecht ist (…) veräußerlich und vererblich und (…) „nicht befristet, also zeitlich unbegrenzt”. Der Kläger als Berechtigter ist zur Veräußerung oder Vermietung bzw. Verpachtung des Dauernutzungsrechts nur mit Zustimmung des X als Eigentümer des o.g. Grundvermögens berechtigt (…), der diese Zustimmung nur aus wichtigem Grund versagen kann. Des Weiteren ist in (…) o.g. Vertrag „Schuldrechtliche Vereinbarungen”), auf den wegen der näheren Einzelheiten verwiesen wird, geregelt, dass der Kläger als Berechtigter des Dauernutzungsrechts in entsprechender Anwendung der §§ 10 bis 29 WEG die Rechte und Pflichten eines Wohnungseigentümers hat. Das mit o.g. Vertrag vom xx.yy.20zz begründete Dauernutzungsrecht wurde am …. 20zz in der Zweiten Abteilung (Lasten und Beschränkungen) des Grundbuchs eingetragen. Mit Bescheid vom 20. Juli 2017 setzte das beklagte Finanzamt (im Folgenden: FA) (…) gegen den Kläger Grunderwerbsteuer (…) fest. Den hiergegen vom Kläger mit Schriftsatz vom 8. August 2017 eingelegten Einspruch wies das FA mit Einspruchsentscheidung vom 2. November 2018 als unbegründet zurück.
Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner (am 29. November 2018 bei Gericht eingegangenen) Klage, zu deren Begründung er im Wesentlichen Folgendes vorträgt: Durch die Einräumung des Dauernutzungsrechts stehe es ihm nicht zu, an der Grundstücks- oder Gebäudesubstanz zu partizipieren. Auch sei das Dauerwohnrecht nicht in § 2 Abs. 2 GrEStG aufgeführt. Im Streitfall liege auch keine „besonders extreme Ausgestaltung” eines Dauerwohnrechts vor. Insbesondere werde im Streitfall durch die entsprechende Anwendung der §§ 10 bis 29 WEG keine Grundstücksverwertungsbefugnis begründet.
Der Kläger beantragt,
den Grunderwerbsteuerbescheid vom 20. Juli 2017 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 2. November 2018 aufzuheben.
Das FA beantragt,
die Klage abzuweisen.
Es verweist zur Klageerwiderung auf die streitgegenständliche Einspruchsentscheidung.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird gem. § 105 Abs. 3 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) auf die Schriftsätze der Beteiligten, die Grunderwerbsteuerakte des FA sowie die Gerichtsakte Bezug genommen.
Mit Beschluss vom 20. April 2018 wurde der Rechtsstreit auf den Einzelrichter zur Entscheidung übertragen (§ 6 Abs. 1 FGO). Mit Einverständnis der Beteiligten entscheidet das Gericht ohne mündliche Verhandlung (§ 90 Abs. 2 FGO).
Entscheidungsgründe
II.
1. Die Klage ist zulässig. Sie wurde insbesondere fristgerecht erhoben.
2. Die Klage ist zudem begründet. Das FA hat im Streitfall zu Unrecht mit Bescheid vom 20. Juli 2017 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 2. November 2018 Grunderwerbsteuer festgesetzt und den Kläger dadurch i.S.d. § 100 Abs. 1 Satz 1 FGO in seinen Rechten verletzt.
a) Nach § 1 Abs. 2 GrEStG unterliegen der Grunderwerbsteuer Rechtsvorgänge, die es ohne Begründung eines Anspruchs auf Übereignung einem anderen rechtlich oder wirtschaftlich ermöglichen, ein inländisches Grundstück auf eigene Rechnung zu verwerten. Die Verwertungsmöglichkeit w...