Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsmißbrauch nach § 42 AO bei disquotaler Aufteilung eines für die Übertragung von GmbH-Geschäftsanteilen gezahlten Gesamtkaufpreises
Leitsatz (redaktionell)
Übertragen Ehegatten, die zwar beide an einer GmbH beteiligt sind, jedoch nur einer wesentlich i. S. v. § 17 Abs. 1 EStG, Geschäftsanteile in einem einheitlichen Vertrag zu einem Gesamtkaufpreis an einen Dritten, so ist die im Kaufvertrag vorgenommene disquotale Aufteilung des Kaufpreises auf die beiden Veräußerer, die dem wesentlich beteiligten Gesellschafter einen niedrigeren Anteil am Gesamtkaufpreis zuweist als dies seiner Beteiligung entspricht, nach § 42 AO nicht anzuerkennen, wenn die Aufteilung nicht von gegensätzlichen Interessen der Vertragspartner getragen wird.
Normenkette
EStG 1990 § 17 Abs. 1-2, § 11 Abs. 1; AO §§ 42, 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2
Tenor
1. Unter Änderung des Einkommensteuerbescheids 1990 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 13. Juli 2010 wird die Einkommensteuer 1990 auf 144.695,60 EUR (283.000 DM) herabgesetzt. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger zu 84 % und der Beklagte zu 16 %.
3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für den Kläger vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Kläger die Vollstreckung abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Tatbestand
Die miteinander verheirateten Kläger wurden im Streitjahr zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.
Der Kläger war im Jahr 1990 mit Geschäftsanteilen von insgesamt 90.000 DM (60 %) und die Klägerin mit Geschäftsanteilen von insgesamt 15.000 DM (10 %) an der M-GmbH beteiligt. Weitere Gesellschafter waren F mit einem Geschäftsanteil von 22.500 DM (15 %) und die Ehegatten S, die gemeinsam einen Geschäftsanteil von 22.500 DM (15 %) hielten. Mit notariellem Kauf- und Abtretungsvertrag vom 01.August 1990 erwarb der Kläger zunächst weitere Geschäftsanteile im Nennbetrag von 11.300 DM (7,53 %) von den Ehegatten S zum Kaufpreis von 401.475 DM und im Nennbetrag von 22.500 DM (15 %) von F zum Kaufpreis von 802.950 DM. Nach Vollzug der Abtretung hielt der Kläger damit Geschäftsanteile im Nennbetrag von 123.800 DM (82,53 %). Anschließend veräußerte der Kläger im selben notariellen Vertrag vom 01. August 1990 Geschäftsanteile im Nennbetrag von 60.000 DM und die Klägerin ihre gesamten Geschäftsanteile im Nennbetrag von 15.000 DM an die T-GmbH. Als Entgelt war vereinbart, dass die Erwerberin für die Möglichkeit der Beteiligung an der M-GmbH an die Kläger einen Betrag von 2.860.000 DM bezahlt, der in Höhe von 2.110.000 DM auf den Kläger und in Höhe von 750.000 DM auf die Klägerin aufgeteilt wird. Die endgültige Höhe des Kaufpreises war abhängig von den Ergebnissen der Gesellschaft in den Geschäftsjahren 1990 bis einschließlich 1994 und bestimmte sich nach einer in Ziff. IV. dargelegten umsatz- und ertragabhängigen Korrektur des vereinbarten Gesamtwertsansatzes für die Gesellschaft zum 31.12.1989. Ein Teil des Betrages aus der Kaufpreisanpassung sollte an die Eheleute S und F weitergeleitet werden. Die Hälfte des Entgelts, d.h. ein Betrag von 1.430.000 DM, sollte ausbezahlt werden, sobald die im selben Vertrag vereinbarte Erhöhung des Stammkapitals um 200.000 DM auf 350.000 DM wirksam geworden ist. Der Restkaufpreis von 1.430.000 DM sollte von der T-GmbH angelegt werden und zuzüglich der anwachsenden Zinsen zu bestimmten Fälligkeitszeitpunkten an die Kläger ausbezahlt werden. Dabei sollte der letzte Teilbetrag von 255.000 DM dann zur Auszahlung fällig sein, wenn sich nach Feststellung des Jahresabschlusses für das Geschäftsjahr der Gesellschaft für 1994 ergibt, dass der Erwerberin keine Ansprüche auf Herabsetzung des Kaufpreises zustehen. Hinsichtlich der durchzuführenden Kapitalerhöhung wurde vereinbart, dass die Stammeinlagen zum Nennwert ausgegeben werden und die T-GmbH zur Übernahme neuer Stammeinlagen zu 100.000 DM und der Kläger zu 85.000 DM zugelassen wird. Von den an die Gesellschaft aufgrund der Kapitalerhöhung von der T-GmbH und dem Kläger einzuzahlenden Beträgen von zusammen 185.000 DM übernahm die T-GmbH einen Betrag von 175.000 DM und der Kläger einen Betrag von 10.000 DM. Weiterhin räumte der Kläger in derselben Urkunde der T-GmbH ein Ankaufsrecht hinsichtlich eines weiteren Geschäftsanteils im Nennbetrag von 3.500 DM (entspricht 1.500 DM vor Kapitalerhöhung und 1 % des Nennkapitals) zu einem Kaufpreis in Höhe von 300.000 DM ein. Die T-GmbH übte ihr Ankaufsrecht im Jahr 1991 aus und erwarb mit diesem Geschäftsanteil die Mehrheit der Anteile an der M-GmbH (51 %). Aufgrund der Kaufpreisanpassungsklausel wurden dem Kläger nach Ablauf der Geschäftsjahre 1990-1994 120.000 DM nachgezahlt. Dieser leitete davon einen Teilbetrag in Höhe von 76.331 DM an die Eheleute S und F weiter. Zinsen für den angelegten Kaufpreisrückbehalt kamen in Höhe von 44.625 DM zur Auszahlung. Auf die endgültige Kaufpreisberechnung v...