Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerpflicht von Dividenden und Veräußerungserlösen einer GmbH. Einstufung als Finanzunternehmen. Erwerb von Wertpapieren zur Erzielung eines kurzfristigen Eigenhandelserfolgs. Haupttätigkeit
Leitsatz (redaktionell)
1. Für die Einstufung einer Gesellschaft als Finanzunternehmen i. S. v. § 1 Abs. 3 KWG genügt unbeschadet des im Regelungstext der Nr. 1 der Norm verwendeten Plurals auch das Vorhandensein einer einzigen Tochterbeteiligung.
2. Eine Gesellschaft, deren satzungsmäßiger Unternehmenszweck u. a. den Erwerb von Unternehmensbeteiligungen erfasst, wird schon mit dem ersten Erwerb von Wertpapieren als Finanzunternehmen tätig. Die Wertpapiere, die sie als Finanzunternehmen erworben hat, sind in vollem Umfang Anteile i. S. v. § 8b Abs. 7 S. 2 KStG.
3. Der Begriff des Eigenhandelserfolgs erfasst den Erfolg aus jeglichem „Umschlag” von Anteilen i. S. v. § 8b Abs. 1 KStG auf eigene Rechnung. Eine einschränkende Auslegung des § 8b Abs. 7 KStG kommt nicht mit Rücksicht darauf in Betracht, dass die persönlichen Voraussetzungen des § 1 Abs. 3 S. 1 KWG a. F. je nach Tätigkeitsbereich durch vermögensverwaltende Gesellschaften erfüllt werden können.
4. Nur das Unternehmen selbst kann die Zweckbestimmung treffen, welche Anteile zur Erzielung eines kurzfristigen Erfolgs erworben werden. Der subjektive Wille des Unternehmens manifestiert sich in der Zuordnung der Anteile zum Anlage- oder Umlaufvermögen. Eine spätere Änderung dieser Absicht kann zwar eine Umgliederung in das Anlagevermögen rechtfertigen, hat aber hinsichtlich der davon betroffenen Wertpapiere keine Auswirkung auf die Rechtsfolgen des § 8b Abs. 7 KStG.
5. Geht das Unternehmen gemischten und auch solchen Aktivitäten nach, die nicht den Finanzsektor betreffen, entscheidet sich seine Einordnung als Finanzunternehmen nach seiner Haupttätigkeit; das ist diejenige Tätigkeit, die mehr als die Hälfte des Gesamtumsatzvolumens ausmacht, die anderen Aktivitäten dominiert und somit den Schwerpunkt des Gesamten bildet. Grundsätzlich kann auch ein einzelnes Geschäft für eine Haupttätigkeit ausreichen.
Normenkette
KStG 2002 § 8b Abs. 1-2, 7; KWG § 1 Abs. 3
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
I.
Streitig ist, ob Dividenden und Veräußerungserlöse aus dem vor 2003 erworbenem Wertpapierbesitz der Klägerin in den Streitjahren der Körperschaftsteuer und Gewerbesteuer zu unterwerfen sind.
Die Klägerin ist eine Kapitalgesellschaft mit Sitz in Grünwald. Sie wurde am 8. Juni 1984 gegründet und ist beim Amtsgericht München im Handelsregister eingetragen. Gegenstand ihres Unternehmens ist der Erwerb von Beteiligungen und Anlagen aller Art sowie von Immobilien. Alleingesellschafter der Klägerin ist H.
In ihren für das Jahr 2002 abgegebenen Steuererklärungen bezeichnete sich die Klägerin als Finanzunternehmen i.S.d. § 8b Abs. 7 Körperschaftsteuergesetz (KStG), da sie im Jahr 2002 in größerem Umfang Wertpapiere erworben und veräußert habe, um einen kurzfristigen Eigenhandelserfolg zu erzielen. Die Wertpapiere waren in der Bilanz zum 31. 12. 2002 wie schon in den Vorjahren dem Umlaufvermögen zugeordnet worden. Eine Differenzierung nach der Haltedauer erfolgte nicht. Insgesamt wurden Teilwertabschreibungen in Höhe von 11.404.736 EUR gewinnmindernd berücksichtigt.
In der mit den Steuererklärungen 2003 am 2. Dezember 2004 eingereichten Bilanz zum 31. 12. 2003 waren die Wertpapierbestände entsprechend dem Vorjahr im Umlaufvermögen erfasst worden. Im Steuererklärungsvordruck sowie der Anlage zur Steuerberechnung 2003 wurde das Unternehmen jedoch nicht mehr als Finanzunternehmen bezeichnet. Demgemäß wurde auf Beteiligungserträge die Steuerbefreiung nach § 8b Abs. 1 und 2 KStG angewendet. Das Finanzamt führte die Steuerfestsetzung erklärungsgemäß durch.
Am 13. Februar 2005 reichte die Klägerin einen berichtigten Jahresabschluss für das Jahr 2003 ein, in dem Wertpapiere von 21.211.643,01 EUR vom Umlauf- in das Anlagevermögen um gegliedert worden waren. Gleichwohl wurden in der Gewinn- und Verlustrechnung (Anlage 2) noch „Wertpapiere des Umlaufvermögens” aufgeführt. Der vorgenannte Wertpapierbestand war am 21. Januar 2004 an den Alleingesellschafter der Klägerin veräußert worden. Die am 26. Januar 2006 eingereichte Bilanz zum 31. 12. 2004 weist nur noch einen Wertpapierbestand von 80.560,80 EUR aus.
Im Rahmen einer für den Veranlagungszeitraum 2000 bis 2004 im Zeitraum Dezember 2008 bis Dezember 2009 durchgeführten Betriebsprüfung (vgl. BP-Bericht vom 24. Februar 2010) traf das Finanzamt folgende Feststellungen:
Die Klägerin hatte ihren Wertpapierbestand seit ihrer Gründung im Jahr 1984 sukzessive aufgebaut. Zum 31. 12. 2003 wies sie einen Aktienbestand von 21.211.643,01 EUR aus. Innerhalb des Aktienbestandes waren in den Vorjahren erhebliche Zu- und Verkäufe vorgenommen worden. So wurden im Jahr 20...