Entscheidungsstichwort (Thema)
Archivraum als häusliches Arbeitszimmer
Leitsatz (redaktionell)
1. Ein Archivraum ist als Teil eines häuslichen Arbeitszimmers anzusehen, wenn der Raum unter Berücksichtigung seiner Ausstattung, Lage und Funktion dem Typus zugeordnet werden kann, z.B. durch Tätigkeiten wie das Einordnen, Sichten und Heraussuchen von Unterlagen.
2. Die Beurteilung eines Archivraums als häusliches Arbeitszimmer ist nicht davon abhängig, ob der als häusliches Büro genutzte Raum gem. § 12 Nr. 1 EStG die Voraussetzungen der räumlichen Trennung von privater und beruflicher Nutzung für die Anerkennung eines häuslichen Arbeitszimmers erfüllt.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b, § 9 Abs. 5, § 12 Nr. 1
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
I.
Die Kläger sind Ehegatten und waren in den Streitjahren 1998 und 1999 zusammen zur Einkommensteuer zu veranlagen. Der Kläger ist als Diplom-Ingenieur bei der A AG beschäftigt. Die Klägerin hat Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit als Gymnasiallehrerin. In den Einkommensteuererklärungen für die Streitjahre machte die Klägerin Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer im selbst genutzten Einfamilienhaus begrenzt in Höhe von 2.400 DM als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend. Ferner erklärten die Kläger für das Streitjahr 1998 anteilsmäßige Aufwendungen (einschließlich Kosten für Gas und Heizungswartung) in Höhe von 8.202 DM für die gemeinsame berufliche Nutzung eines Archivraums. Bei diesem Archivraum handelte es sich um ein ca. 21 qm großes Zimmer im selbst genutzten Einfamilienhaus der Kläger, für das der Kläger in den Einkommensteuererklärungen für die Jahre bis einschließlich 1995 Aufwendungen für ein beruflich genutztes Arbeitszimmer geltend gemacht hatte. Für das Streitjahr 1999 wurden nur vom Kläger Aufwendungen von 6.562 DM wegen der Nutzung des Archivraums erklärt. Die geltend gemachten Aufwendungen für den Archivraum wurden vom beklagten Finanzamt in den Einkommensteuerveranlagungen für die Streitjahre nicht berücksichtigt. Mit Einsprüchen gegen die Bescheide vom 2. Juni 1999 und 14. Juli 2000 machten die Kläger geltend, dass der Kläger als Vertriebsleiter angestellt und mit Managementaufgaben weltweit betraut sei. Er verbringe lediglich 10 % seiner Arbeitstage im Büro seines Arbeitgebers in Erlangen, ansonsten sei er weltweit im Außendienst tätig. Der Archivraum sei als Stützpunkt für die Aufbewahrung seiner notwendigen Arbeitsmittel unbedingt erforderlich. Hauptsächlich würden dort Präsentationsfolien, Seminarunterlagen für die Schulung von Mitarbeitern, technisches Know-how, Fachzeitschriften, ca. 100 Fachbücher und ca. 30 Aktenordner mit beruflichen Unterlagen aufbewahrt. Zu einem geringen Teil werde der Archivraum auch von der Ehefrau zur Lagerung beruflicher Arbeitsunterlagen verwendet. Nachdem es sich bei dem Archivraum eindeutig um ein Arbeitsmittel handle, seien die geltend gemachten Aufwendungen als Werbungskosten anzuerkennen. Während der Einspruchsverfahren erließ das Finanzamt Änderungsbescheide vom 9. Februar 2001, in denen anteilsmäßige Aufwendungen in Höhe von jeweils 333 DM wegen der Nutzung des Archivraums im Zusammenhang mit den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung und aus Kapitalvermögen als Werbungskosten berücksichtigt wurden. Die Einkommensteuer wurde auf 59.386 DM (1998) bzw. 61.160 DM (1999) herabgesetzt. Mit Einspruchsentscheidung vom 12. Februar 2001 wurden die Einsprüche im Übrigen als unbegründet zurückgewiesen.
Hiergegen richtet sich die Klage. Zur Begründung tragen die Kläger im Wesentlichen vor, dass der Archivraum keine Arbeitszimmerfunktion erfülle. Der Kläger sei 1997 in das obere Management der A AG und zum leitenden Angestellten befördert worden. Dadurch habe sich eine deutliche Änderung seiner beruflichen Situation ergeben, die es erforderlich gemacht habe, eine Vielzahl von beruflichen Unterlagen zu Hause aufzubewahren. Daher habe der Kläger 1997 das ehemalige Arbeitszimmer komplett geräumt und nutze es seither als reinen Archivraum, und zwar bis 1999 zu 80 v.H. und seit 2000 zu 100 v.H. Der Archivraum enthalte keine Möbel, d.h. weder Regale noch Schreibtisch und außer einer einzigen Glühbirne keine Lampen. Zudem sei er unbeheizt. Aus diesen Gründen sei auch kein Einordnen, Sichten und Heraussuchen von Unterlagen im Archivraum möglich. Hierzu verwende der Kläger sein Wohnzimmer. Im Übrigen werde das Wohnzimmer nur absolut untergeordnet zum Sichten und Heraussuchen von beruflichen Unterlagen genutzt. Die weitere Bearbeitung bzw. Verwendung erfolge dann im Büro des Arbeitgebers. Der vom Kläger genutzte Archivraum erfülle damit nicht die Funktionen, die typischerweise einem sog. häuslichen Arbeitszimmer zukämen.
Die Kläger beantragen,
unter Änderung der Bescheide vom 9. Februar 2001 und Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 12. Februar 2001 die Einkommenst...