Entscheidungsstichwort (Thema)
Offenbare Unrichtigkeit bei Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung nach Ergehen eines Betriebsprüfungsberichts
Leitsatz (redaktionell)
Eine offenbare Unrichtigkeit i.S.v. § 129 AO liegt nicht vor, wenn das Finanzamt den Vorbehalt der Nachprüfung eines Einkommensteuerbescheids aufhebt, weil der Veranlagungsbeamte nach Erlass eines Betriebsprüfungsberichts, der eine aus den zusammenveranlagten Ehegatten bestehende Grundstücksgemeinschaft hinsichtlich der Umsatzsteuer betrifft, möglicherweise der Auffassung war, die Prüfung habe sich auch auf die Einkommensteuer erstreckt.
Normenkette
AO § 119 Abs. 3, §§ 129-131, 164 Abs. 3, § 194 Abs. 2
Tenor
1. Der Bescheid über den Widerruf der Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung zur Einkommensteuer 1997 vom 14. November 2002 und die Einspruchsentscheidung vom 6. März 2007 werden aufgehoben.
2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Kläger vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Kläger die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leisten.
Tatbestand
Die Kläger sind Ehegatten, die beim beklagten Finanzamt (FA) unter der Steuernummer …(01) zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden. Der Kläger erzielte im Streitjahr 1997 aus dem Betrieb einer Steuerberatungskanzlei Einkünfte aus selbständiger Arbeit nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 Einkommensteuergesetz (EStG). Die Klägerin erzielte aus dem Betrieb eines Schreibbüros Einkünfte aus Gewerbebetrieb nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 EStG. Die Kläger erzielten außerdem Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung aus verschiedenen Vermietungsobjekten, u.a. aus der Grundstücksgemeinschaft … (nachfolgend Grundstücksgemeinschaft). Die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung aus der Grundstücksgemeinschaft wurden im Rahmen der Einkommensteuererklärung erklärt und vom FA im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung ermittelt; eine einheitliche und gesonderte Feststellung nach § 180 Abs. 1 Nr. 2a Abgabenordnung (AO) wurde für die Ehegattengemeinschaft nicht durchgeführt. Unter der Steuernummer … (02) wurde die Grundstücksgemeinschaft für Zwecke der Umsatzsteuer erfasst.
Mit Vertrag vom 11. Dezember 1996 veräußerte der Kläger einen Teil seines Mandantenstammes mit Wirkung zum 1. April 1997. Mit den nicht vom Kaufvertrag erfassten Mandanten führte er seine Steuerkanzlei fort. In der Einkommensteuererklärung 1997 erklärten die Kläger bei den Einkünften aus selbständiger Arbeit des Klägers einen Veräußerungsgewinn in Höhe von 1.048.313 DM und einen laufenden Gewinn in Höhe von 430.808 DM.
Das FA setzte im unter dem Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 Abs. 1 AO erlassenen Einkommensteuerbescheid 1997 vom 23. April 1999 die erklärten Besteuerungsgrundlagen unverändert an. Den Gewinn aus der Veräußerung eines Teils des Mandantenstamms besteuerte das FA ermäßigt nach § 34 Abs. 2 EStG. Auf Seite 1 des Mantelbogens der Einkommensteuererklärung vermerkte das FA handschriftlich „BP Vormerk ab 96 Teilveräußerung”.
Am 9. Oktober 2001 erließ die Betriebsprüfungsstelle des FA eine Prüfungsanordnung mit der ABNr. … SO für die „Grundstücksgemeinschaft …” unter Angabe der Steuernummern … (01) und … (02), die sich erstrecken sollte auf Einkommensteuer 1997 bis 1999, Umsatzsteuer 1997 bis 1999 und Solidaritätszuschlag 1997 bis 1999. Ebenfalls am 9. Oktober 2001 erließ sie eine Prüfungsanordnung mit der ABNr. …M für die Kläger unter Angabe der Steuernummer … (01), die sich erstrecken sollte auf Einkommensteuer 1997 bis 1999, Gewerbesteuer 1997 bis 1999, Einheitswert des Betriebsvermögens zum 01.01.1997, Umsatzsteuer 1997 bis 1999 und Solidaritätszuschlag 1997 bis 1999. Die Veranlagungsstelle erhielt jeweils einen Abdruck der Prüfungsanordnung.
Am 19. September 2002 übersandte die Betriebsprüfungsstelle den Klägern und der Veranlagungsstelle ein Schreiben unter der ABNr. … SO und den Steuernummern … (01) und … (02) über den Abschluss der Betriebsprüfung bei der Grundstücksgemeinschaft mit dem Hinweis, dass die Prüfung zu keiner Änderung der Besteuerungsgrundlagen geführt habe. Das FA vermerkte mit Datum vom 30. September 2002 auf dem Schreiben „VdN ESt 97, 98, 99 aufgehoben USt 508/30117 nicht überwachungswürdig gespeichert”. Mit Bescheid vom 16. Oktober 2002 über Einkommensteuer 1997 hob das FA den Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 Abs. 3 AO ohne Angabe von Gründen auf.
Am 11. November 2002 ging beim FA der Betriebsprüfungsbericht vom 11. September 2002 für die bei den Klägern unter der ABNr. … M, Steuernummer … (02) durchgeführte Betriebsprüfung ein. Der Prüfer vertrat darin u.a. die Auffassung, dass es sich bei der vom Kläger durchgeführten Veräußerung eines Teils seines Mandantenstamms um keine im Sinne von § 18 Abs. 3 i.V.m. § 34 EStG begünstigte Teilbetriebsveräußerung handle, da keine mit einer organisatorischen Selbständigkeit versehene Teilpraxis veräußert worden sei.
Mit Schr...