rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Abfindungszahlungen wegen eines Pflichtteilsergänzungsanpruchs nach holländischem Recht wegen Minderung des Nachlasses durch vorhergegangene Schenkungen der Erblasserin an den Erben und deren Abzugsfähigkeit bei der Erbschaftsteuer bzw. Schenkungsteuer

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Abfindungszahlungen eines inländischen Erben an eine nach holländischem Recht Pflichtteilsberechtigte (sog. Noterbrecht) wegen zuvor ihm von der Erblasserin geschenkter Grundstücke sind als Nachlassverbindlichkeiten gemäß § 10 Abs. 5 Nr. 2 ErbStG der Reihe nach von deren Steuerwert abzugsfähig.

2. Bei einem genau bezifferten Klageantrag kann im 2. Rechtszug nicht darüber hinausgegangen wniederländisches Erbrecht (BW)erden.

 

Normenkette

ErbStG § 10 Abs. 5 Nr. 2, §§ 3, 1 Abs. 2; BGB § 2329; niederländisches Erbrecht (BW); FGO § 96 Abs. 1 S. 2

 

Tenor

1. Der Schenkungssteuerbescheid vom 24.08.1992 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 30.10.1992 wird aufgehoben. Unter Änderung des Schenkungsteuerbescheids zum 01.09.1992 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 30.10.1992 wird die Schenkungsteuer auf 48.923 DM herabgesetzt.

2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten des Klägers die Vollstreckung abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in der gleichen Höhe leistet.

 

Tatbestand

Das Verfahren befindet sich im 2. Rechtszug.

Streitig ist, ob die Abfindung des testamentarischen inländischen Erben (Kl) an die Pflichtteilsberechtigte für ihren nach niederländischem Recht entstandenen Ergänzungsanspruch (wegen vorangegangener Schenkungen der Erblasserin an den Erben) direkt oder nur nach den Grundsätzen der gemischten Schenkung von den Schenkungen abgezogen werden kann.

Wegen des Sachverhalts wird auf das Urteil des Finanzgerichts vom 21.02.2001 4 K 4920/97, EFG 2001, 843 verwiesen.

Der Bundesfinanzhof –BFH– hat mit Urteil vom 11.05.2005, Aktenzeichen II R 12/02, das o.g. Urteil aufgehoben und die Sache an das Finanzgericht zurückverwiesen, weil die Vorentscheidung keine ausreichenden Feststellungen zum Inhalt des niederländischen Noterbrechts enthalte, die eine revisionsrechtliche Überprüfung der Besteuerungsgrundlagen ermöglichen würde. Da die Feststellung der einschlägigen Rechtsnormen des ausländischen Rechts zur Tatsachenfeststellung i.S. des § 118 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung – FGO – gehöre, liege ein materiell-rechtlicher Fehler in der Urteilsfindung vor.

Mit Beschluss vom 08.08.2005 hat der Senat ein Sachverständigen-Gutachten v. MU-M. – angefordert über folgende Fragen:

  1. Ob und in welcher Höhe und nach welchen Rechtsnormen der Tochter (in der Schweiz lebende schweizerische Staatsangehörige) einer Erblasserin mit niederländischer Staatsangehörigkeit gegen ihren zum Alleinerben eingesetzten Bruder (deutscher Staatsangehöriger) nach niederländischem Recht ein Noterbrecht zusteht?
  2. Ob und gegebenenfalls aus welchen Rechtsnormen sich aus dem niederländischen Noterbrecht ein dinglicher Anspruch ergibt?
  3. Welche Folgerungen sich daraus für in der Bundesrepublik und Österreich belegenen Grundbesitz ergeben?
  4. Ob und gegebenenfalls in welchem Umfang sich das niederländische Noterbrecht auf sämtliche einem Erbfall vorausgehenden Grundstücksschenkungen bezieht und ob damit ein quotales Recht des Pflichtteilsberechtigten an sämtlichen vorausgegangenen Schenkungen des Erblassers besteht?
  5. Welche rechtlichen Folgerungen (auch im Hinblick auf die zur Ablösung eines Noterbrechts erbrachten Zahlungen) sich daraus ergeben, dass das Noterbrecht besonders auf der dem Erbfall unmittelbar vorhergehenden Schenkung lastet?
  6. Unter welchen Voraussetzungen hat der Alleinerbe nach niederländischem Recht ein Recht zur Ablösung des Noterbrechts?
  7. Ob das niederländische Noterbrecht in seiner wirtschaftlichen Bedeutung einen Pflichtteilsergänzungsanspruch nach § 2329 Bürgerliches Gesetzbuch – BFH – entspricht, d.h. die etwaige dingliche Wirkung des Noterbrechts mit dem aus § 2329 Abs. 1 BGB folgenden Anspruch des Pflichtteilsberechtigten auf Duldung der Zwangsvollstreckung und die Abwendungsbefugnis des Beschenkten derjenigen des § 2329 Abs. 2 BGB vergleichbar ist.

Das Sachverständigen-Gutachten vom 10.10.2005 kommt zu folgendem Ergebnis:

  1. Das Noterbrecht der Halbschwester des Klägers bestimme sich nach niederländischem Recht, wenn man der nach Ansicht der Gutachter zutreffenden Auffassung folge, dass das niederländische Recht insoweit keine Rückverweisung ausspreche.
  2. Die Halbschwester des Klägers habe gemäß Art. 960, 962 Abs. 2, 899 BW mit der Geltendmachung ein dinglich wirkendes Noterbrecht, das wertmäßig in Höhe von 1/3 des nach Art. 968 BW zu berechnenden Wertes bestehe.
  3. Dieses Noterbrecht führe mit Geltendmachung zu einer dinglichen Berechtigung am Nachlass über den weder durch Schenkung unter Lebenden noch durch testamentarische Verfügung verfügt wurde. Reiche die Beteiligung d...

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