Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorsteuerabzug aus Rechnungen für Bauleistungen. Umsatzsteuer 1996 und 1997
Leitsatz (redaktionell)
Überlässt eine GmbH dem seinen Wohnsitz nicht aus zwingenden betrieblichen Gründen weiter entfernt innehabenden Geschäftsführer eine in dem Unternehmen zugeordneten Gebäude liegende Wohnung unentgeltlich, ohne einer wirklichen Vereinbarung über die Dauer des Nutzungsrechts, das Recht über die Besitznahme und den Besitzausschluss zu Übernachtungszwecken, ist der Vorsteuerabzug für die Eingangsleistungen für die nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 Buchst. b UStG steuerbare und steuerpflichtige sonstige (Ausgangs-)Leistung nicht nach § 15 Abs. 2 Nr. 3 UStG ausgeschlossen.
Normenkette
UStG 1993 § 15 Abs. 2 Nr. 3, § 1 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 Buchst. b, § 4 Nr. 12 Buchst. a, § 9 Abs. 1; EWGRL 388/77 Art. 17, 6 Abs. 2, Art. 13 Teil B Buchst. b
Nachgehend
Tenor
1. Unter Änderung der Umsatzsteuerbescheide für 1996 und 1997 vom 8. Mai 2000 und der Einspruchsentscheidung wird die Umsatzsteuer für 1996 auf 1.621.030,16 DM (= 828.819,56 EUR) und für 1997 auf 2.179.117,22 DM (= 1.114.164,94 EUR) herabgesetzt. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte.
3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Klägerin vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Klägerin die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
4. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
I.
Streitig ist der Vorsteuerabzug aus der Anschaffung einer Wohnung einschließlich einer Wohnungseinrichtung, die durch den Geschäftsführer der Klägerin genutzt wird.
Die Klägerin – eine GmbH – betreibt einen Handel mit Möbeln und sonstigen Einrichtungsgegenständen aller Art. Zudem organisiert sie den gemeinsamen Einkauf für verschiedene Einzelhandelsunternehmen (Anschlusshäuser). Die Klägerin kann auch die Zentralregulierung betreiben oder durch ein anderes Unternehmen in ihrem Auftrag betreiben lassen, wie vorliegend durch die Tochtergesellschaft B. Zwischen beiden Firmen besteht unbestritten eine umsatzsteuerliche Organschaft.
Hinsichtlich der Umsatzsteuerfestsetzung für 1996 und 1997 folgte das Finanzamt zunächst den Erklärungen der Klägerin und setzte die Umsatzsteuer dementsprechend fest.
Aufgrund einer Außenprüfung bei der Klägerin kam das Finanzamt zu dem Ergebnis, dass die für die Herstellungs- bzw. Anschaffungskosten in Rechnung gestellten Vorsteuerbeträge für das Streitjahr 1996 i.H. von 27.084,15 DM (davon 3.560 DM für Einrichtungsgegenstände) bzw. für 1997 i.H. von 946 DM nicht abzugsberechtigt seien, da diese mit einer nach § 4 Nr. 12 Buchst. a des Umsatzsteuergesetzes 1993 (nachfolgend UStG) steuerfreien Vermietung zusammenhingen und eine Option nach § 9 Abs. 1 UStG ausgeschlossen sei.
Dem lag zu Grunde, dass die B. in 1996 und 1997 ein Betriebsgebäude errichtet und an die Klägerin vermietet hatte. Das Gebäude enthielt neben der Hausmeisterwohnung noch eine zweite Wohnung, die ausschließlich von dem Geschäftsführer beider Gesellschaften bei seinen Aufenthalten in F. unentgeltlich zu Wohnzwecken benutzt wurde. Die Klägerin hatte die Wohnung außerdem mit Einrichtungsgegenständen ausgestattet.
Aufgrund dieser Feststellungen änderte das Finanzamt mit Bescheiden vom 08. Mai 2000 die Umsatzsteuer für 1996 und 1997 ….
Die hiergegen eingelegten Einsprüche blieben erfolglos (vgl. Einspruchsentscheidung vom 30. März 2001).
Mit ihrer Klage macht die Klägerin nunmehr im Wesentlichen folgendes geltend:
Die Eingangsleistungen seien objektiv für die Herstellung und Einrichtung einer Wohnung verwendet worden. Diese Wohnung sei indessen nicht als Wohnung i.S. von § 4 Nr. 12 UStG genutzt, sondern ausschließlich für Übernachtungszwecke anlässlich der Reisen des Geschäftsführers nach F. zur Verfügung gestellt worden. Die Zurverfügungstellung einer Übernachtungsmöglichkeit diene aber der Befriedigung eines zusätzlichen Wohnbedarfs. Dieser sei dadurch entstanden, dass die Klägerin den Geschäftsführer nach M. abgeordnet habe, wo sich seine Familienwohnung befände, und er deshalb in F. eine zusätzliche Übernachtungsmöglichkeit benötigt habe. Dem Geschäftsführer habe keine gesicherte Rechtsposition in Form eines Mietvertrages, einer Leihe oder einer sonstigen vertraglichen Vereinbarung zugestanden. Außerdem hätten die Räume ausschließlich der Übernachtung bei Aufenthalten aus betrieblichem Anlass in F. gedient und zwar im Durchschnitt nur an fünf bis sechs Tagen im Monat.
Schließlich wäre es mit Art. 17 der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG –Richtlinie 77/388/EWG– (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften –ABlEG– 1977 Nr. L 145 S. 1) nicht vereinbar, den § 15 Abs. 2 Nr. 3 UStG dahingehend auszulegen, dass nichtsteue...