rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Steuerermäßigung für nach § 34 Abs. 1 EStG a.F. die Abfindung einer Pensionsanwartschaft durch eine wegen Auftragsmangels liquidierte GmbH. Folgeentscheidung zu BFH-Urteil vom 4.9.2002 XI R 53/01, BStBl II 2003, 177. Einkommensteuer 1997
Leitsatz (redaktionell)
1. Verzichtet der alleinige Gesellschafter und Geschäftsführer im Zuge der Liquidation der GmbH gegen eine Einmalzahlung auf seine Ansprüche aus einer Pensionsvereinbarung, so ist die Abfindung nur dann als Entschädigung im Sinne der §§ 24 Nr. 1 Buchst. a, 34 Abs. 1 EStG ermäßigt (mit dem halben Steuersatz) zu besteuern, wenn nachgewiesen ist, dass die Liquidation der Gesellschaft aus rechtlichen, wirtschaftlichen oder tatsächlichen Gründen zwingend war.
2. Von einer wirtschaftlichen Zwangslage ist jedenfalls dann nicht auszugehen, wenn die finanzielle Lage der GmbH und ihre Vermögenssituation in den beiden letzten Jahren vor der Liquidation positiv gewesen ist.
3. Es bleibt offen, ob überhaupt von einer Zwangslage ausgegangen werden kann, wenn neben der Liquidation der Gesellschaft zumindest noch eine weitere gleichwertige Entscheidungsalternative besteht.
Normenkette
EStG 1997 § 34 Abs. 1, § 24 Nr. 1 Buchst.a
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten des Revisionsverfahrens.
Tatbestand
I.
Streitig ist ob die Abfindung, die der Kläger im Jahr 1997 für den Verzicht auf seine Ansprüche auf betriebliche Altersversorgung erhielt, nach § 34 Abs. 1 Einkommensteuergesetz in der für das Streitjahr geltenden Fassung (EStG) mit dem halben Steuersatz zu besteuern ist.
Die Kläger sind Ehegatten, die für das Streitjahr 1997 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden. Der Kläger war alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der Fa. I. gesellschaft mbH, der Alleingesellschafterin der Fa. … (im folgenden GmbH). Er war auch alleiniger Geschäftsführer der GmbH. Mit dem Ende 1984 abgeschlossenen Anstellungsvertrag wurden ihm von der GmbH Versorgungsleistungen in der Form einer Alters-, Invaliden- und Hinterbliebenenrente zugesagt. Die Altersrente sollte von der Vollendung des 65. Lebensjahres an zur Auszahlung kommen. Die Anwartschaften blieben auch dann erhalten, wenn vor Erreichen der Altersgrenze das Beschäftigungsverhältnis mit der GmbH durch Kündigung enden sollte. Diese behielt sich für den Fall einer nachhaltig wesentlichen Verschlechterung ihrer wirtschaftlichen Lage vor, die Versorgungsvereinbarung zu ändern bzw. die zugesagten Leistungen zu kürzen. Auf den Versorgungsvertrag vom 01.11.1984 wird Bezug genommen.
Die GmbH betrieb im Wesentlichen die Direktwerbung für einige Großkunden. Die Produktivität des ehemals gut verdienenden Unternehmens war nach dem Vortrag des Klägers ab 1992 rückläufig. Die erzielten Jahresüberschüsse seien nur noch gering gewesen und das Unternehmen weitgehend von einem Auftraggeber abhängig geworden. Dieser sei überdies auf der Suche nach einem anderen Werbeunternehmen gewesen, das nicht nur die Direktwerbung, sondern eine umfassende Werbung anbot. Aufgrund der wirtschaftlichen Entwicklung und zur Vermeidung drohender Verluste habe die Muttergesellschaft, die Fa. I. gesellschaft mbH, die Liquidation der GmbH beschlossen. Im Zuge der Liquidation sei der Anstellungsvertrag des 1944 geborenen Klägers mit Abfindungsvereinbarung vom 09.12.1997 aufgehoben worden. Gegen Zahlung eines Einmalbetrages in Höhe von 575.000 DM habe dieser auf alle Ansprüche aus der Pensionsvereinbarung vom 01.11.1984 verzichtet. Die Entschädigung habe dem Teilwert der Pensionsrückstellung zum 31.12.1996 lt. Bilanz der GmbH entsprochen. Sie wurde lt. Lohnsteuerkarte in Streitjahr 1997 von der Muttergesellschaft ausbezahlt.
In der Steuererklärung für 1997 beantragte der Kläger, die „Entschädigung” mit dem ermäßigten Steuersatz nach § 34 Abs. 1 EStG zu besteuern (halber Steuersatz). Dem folgte der Beklagte (Finanzamt/FA) nicht. Das FA gewährte hierfür nur die Steuerermäßigung nach § 34 Abs. 3 EStG. Mit Bescheid vom 22.06.1999 setzte es die Einkommensteuer 1997 auf 562.046 DM fest. Den hiergegen eingelegten Einspruch wies das FA mit Einspruchsentscheidung/EE vom 10.05.2000, auf die Bezug genommen wird, mit der Begründung zurück, die Steuerermäßigung nach § 34 Abs. 1 EStG könne nicht gewährt werden, da keine Entschädigung i. S. des § 24 Nr. 1 a EStG vorliege. Eine solche könne nur angenommen werden, wenn ein Steuerpflichtiger bei der Aufgabe seiner Rechte unter solch wirtschaftlichem, rechtlichem oder tatsächlichem Druck gestanden habe, dass er sich dem geballten Zufluss der Einnahmen nicht habe entziehen können. Davon könne im Streitfall nicht ausgegangen werden. Entsprechend den Grundsätzen des Urteils des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 07.03.1995 XI R 54/94 (BFH/NV 1995, 961) komme die Tarifermäßigung nach § 34 Abs. 1 EStG nicht in Betracht, wenn ein Gesellschafter-Geschäftsführer die Ablösung seiner Versorgungszusage selbst herbeigeführt habe. Im Urteilsfall ...