rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Ausdehnung einer Betriebsprüfung wegen zu erwartender nicht unerheblicher Steuernachforderungen

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Wird die steuerliche Außenprüfung trotz Anfechtung der Prüfungsanordnung gleichwohl durchgeführt, so erledigt sich mit dem Abschluss der Prüfung der Verwaltungsakt; dadurch ist zugleich in Bezug auf den Gegenstand der ursprünglichen Anfechtungsklage die Erledigung der Hauptsache eingetreten. Die Klage ist nur noch als Fortsetzungsfeststellungsklage weiterhin zulässig.

2. Das berechtigte Interesse für die Fortsetzungsfeststellungsklage ist dann gegeben, wenn die Feststellung der Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes zu einem Verwertungsverbot führt.

3. Die Ausdehnung einer Betriebsprüfung wegen zu erwartender nicht unerheblicher Steuernachforderungen (§ 4 Abs. 2 BpO) setzt nach der ständigen BFH-Rspr. bei einem Mittelbetrieb voraus, dass mit Mehrsteuern von mindestens 1.533,87 EUR für das Kalenderjahr zu rechnen ist.

4. Ob mit einer nicht unerheblichen Änderung der Besteuerungsgrundlagen zu rechnen ist, beurteilt sich nach den Verhältnissen im Zeitpunkt der Einspruchsentscheidung; sie müssen die Prognose wahrscheinlich machen, dass sich solche Nachforderungen ergeben werden.

 

Normenkette

AO § 194 Abs. 1 S. 2, § 196; FGO § 110 Abs. 1 S. 4; BpO § 4 Abs. 2, 3 S. 2

 

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die Erweiterung einer Prüfungsanordnung rechtmäßig ist.

I.

Die Klägerin wird beim Finanzamt [… C-Stadt], als dem zuständigen Wohnsitzfinanzamt, zur Einkommensteuer veranlagt. Der Beklagte – das Finanzamt (FA) – ist als Tätigkeitsfinanzamt zuständig für die gesonderte Feststellung der Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit. Die Klägerin betreibt in gepachteten Räumen eine Arztpraxis (Pachtvertrag vom […] 2008; wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Pachtvertrag verwiesen). Dafür wurde das Erdgeschoss des Gebäudes, das im Alleineigentum ihres Ehemannes steht und in dem früher eine Gaststätte betrieben wurde, umgebaut. Die Kosten des im Jahr 2008 beendeten Umbaus waren nach den Regelungen im Pachtvertrag von der Klägerin zu tragen (§ 4 Abs. 1 Satz 2 des Vertrages). In den Gewinnermittlungen wies die Klägerin Aufwendungen für Bauten auf fremden Grund und Boden im Anlageverzeichnis in Höhe von 137.961 EUR aus (Buchwert 01.01.2008 100.623,13 EUR, Zugang 2008 37.338,22 EUR) und machte ab dem Jahr 2008 hierauf jährlich Absetzungen für Abnutzung (AfA) von 20%, mit einem Betrag von 27.592 EUR als Betriebsausgaben geltend.

Mit Prüfungsanordnung vom 4. April 2013 ordnete das FA bei der Klägerin eine steuerliche Außenprüfung an, die sich auf die Einkommensteuer sowie die gesonderte Feststellung der Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit für die Jahre 2009 bis 2011 erstrecken sollte. Mit Verwaltungsakt vom 5. Juli 2013 erweiterte das FA die Prüfungsanordnung vom 4. April 2013 auf das Jahr 2008. Die Erweiterung des Prüfungszeitraumes begründete das FA unter Hinweis auf § 4 Abs. 3 Satz 2 Betriebsprüfungsordnung (BpO) damit, dass mit einer nicht unerheblichen Änderung der Besteuerungsgrundlagen zu rechnen sei; bereits durch eine Änderung des Abschreibungszeitraumes für die Mietereinbauten von fünf auf zehn Jahre sei eine Gewinnerhöhung von 13.796 EUR zu erwarten. Den gegen die Erweiterung des Prüfungszeitraumes gerichteten Einspruch wies das FA mit Einspruchsentscheidung vom 9. September 2013 zurück. Das FA war der Auffassung, dass das Ermessen zutreffend ausgeübt sei und die Grenzen des Ermessens eingehalten seien. Die Prognoseentscheidung, dass mit einer nicht unerheblichen Änderung der Besteuerungsgrundlagen zu rechnen sei, sei zutreffend. Der Betrieb der Klägerin sei als sog. Mittelbetrieb (M-Betrieb) einzustufen und es sei mit einer Steuernachforderung von mehr als 1.500 EUR in dem Jahr 2008 zu rechnen. Diese Prognoseentscheidung lasse sich auch substantiiert begründen und durch Tatsachen unterlegen. Im Streitfall sei zu überprüfen, ob die von der Klägerin auf den Umbau aufgewendeten Kosten zu abschreibungsfähigen Mietereinbauten geführt hätten und eine jährliche Absetzung von 20% vorgenommen werden könne. Dafür müsse überprüft werden, ob Scheinbestandteile des Gebäudes oder Betriebsvorrichtungen gegeben seien oder ob Herstellungskosten des Gebäudes vorliegen würden. Würden Herstellungskosten des Gebäudes vorliegen, würde die jährliche AfA nur 2% – und damit nur 2.749 EUR – betragen. Bei einer Gewinnerhöhung um 24.833 EUR läge eine erhebliche Steuernachforderung vor.

Dagegen richtet sich die von der Klägerin erhobene Klage.

Mit Beschluss vom 18. Dezember 2013 (Az. 10 V 3341/13) hat das FA die beantragte Aussetzung der Vollziehung (AdV) der Erweiterung der Prüfungsanordnung insoweit teilweise gewährt, als sich die Prüfungsanordnung auf die Einkommensteuer 2008 bezog. Das FA hat darauf mit Verwaltungsakt vom 10. Januar 2014 die Erweiterung der Prüfungsanordnung auf die Einkommensteuer 2008 aufgeho...

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