Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer 1993 (Wiedereinsetzung in den vorigen Stand)
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.
Tatbestand
I.
Streitig ist, ob Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu Recht abgelehnt wurde.
Die Klägerin (Klin) ist Inhaberin eines Schreib- und Übersetzungsbüros. Da sie für das Streitjahr 1993 zunächst keine Steuererklärung abgegeben hatte, schätzte der Beklagte (Finanzamt – FA–) die Besteuerungsgrundlagen und setzte mit Einkommensteuerbescheid 1993 vom 28.11.1995 die Einkommensteuer auf 12.394 DM fest (Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit: 58.000 DM). Die anzurechnende Lohnsteuer schätzte das FA ebenfalls auf 12.394 DM, so daß sich der zu zahlende Betrag auf 0 DM belief.
Im Einkommensteuerbescheid 1993 vom 30.7.1996 (Einkommensteuer ebenfalls 12.394 DM) wurde der bis dahin bestehende Vorbehalt der Nachprüfung aufgehoben.
Mit Schreiben vom 9.9.1996 legte die Klin gegen den „ESt-Bescheid 1993” Einspruch ein. Dieses Schreiben ging beim FA am 10.9.1996 ein. Hierin bezog sich die Klin auf ein Gespräch mit dem FA, das sie in dieser Angelegenheit am 5.9.1996 geführt habe. In der gleichzeitig vorgelegten Einkommensteuererklärung wurde ein Verlust aus Gewerbebetrieb in Höhe von 7.947 DM erklärt. Außerdem ergibt sich aus der Erklärung, daß die Klin im Streitjahr Lohnersatzleistungen in Höhe von 20.120 DM bezogen hatte. Weitere Einkünfte wurden nicht erklärt.
Mit Schreiben vom 23.9. und 2.10.1996 teilte das FA der Klin mit, daß der Einspruch verspätet eingelegt worden sei. Die Frist sei bereits am 2.9.1996 abgelaufen. Außerdem wurde die Klin darauf aufmerksam gemacht, daß ein eventueller Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gem. § 110 Abs. 2 AO innerhalb eines Monats nach Wegfall des Hindernisses zu stellen sei. Die Tatsachen zur Begründung des Antrags seien bei der Antragstellung oder im Verfahren über den Antrag glaubhaft zu machen. Gründe seien zwar noch nicht vorgetragen, könnten jedoch noch innerhalb der genannten Frist vorgebracht werden. Trotz mehrmaliger Erinnerungen hat sich die Klin daraufhin nicht mehr gerührt. Mit Einspruchsentscheidung (EE) vom 4.7.1997 (die zunächst gefertigte EE vom 24.6.1997 kam wegen Umzugs der Klin wieder zurück) wurde der Einspruch als unzulässig verworfen.
Mit der Klage wird vorgetragen, daß die Klin Wiedereinsetzung in den vorigen Stand anstrebe. Als Grund für die verspätete Einlegung des Rechtsbehelfs wird angegeben, daß die Klin sich seit März 1996 in Psychotherapeutischer Behandlung (Therapeut: Herr A., M.) befunden habe. Zu diesem Zeitpunkt habe sich die Klin aufgrund familiärer und persönlicher Schwierigkeiten, die in den Jahren 1993–1996 entstanden seien, nicht mehr in der Lage gesehen, ihre wirtschaftlichen Probleme ordentlich zu lösen und zu erledigen.
Die Klin beantragt sinngemäß,
die EE vom 4.7.1997 aufzuheben und die Einkommensteuer unter Abänderung des angefochtenen Steuerbescheides erklärungsgemäß festzusetzen.
Das FA beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe
II.
Die Klage ist nicht begründet.
Die Klin hat die Einspruchsfrist (vgl. § 355 Abs. 1 AO) versäumt. Im Zeitpunkt des Eingangs des Einspruchs beim FA am 10.9.1996 war die Einspruchsfrist bereits abgelaufen. Die Frist endete mit Ablauf des 2.9.1996.
Das FA hat es zu Recht abgelehnt, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gem. § 110 AO zu gewähren. Nach dieser Vorschrift ist auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn ein Steuerpflichtiger ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Frist einzuhalten. Eines besonderen Antrags bedurfte es im Streitfall nicht, da die Klin die versäumte Handlung (Einlegung des Einspruchs) bereits am 9. bzw. 10.9.1996 und damit jedenfalls vor Ablauf eines Monats nach Wegfall des Hindernisses und vor Ablauf eines Jahres nach Ende der versäumten Frist nachgeholt hat (§ 110 Abs. 2 Satz 4, Abs. 3 AO).
Die Klin hat es jedoch versäumt, die Tatsachen zur Begründung des Wiedereinsetzungsantrags innerhalb der Monatsfrist des § 110 Abs. 2 AO in substantiierter Weise dem FA darzustellen. Dies wäre jedoch erforderlich gewesen, damit das FA Wiedereinsetzung hatte gewähren können (vgl. Beschluß des BFH vom 9.3.1990 V B 159/88, BFH/NV 1991, 245). Hierbei geht der Senat davon aus, daß die Klin spätestens im Zeitpunkt der Einlegung des Einspruchs (9.9.1996) auch in der Lage war, die bereits erfolgte Fristversäumnis zu erkennen und deshalb ab diesem Zeitpunkt das Hindernis im Sinne des § 110 Abs. 2 Satz 1 AO weggefallen war.
Zwar hat die Klin im Schriftsatz vom 28.9.1997 dem Gericht mitgeteilt, daß sie infolge familiärer und persönlicher Schwierigkeiten, die in den Jahren 1993–1996 entstanden seien, nicht mehr in der Lage gewesen sei, ihre wirtschaftlichen Probleme zu lösen und zu erledigen und daß sie sich deshalb seit März 1996 in psychotherapeutischer Behandlung befinde. Es ist auch anerk...