Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Kindergeldberechtigung einer Rumänin ohne Freizügigkeitsberechtigung
Leitsatz (redaktionell)
Eine Rumänin, die sich nach eigenen Angaben zwecks Arbeitssuche in Deutschland aufhält, ist erst dann freizügigkeitsberechtigt und kindergeldberechtigt ab November 2010, wenn ihr eine Arbeitserlaubnis-EU i.S.d. § 284 SGB III erteilt worden ist. Ein Antrag auf Prozesskostenhilfe gegen die Agentur für Arbeit - Familienkasse - ist dann abzulehnen.
Normenkette
EStG § 62 Abs. 2
Tatbestand
I.
Zu entscheiden ist, ob der Antragstellerin (Klägerin) Prozesskostenhilfe zu bewilligen ist.
Die Klägerin besitzt die rumänische Staatsangehörigkeit und hält sich seit April 2009 in Deutschland auf. Nach eigenen Angaben hat sie eine Freizügigkeitsbescheinigung beim Ausländeramt E beantragt. Über den Stand bzw. den Ausgang des Verfahrens liegen dem Gericht keine Informationen vor.
Am 13.06.2010 wurde die Tochter K. geboren. Das Kindergeld für K. erhielt zunächst der Kindesvater, mit dem die Klägerin bis zum 17.10.2010 zusammenlebte. Am 18.10.2010 zog die Klägerin zusammen mit ihrer Tochter in ein Frauenhaus. Am 25.11.2010 stellte sie einen Antrag auf Auszahlung des Kindesgeldes an sich selbst.
Der Antrag wurde mit Bescheid vom 17.05.2011 mit Wirkung ab November 2010 abgelehnt unter Hinweis darauf, dass die Klägerin trotz mehrfacher Aufforderung keine Freizügigkeitsberechtigung vorgelegt habe.
Den hiergegen eingelegten Einspruch begründete die Klägerin damit, dass sie als EU-Bürgerin bereits kraft Gesetzes (Verweis auf Artikel 18 und 21 AEUV und § 2 FreizügG/EU) freizügigkeitsberechtigt sei. Sie halte sich zur Arbeitssuche im Bundesgebiet auf. Das Freizügigkeitsrecht entstehe nicht durch die Ausstellung der Freizügigkeitsbescheinigung, sondern letztere sei lediglich deklaratorischer Natur. Die Freizügigkeit ende erst, wenn der Verlust dieses Rechtes bestands- oder rechtskräftig festgestellt worden sei.
Der Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung vom 07.11.2011 als unbegründet zurückgewiesen.
Ihre nachfolgend erhobene Klage hat die Klägerin bislang nicht weiter begründet.
Sie beantragt im Hauptsacheverfahren,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 17.05.2011 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 07.11.2011 zu verpflichten, ihr für das Kind K. Kindergeld zu gewähren.
Zudem hat die Klägerin beantragt,
ihr unter Beiordnung der Rechtsanwältin H. Prozesskostenhilfe zu gewähren. Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie verweist darauf, dass rumänische und bulgarische Staatsangehörige während einer Übergangszeit, die bis längstens zum 31.12.2013 dauere, nur mit Genehmigung der Bundesagentur für Arbeit eine Beschäftigung ausüben dürften. Die Freizügigkeit sei mithin eingeschränkt.
Aus den vorliegenden Akten ergibt sich zudem Folgendes:
- • Bei einer Vorsprache bei der Agentur für Arbeit am 15.11.2010 teilte die Klägerin unter Vorlage ihres Mutterpasses mit, dass sie sich in den ersten drei Lebensjahren ihres Kindes ausschließlich um die Kinderbetreuung kümmern wolle (s. Vermerk auf Bl. 21 KgA).
- • Am 31.05.2011 hat die Klägerin ein weiteres Kind geboren (O.).
- • Im Mai 2011 teilte sie mit, dass ihr Lebensunterhalt durch Elterngeld sichergestellt sei und sie Anträge auf Leistungen nach dem SGB II gestellt habe (Bl. 27 KgA).
- • Zumindest im November 2011 bezog die Klägerin Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz – AsylbLG (Bl. 3 des PKH-Heftes).
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten und die Kindergeldakte Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
II.
Der Antrag ist nicht begründet.
Nach § 142 FGO in Verbindung mit § 114 ZPO erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Darüber hinaus kann ihm auch ein Rechtsanwalt/Steuerberater beigeordnet werden (§ 142 Abs. 2 FGO).
Im Streitfall kann dahinstehen, ob die Klägerin die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Prozesskostenhilfe erfüllt. Denn der Antrag war bereits deshalb abzulehnen, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung bei summarischer Prüfung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat.
Hinreichende Erfolgsaussicht im Sinne des § 114 ZPO liegt nach der Rechtsprechung des BFH im Allgemeinen nur dann vor, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt eines Antragstellers aufgrund von dessen Sachdarstellung und der vorhandenen Unterlagen für richtig, zumindest aber für vertretbar hält. Dabei ist über die Erfolgsaussichten der Rechtsverfolgung aufgrund einer summarischen Prüfung zu entscheiden.
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze vermag der Senat im Streitfall eine hinreichende Erfolgsaussicht der erhobenen Klage nicht festzustellen.
Nach § 62 Abs. 2 EStG erhält ein nicht freizügigkeitsberechtigter Ausländer Kindergeld nur...