rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Keine ernstlichen Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Höchstbetragsbegrenzung bei Vorsorgeaufwendungen

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Bei der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage ist die Begrenzung des Abzugs von Vorsorgeaufwendungen nach § 10 Abs. 3 EStG mit dem Grundgesetz vereinbar.

2) Der Umstand, dass aufgrund der künftigen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Besteuerung von Beamtenpensionen und Sozialversicherungsrenten auch die Neuregelung der steuerlichen Behandlung des Abzugs von Vorsorgeaufwendungen als eines wesentlichen Bestandteils des Rentenbesteuerungsrechts einschließlich der Entscheidung über den Vorwegabzug und dessen Kürzung zu erwarten ist, kann für sich genommen keine ernstlichen verfassungsrechtlichen Zweifel an dem gegenwärtigen Rechtszustand begründen.

3) Die Aussetzung des Verfahrens und Vorlage an das Bundesverfassungsgericht nach Art. 100 Abs. 1 GG ist im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht statthaft.

4) Das finanzbehördliche Aussetzungsverfahren nach § 361 Abs. 2 AO, § 69 Abs. 2 FGO ist kein Vorverfahren im Sinne des Kostenrechts.

 

Normenkette

AO 1977 § 164 Abs. 1-2, § 165 Abs. 1; FGO § 361 Abs. 2, § 363 Abs. 2, §§ 69, 122 Abs. 2, § 139 Abs. 3, 3 S. 3; GG Art. 1, 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1, Art. 6 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1, Art. 20 Abs. 1, 3, Art. 100; EStG § 10 Abs. 3; FGO § 139

 

Gründe

A.

Streitig ist, ob die Begrenzung des Abzugs von Vorsorgeaufwendungen gemäß § 10 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) verfassungswidrig ist und aus diesem Grunde Einkommensteuerbescheide von der Vollziehung auszusetzen sind.

Der Antragsteller erzielt als Gastwirt Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Er lebt seit Februar 1997 von seiner Ehefrau dauernd getrennt. Für die Streitjahr 1998 und 1999 folgte der Antragsgegner (das Finanzamt – FA–) jeweils den Einkommensteuererklärungen und setzte die Einkommensteuer 1998 auf 6.554 DM und 1999 auf 2.662 DM fest. Die Bescheide ergingen hinsichtlich verfassungsrechtlicher Zweifelsfragen teilweise vorläufig gemäß § 165 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) und unter den Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 Abs. 1 AO. Die Vorsorgeaufwendungen des Antragstellers wirkten sich hierbei wie folgt aus:

Vorsorgeaufwendungen

geleistet

abziehbar

unberücksichtigt

1998

16.272 DM

9.915 DM

6.357 DM

1999

14.354 DM

9.915 DM

4.439 DM

Am 20.11.2000 ergingen aufgrund einer Betriebsprüfung gemäß § 164 Abs. 2 AO geänderte Einkommensteuerbescheide. Darin wurde die Einkommensteuer 1998 auf 10.092 DM und die Einkommensteuer 1999 auf 4.689 DM festgesetzt. Der Vorbehalt der Nachprüfung wurde jeweils aufgehoben.

Der Antragsteller legte Einspruch ein und beantragte zugleich die Aussetzung der Vollziehung. Zur Begründung verwies er auf Verfahren beim Bundesverfassungsgericht (BVerfG) betreffend die Besteuerung der Renteneinkünfte, u. a. das Verfahren 2 BvL 17/99. Es sei damit zu rechnen, daß Renteneinkünfte voll besteuert würden und gezahlte Sozialversicherungsbeiträge in voller Höhe als Vorsorgeaufwendungen und damit als Sonderausgaben abzugsfähig sein würden. Er rügte die ungenügende Steuerfreistellung der Vorsorgeaufwendungen zur Existenzsicherung in § 10 EStG. Ferner verwies er auf den Beschluß des Bundesverfassungsgerichts vom 20. August 1997 1 BvR 1523/88 sowie das Revisionsverfahren XI R 41/99. In letzterem habe der Bundesfinanzhof (BFH) das Bundesministerium der Finanzen (BMF) gemäß § 122 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zum Beitritt zum Revisionsverfahren aufgefordert um zu der Frage Stellung zu nehmen, ob die Kläger durch die Begrenzung des Abzugs von Vorsorgeaufwendungen als Sonderausgaben in ihren Grundrechten verletzt würden (Beschluß vom 20. Dezember 2000 XI R 41/99, BFH/NV 2001, 770).

Antragsgemäß ordnete der Antragsgegner das Ruhen des Einspruchsverfahrens gemäß § 363 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) an. Zugleich lehnte er die Aussetzung der Vollziehung der angefochtenen Bescheide ab. Trotz Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Bescheide sei das öffentliche Interesse an einer geordneten Haushaltsführung höher zu bewerten als das Interesse des Antragstellers an der Gewährung vorläufigen Rechtschutzes.

Hiergegen legte der Antragsteller Einspruch ein. Aufgrund des Beschlusses vom 20. Dezember 2000 XI R 41/99 des Bundesfinanzhofs sei damit zu rechnen, daß der begrenzte Abzug von Vorsorgeaufwendungen als Sonderausgaben für verfassungswidrig erklärt werde. Der BFH habe eine summarische Prüfung vorgenommen, die zu Gunsten der Steuerpflichtigen ausgegangen sei. Ansonsten wäre das BMF nicht zur Stellungnahme aufgefordert worden. Der Gesetzgeber sei bisher nicht tätig geworden. Der Beschluß des Bundesverfassungsgerichts sei zwischenzeitlich wiederum 3 ½ Jahre alt. Die Ablehnung der Aussetzung der Vollziehung könne daher nicht mehr auf eine geordnete Haushaltsführung gestützt werden.

Der Einspruch blieb ohne Erfolg.

Nunmehr verfolgt der Antragsteller sein Be...

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