Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsweg für Klagen auf Korrektur einer Lohnsteuerbescheinigung
Leitsatz (redaktionell)
Für Klagen eines Arbeitnehmers gegen seinen früheren Arbeitgeber auf Korrektur der ausgestellten Lohnsteuerbescheinigung ist nicht der Rechtsweg zu den Finanzgerichten, sondern der Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten eröffnet.
Normenkette
ArbGG § 22 Abs. 1 Nr. 3 lit. e; GVG §§ 13, 17a Abs. 2 S. 1; FGO § 33
Tatbestand
I.
Der Kl. begehrt die Änderung seiner Lohnsteuer(LSt)-Bescheinigung für das Jahr 2008.
Der Kläger (Kl.) befand sich seit 2004 in einem Verbraucherinsolvenzverfahren, das am 20.08.2010 endete. Er war im ersten Quartal des Jahres 2008 arbeitslos. In der Zeit vom 01.04.2008 bis zum 31.07.2009 war er bei der Firma A GmbH (nachfolgend: GmbH) in N als Arbeitnehmer beschäftigt.
Der Beklagte (Bekl.) ist Geschäftsführer der GmbH.
Ausweislich der am 04.05.2008 für den Monat April 2008 ausgestellten Verdienstbescheinigung (bl. 28 GA) erhielt der Kl. von der GmbH ein Bruttogehalt von 1.366,50 EUR. Nach dieser Bescheinigung zog die GmbH vom Bruttolohn des Kl. Lohnsteuer in Höhe von 87,50 EUR, Kirchensteuern in Höhe von 7,87 EUR sowie einen Solidaritätszuschlag in Höhe von 1,30 EUR ab. Nach Abzug der Steuerbelastung von insgesamt 96,67 EUR sowie den weiteren gesetzlichen Abgaben in Höhe von 280,83 EUR ergab sich für den Kl. ein Auszahlungsbetrag von 989,00 EUR. Weitere Verdienstbescheinigungen stellte die GmbH nicht aus. In den Folgemonaten erhielt der Kl. seitens der GmbH monatliche Auszahlungen in Höhe von ca. 990 EUR.
In der LSt-Bescheinigung für das Kalenderjahr 2008 (Bl. 27 GA) wies die GmbH für den Kl. für den Zeitraum 01.04.2008 bis 31.12.2008 einen Bruttoarbeitslohn in Höhe von 12.298,50 EUR sowie einbehaltene LSt in Höhe von 198,00 EUR und einbehaltene Kirchensteuer in Höhe von 17,82 EUR aus.
Im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung gelang der Kl. nach Hinweis des zuständigen Finanzamtes (FA) zur Auffassung, dass die Lohnsteuerbescheinigung für das Kalenderjahr 2008 eine um ca. 800,00 EUR zu niedrige Lohnsteuer ausweise. Trotz Androhung von Zwangsgeldern durch das FA, die Lohnsteuerbescheinigung zu ändern, habe der Bekl. die geforderten Änderungen nicht vorgenommen. Der Kl. teilte mit, dass er beim Arbeitsgericht um Rechtsschutz ersucht habe. Die Geschäftsstelle das Arbeitsgerichts habe die Klage nicht zu Protokoll aufnehmen wollen, da das Finanzgericht zuständig sei.
Am 01.06.2010 erhob der Kl. vor dem Finanzgericht Klage gegen den Bekl. auf Korrektur der für das Kalenderjahr 2008 ausgestellten LSt-Bescheinigung.
Der Berichterstatter hat nach Eingang der Klage im Rahmen eines Erörterungstermins Zweifel an der Zulässigkeit des Finanzgerichtswegs geäußert und darauf hingewiesen, dass eine Verweisung an das örtlich zuständige Arbeitsgericht beabsichtigt sei. Das Gericht hat den Beteiligten gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) Gelegenheit zur Stellungnahme zu der beabsichtigten Verweisung gebeten.
Der Kl. beantragt,
die Bekl. zu verurteilen, die ihm erteilte LSt-Bescheinigung für das Kalenderjahr 2008 dahingehend zu korrigieren, dass zu Ziffer 4 der LSt-Bescheinigung ein um ca. 800 EUR höherer Betrag ausgewiesen wird,
hilfsweise,
den Rechtsstreit an das zuständige Arbeitsgericht zu verweisen.
Der Bekl. hat sich nicht geäußert.
Entscheidungsgründe
II.
Der Rechtsstreit wird an das sachlich und örtlich zuständige Arbeitsgericht N gemäß § 155 Finanzgerichtsordnung (FGO) i. V. m. § 17a Abs. 2 Satz 1 GVG nach Anhörung der Beteiligten verwiesen.
Für Klagen eines Arbeitnehmers gegen seinen früheren Arbeitgeber auf Korrektur der ausgestellten Lohnsteuerbescheinigung ist nicht der Finanzgerichtsweg gemäß § 33 FGO, sondern nach §§ 2 Abs. 1 Nr. 3 lit. e Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG) i. V. m. § 13 GVG der Weg zu den Arbeitsgerichten eröffnet.
Nach § 1 FGO wird die Finanzgerichtsbarkeit durch unabhängige, von den Verwaltungsbehörden getrennte, besondere Verwaltungsgerichte ausgeübt.
Der sachliche Aufgabenbereich des Finanzgerichtes wird durch § 33 FGO konkretisiert. Nach § 33 Abs. 1 Nr. 1 FGO ist der Finanzrechtsweg in öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten über Abgabenangelegenheiten (mit Ausnahme der Straf- und Bußgeldverfahren) gegeben, soweit die Abgaben der Gesetzgebung des Bundes unterliegen und durch Bundesfinanzbehörden oder Landesfinanzbehörden verwaltet werden. Dagegen gehören Rechtsstreitigkeiten, die das bürgerlichrechtliche Verhältnis zwischen Rechtspersonen des Privatrechts betreffen und in denen es um bloße Reflexwirkungen von Abgabenvorschriften in den Bereich des Privatrechts geht, vor die ordentlichen Gerichte, soweit nicht besondere Gerichtsbarkeiten (z.B. Arbeitsgerichte) eingerichtet sind (vgl. dazu Gräber/Koch, FGO, 6. Auflage 2006, § 33 FGO, Rn. 1).
Der Begriff der Abgabenangelegenheiten in § 33 Abs. 1 Nr. 1 und 2 Satz 2 FGO umfasst die Verwaltungstätigkeit der Finanzbehörden des Bundes und der Länder gegenüber gewaltunterworfenen Bürgern (vgl. BFH, Urteil vom 13.02.1990 VIII R 188/...