Entscheidungsstichwort (Thema)
Rücknahme eines Bescheids über das Nichtbestehen der Steuerberaterprüfung
Leitsatz (redaktionell)
Hat ein Prüfling einen Verfahrensfehler im Ablauf der mündlichen Prüfung innerhalb eines abgeschlossenen Klageverfahren nicht geltend gemacht, besteht kein Anspruch nach § 130 AO auf Rücknahme des bestandskräftigen Bescheids über das Nichtbestehen der Steuerberaterprüfung.
Normenkette
AO § 130; StBerG § 164a
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob eine Prüfungsentscheidung aufzuheben ist.
Die am … geborene Klägerin ist seit Abschluss ihrer Ausbildung als Steuerfachgehilfin mit kurzen Unterbrechungen in diesem Beruf tätig. In den Jahren 1998 und 2000 nahm sie an der Steuerberaterprüfung teil, wurde jedoch jeweils nicht zur mündlichen Prüfung zugelassen. In den Jahren 1999 und 2001 meldete sie sich ebenfalls zur Steuerberaterprüfung an, verzichtete jedoch an der Teilnahme der Klausuren, indem sie die Prüfungsgebühren nicht entrichtete.
Für das Jahr 2013 meldete sich die Klägerin erneut zur Steuerberaterprüfung an und nahm auch an der Klausuren teil. Diese wurden mit einer Durchschnittsnote von 4,33 bewertet, so dass sie zur mündlichen Prüfung zugelassen wurde. Am 26.3.2014 fand die mündliche Prüfung statt, die die Klägerin nicht bestand. Ihr mündlicher Vortrag wurde mit 5,5 bewertet und die übrigen Teile der mündlichen Prüfung mit 4,0 bzw. 4,5, was zu einer Durchschnittsnote der mündlichen Prüfung von 4,35 und zu einer Gesamtnote von 4,34 führte. Wegen der Einzelheiten wird auf die Niederschrift zur mündlichen Prüfung in der Prüfungsakte des Beklagten Bezug genommen.
Gegen diese Entscheidung erhob die Klägerin am 2.4.2014 beim damals zuständigen Finanzgericht Düsseldorf Klage. Das während des Klageverfahrens durchgeführte Überdenkungsverfahren führte zu keiner abweichenden Bewertung der Prüfungsleistungen der Klägerin. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 15.4.2015 nahm die Klägerin die Klage zurück. Wegen der Einzelheiten wird auf die beigezogene Gerichtsakte des Finanzgerichts Düsseldorf im Verfahren 2 K 1062/14 Bezug genommen.
Am 2.5.2016 beantragte die Klägerin bei der Prozessvertreterin des Beklagten die Aufhebung der Prüfungsentscheidung gemäß § 130 der Abgabenordnung (AO) i.V.m. § 164a Abs. 1 des Steuerberatungsgesetzes (StBerG) und berief sich dabei auf einen Verfahrensfehler hinsichtlich des mündlichen Vortrags. Sie trug vor, dass ihr und ihren drei Mitprüflingen gleichzeitig die Auswahlblätter für die Themen des Vortrags ausgehändigt worden seien, wobei die Themen jeweils unterschiedlich gewesen seien. Nach der Auswahl hätten alle vier Prüflinge 30 Minuten Zeit gehabt, sich auf den Vortrag vorzubereiten. Danach seien sie gleichzeitig in den Prüfungsraum geführt worden und hätten nacheinander ihre Vorträge gehalten. Aus dieser Vorgehensweise ergebe sich ein schwerwiegender Verstoß gegen die Chancengleichheit, weil die Prüflinge unterschiedlich lange Vorbereitungszeiten gehabt hätten. Der beantragten Rücknahme des Prüfungsbescheides stehe das Klageverfahren vor dem Finanzgericht Düsseldorf nicht entgegen. Mangels Urteils liege keine rechtskräftige Entscheidung vor. Im Rahmen der Ermessensausübung sei die äußerst hohe Bedeutung der Steuerberaterprüfung für die Klägerin zu berücksichtigen, zumal es sich um ihren letzten Versuch handele. Ferner sei einzubeziehen, dass der Prozessvertreterin des Beklagten bis zum 8.4.2016 diese verfahrensfehlerhafte Durchführung der mündlichen Prüfungen nicht bewusst gewesen sei. Erst in einer mündlichen Verhandlung vor dem Finanzgericht Münster (Az. 7 K 1292/14 StB) sei der Verstoß gegen die Chancengleichheit zu Tage getreten. Vor dem Hintergrund, dass die mündlichen Steuerberaterprüfungen in den anderen Bundesländern in der Weise abgehalten würden, dass den Prüflingen die Themenvorschläge in Abständen von 10 bis 15 Minuten ausgehändigt würden, komme sogar eine Ermessensreduzierung auf Null in Betracht.
Die Prozessvertreterin des Beklagten lehnte den Antrag mit Bescheid vom 13.7.2016 ab. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Aufhebung der Prüfungsentscheidung. Vielmehr habe sie die Möglichkeit gehabt, den geltend gemachten Verfahrensfehler im Klageverfahren vor dem Finanzgericht Düsseldorf vorzubringen. Dies sei ihr auch zumutbar gewesen. Eine Ermessensreduzierung auf Null komme nicht in Betracht, da der geltend gemachte Verstoß nicht offensichtlich und schwerwiegend gewesen sei. Es sei bereits zweifelhaft, ob tatsächlich ein Verfahrensfehler vorliege, der sich zum Nachteil der Klägerin ausgewirkt habe. Außerdem hätten im Prüfungsraum keinerlei Hilfsmittel zur Verfügung gestanden und angesichts der laufenden Prüfung sei eine weitergehende Vorbereitung kaum möglich gewesen. Ein Verstoß gegen Treu und Glauben scheide aus, da die Klägerin die Klage vor dem Finanzgericht Düsseldorf aus freien Stücken zurückgenommen habe.
Hiergegen hat die Klägerin Klage erhoben. Sie ist weiterhin der Auffassung, einen Anspruch auf Aufhebung der Prüfungsentscheidu...