rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Heilung einer fehlerhaften Zustellung durch Übergabe einer Kopie an den Berater
Leitsatz (redaktionell)
1) Zur Heilung eines Zustellungsmangels reicht die Übergabe einer Kopie des Bescheides aus, solange der Bekanntgabewille nicht zwischenzeitlich aufgehoben worden ist.
2) Auch Personen, die nach Rechtsscheinsgrundsätzen bevollmächtigt sind, fungieren als Bevollmächtigte i.S.d § 122 Abs. 1 S. 3 AO.
3) Das Recht auf Bescheidung kann verwirkt werden.
Normenkette
AO § 122 Abs. 1 S. 3, Abs. 2, § 124 Abs. 1, 1 S. 1; VwZG a.F. § 9 Abs. 1-2; EStG § 55 Abs. 5; AO § 122 Abs. 1
Nachgehend
BFH (Rücknahme vom 20.09.2004; Aktenzeichen IV B 193/03) |
Tatbestand
Strittig ist die Bekanntgabe eines Bescheides über einen höheren Teilwert gemäß § 55 Abs. 5 Einkommensteuergesetz (EStG) sowie die Bewertung eines dort genannten Grundstücks.
Der Kläger war als Landwirt tätig. Im Rahmen einer steuerlichen Außenprüfung durch das Finanzamt für Betriebsprüfung der Land- und Forstwirtschaft in 1993 für die Wirtschaftsjahre 1987/1988 – 1991/1992 wurden u.a. Grundstücksverkäufe korrigiert. Die entsprechenden Einkommensteuerbescheide ergingen in 1996. Gegen diese wurde Einspruch erhoben mit der Begründung, dass der Beklagte einen Antrag auf Feststellung des höheren Teilwertes vom 19.12.1975, der u.a. auch das Grundstück in C, Flur 16, Nr. 172 betraf, bislang nicht beschieden hätte. Dieser Antrag war vom verstorbenen Steuerberater des Klägers, dem Steuerberater Dr. D, im Namen des Klägers gestellt worden. Ausweislich der Akten des Beklagten (Bl. 48 der Vermögensteuerakte Bd. III) war der Bescheid über die Feststellung des Teilwertes/der Teilwerte für Grund und Boden am 1.7.1970 nach § 55 Abs. 5 EStG vom 7.12.1997 am 12.12.1977 zur Post aufgegeben worden. In diesem an den Kläger unter der Anschrift … adressierten Bescheid wurde für „C, Flur 16, Nr. 322 – 347 (früher Flur 16 Nr. 207) HF, S” ein Teilwert am 1.7.1970 von 545.625 DM festgestellt. In den Erläuterungen hieß es wörtlich:
„Für die Flächen C, Flur 16, Nr. 172 und E Kspl., Flur 38, Nr. 64 ist eine Bewertung mit dem Teilwert nicht möglich, da bis heute kein rechtskräftiger Bebauungsplan für diese Flächen besteht und zum 1.7.1970 keine Gründe für eine Höherbewertung vorlagen. Für die in der beigefügten Anlage aufgeführten Flächen ist ein höherer Teilwert nicht festzustellen, da diese Grundstücke seit dem 1.1.68 zum Privatvermögen gehören. (Telefongespräch mit Ihrem Berater vom 25.5.76).”
Auf der Vorderseite dieses Bescheides war „25 DM/m²” handschriftlich vermerkt.
Auf der Rückseite zu einer Mitteilung des verstorbenen Steuerberaters des Klägers vom 19.12.1975 über den Verkauf von Grundstücken (Bl. 47 d. Vermögenssteuerakte Bd. III) befindet sich der folgende Vermerk vom 25.5.1976:
„Die Grundstücke lagen seit 1968 alle im Bebauungsgebiet. Der Teilwert zum 1.7.1970 lag somit weit über den durchschnittli. Wert f. die Landw. Grundstücke. Da alle Grundstücke (mit Ausnahme der privaten Grundst.) vor dem 1.7.1972 verkauft wurden, ist somit kein Veräußerungsgewinn festzustellen. Eine Feststellung des höheren TWs erübrigt sich. (Mit Berater besprochen). Ab 1.1.68 Grundvermögen.”
Der im Bescheid vom 12.12.1977 festgestellte Teilwert ist bereits in der Bilanz zum 30.6.1978 berücksichtigt worden. Daneben waren diese Teilwerte Gegenstand verschiedener steuerlicher Außenprüfungen. So wurde in Anlage 3 zum Bp-Bericht vom 14.6.1983 für das fragliche Grundstück (23.564 qm) ein anzusetzender Wert von 235.640 DM (= 10 DM/qm) ermittelt. In der nachfolgenden Anschlussprüfung bestand Einigkeit zwischen den Parteien, dass noch 20.000 qm dieser Fläche Teil des landwirtschaftlichen Grund- und Bodenwertes seien. In Anlage 7 des entsprechenden Berichtes ist der gesamte Grund und Boden per 30.6.1987 mit 1.588.529,40 DM angesetzt worden. In beiden Fällen bestand Einigkeit zwischen den Parteien.
Im April 1986 kam es zu einem Brand des Wohnhauses des Klägers, bei dem auch Unterlagen vernichtet wurden.
Das fragliche Grundstück in C, Flur 16, Nr. 172 lag nach dem Bebauungsplan 1967 zwar außerhalb dieses Bebauungsplan, war aber von Baugebiet umgeben. Die ehemalige Hofstelle befand sich auch auf diesem Grundstück.
Mit Schreiben vom 16.1.1997 hatte der jetzige steuerliche Berater des Klägers, die B- Steuerberatungsgesellschaft mbH, um Überprüfung hinsichtlich der Bescheidung des Antrags gemäß § 55 Abs. 5 EStG gebeten und in diesem Schreiben angegeben, dass nach Auskunft der Kläger „ein einschlägiger Antrag auf höhere Teilwertfeststellung i.S.v. § 55 Abs. 5 EStG bei der zuständigen Finanzverwaltung gestellt und auch entsprechend beschieden” worden sei.
Der Feststellungsbescheid wurde in Kopie dem Schreiben des Beklagten vom 28.1.1997 an den jetzigen Steuerberater des Klägers beigefügt. Gegen den Feststellungsbescheid in Kopie legte der Kläger am 28.2.1997 Einspruch ein. Die
B-Steuerberatunggesellschaft wies darauf hin, dass sie hinsichtlich eines Feststellungsbescheides gemäß § 55 Abs. 5 EStG k...