Entscheidungsstichwort (Thema)
Verzicht auf ein Nießbrauchsrecht an einem GmbH-Anteil, das sich der Schenker bei Übertragung des Anteils zurückbehalten hatte
Leitsatz (redaktionell)
1) Als steuerpflichtiger Erwerb gilt die Bereicherung des Erwerbers, soweit sie nicht steuerfrei ist.
2) Eine als Folge des (steuerrechtlichen) Abzugsverbots nach § 25 Abs. 1 Satz 1 ErbStG mögliche zweimalige steuerliche Erfassung des gleichen Vermögensgegenstands, nämlich des Nutzungsrechts sowohl bei Nichtberücksichtigung als Abzugsposten als auch beim späteren Verzicht, widerspricht dem in § 10 Abs. 1 Satz 1 ErbStG verankerten Bereicherungsprinzip.
3) Eine zweimalige Erfassung bei späterem Verzicht eines zunächst zurückbehaltenen Nießbrauchs an einem GmbH-Anteil liegt nur dann und insoweit vor, als der Nießbrauch bei der ursprünglichen Besteuerung der Übertragung des nießbrauchsbelasteten GmbH-Anteils steuerlich tatsächlich belastet worden ist.
4) Ist der ursprüngliche Zuwendungsgegenstand, der GmbH-Anteil, aufgrund der Begünstigung des § 13a ErbStG teilweise steuerfrei geblieben und der Nießbrauch daher schon wegen § 10 Abs. 6 ErbStG nicht zum Abzug zugelassen worden, ist der Nießbrauch, soweit er auf das steuerfreie Vermögen entfiel, steuerlich unbelastet, so dass der hierauf entfallende Wert nicht aus Gründen einer Doppelerfassung abgezogen werden kann.
Normenkette
ErbStG §§ 10, 25, 7
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist die Bemessung des steuerpflichtigen Erwerbs bei Verzicht auf einen Nießbrauch.
Am 30.12.2002 schenkte der Kläger seinem Sohn, Herrn R 2, einen Gesellschaftsanteil an der A GmbH. Der gemeine Wert der übertragenen Anteile betrug zu diesem Zeitpunkt „360” Euro. Im Rahmen der Schenkung behielt sich der Kläger ein Nießbrauchsrecht im Wert von „126” Euro vor. Die Werte sind zwischen den Beteiligten unstreitig.
Im Rahmen der Festsetzung der Schenkungsteuer vom 23.03.2004 berücksichtigte der Beklagte für die Schenkung des GmbH-Anteils antragsgemäß die Steuerbefreiung nach § 13a des Erbschaftsteuergesetzes in der im Streitjahr geltenden Fassung (ErbStG). Die Steuerbefreiung betrug „152” Euro, sodass ein steuerpflichtiger Wert in Höhe von „208” Euro verblieb.
Die Nießbrauchsverpflichtung kürzte der Beklagte unter Hinweis auf die Regelung des § 10 Abs. 6 ErbStG zunächst um einen Betrag von „53” Euro, der auf den gem. § 13a ErbStG steuerfreien Anteil am übertragenen GmbH-Anteil entfiel („151” Euro/„360” Euro × „126” Euro). Die verbleibenden „73” Euro ließ er wegen § 25 ErbStG nicht zum Abzug zu und stundete die darauf entfallende Schenkungsteuer.
Im Vertrag vom 22.06.2007 verzichtete der Kläger mit Wirkung zum 01.01.2008 auf das ihm zustehende Nießbrauchsrecht, dessen gemeiner Wert zu diesem Zeitpunkt unstreitig „162” Euro betrug. Die durch den Verzicht ausgelöste Schenkungsteuer sollte vereinbarungsgemäß der Kläger übernehmen. Im Übrigen wird auf den Vertrag Bezug genommen.
In der daraufhin beim Beklagten eingereichten Schenkungsteuererklärung gab der Kläger den Wert des steuerpflichtigen Erwerbs des Nießbrauchsverzichtes mit „36” Euro an.
Der Beklagte setzte daraufhin mit Bescheid vom 29.09.2010 die Schenkungsteuer unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gem. § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) auf X Euro fest. Im Rahmen der Berechnung eines steuerpflichtigen Erwerbs in Höhe von insgesamt X Euro legte der Beklagte einen Nießbrauchswert in Höhe von „89” Euro zugrunde. Diesen Wert ermittelte er, indem er den Nießbrauchswert zum Verzichtszeitpunkt, „162” Euro, um den Wert kürzte, der bei der Übertragung der Anteile an der A GmbH wegen § 25 ErbStG nicht abgezogen wurde, „73” Euro.
Gegen den Bescheid legte der Kläger am 22.10.2010 Einspruch ein. Zur Begründung trug er vor, dass der steuerpflichtige Erwerb nur in der Wertsteigerung des Nießbrauches in Höhe von „36” Euro bestehen könne (Wert des Nießbrauchs zum Verzichtszeitpunkt abzüglich des Wertes zum Zeitpunkt der Übertragung des GmbHAnteils). Denn der damalige Wert des Nießbrauchs sei bereits in voller Höhe bei der Besteuerung der Schenkung des GmbH-Anteils vom 30.12.2002 erfasst worden. Ansonsten käme es zu einer ungerechtfertigten Doppelerfassung des Nießbrauchs. Dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 17.03.2004 II R 3/01 (BFHE 204, 311, BStBl II 2004, 429) sei der allgemein gültige Rechtsgedanke zu entnehmen, dass in Fällen einer tatsächlichen Doppelbelastung eine solche aus der Bereicherung zu eliminieren sei.
Außerdem sei durch § 10 Abs. 6 ErbStG ein Teil der damaligen Nießbrauchsverpflichtung dem steuerneutralen Bereich zugeordnet worden. Daher seien diesbezügliche Änderungen ebenfalls dem steuerneutralen Bereich zuzuordnen.
Mit Einspruchsentscheidung vom 14.06.2011 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück und hielt den Vorbehalt der Nachprüfung aufrecht. Zur Begründung führte er aus, dass unter Zugrundelegung des vom Kläger zitierten BFH-Urteils (BFH-Urteil in BFHE 204, 311, BStBl II 2004, 429) zwar die steuerlic...