rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Personelle Verflechtung bei der Betriebsaufspaltung
Leitsatz (redaktionell)
1) Regelmäßig liegt keine personelle Verflechtung vor, wenn an der Betriebsgesellschaft nicht alle Gesellschafter beteiligt sind und die Beschlüsse der Besitzgesellschaft nach Gesetz oder Gesellschaftsvertrag einstimmig gefasst werden müssen.
2) Das Einstimmigkeitsprinzip steht der personellen Verflechtung aber nicht entgegen, wenn es nur für besondere Geschäfte gilt, jedoch die Geschäfte des täglichen Lebens, insbesondere die laufende Verwaltung der an die Betriebsgesellschaft vermieteten oder verpachteten Wirtschaftsgüter, nicht erfasst.
Normenkette
EStG § 15 Abs. 2
Tatbestand
Streitig ist, ob eine Grundstücksgesellschaft Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (VuV) oder aus Gewerbebetrieb (GewB) bezieht.
Die Klägerin (Klin.) ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), deren Gesellschaftszweck in der Vermietung eines ihr gehörenden Grundstücks mit aufstehender Lagerhalle nebst Büro besteht. An ihrem Vermögen sind die Gesellschafter T mit 66,67 %, S mit 13,33 %, J1 mit 13,33 % und Q1 mit 6,67 % beteiligt. Vertretungsberechtigte Geschäftsführer sind die Gesellschafter T und S. Der Gesellschaftsvertrag sieht für Gesellschafterbeschlüsse grundsätzlich das Einstimmigkeitsprinzip vor. Für Änderungen des Gesellschaftsvertrages räumt er auch die Möglichkeit eines Mehrheitsbeschlusses ein, wobei sich die Zahl der Stimmen nach den Beteiligungsverhältnissen richtet. Wegen der Einzelheiten wird auf den Gesellschaftsvertrag vom 12.5.1992 (FG-Akte, Bl. 22-29) und die Niederschrift über die Gesellschafterversammlung vom 12.5.1992 (FG-Akte, Bl. 30) Bezug genommen.
In den Streitjahren (1992 bis 1994) vermietete die Klin. ihr Grundstück an die T GmbH (GmbH) zur Nutzung als Auslieferungslager für Stahltüren, -tore und -zargen und als Büro. Am Stammkapital der GmbH sind T zu 66,67 %, S zu 13,33 %, J2 – der Ehemann der Gesellschafterin J1 – zu 13,33 % und Q2- der Ehemann der Gesellschafterin Q1- zu 6,67 % beteiligt. Geschäftsführer der GmbH sind die Gesellschafter T und S.
Die Klin. behandelte ihre Einkünfte aus der Vermietung ihres Grundstücks in ihren Feststellungserklärungen für die Streitjahre als Einkünfte aus VuV. Dem folgte der Beklagte (Bekl.) zunächst, versah die Bescheide jedoch mit dem Vorbehalt der Nachprüfung (Feststellungsbescheide für 1992 vom 3.2.1994, für 1993 vom 3.1.1995 und 14.9.1995 und für 1994 vom 14.9.1995). Nach einer Außenprüfung des Finanzamts für Großbetriebsprüfung E vertrat der Bekl. dagegen mit dem Prüfer (vgl. Prüfungsbericht vom 20.12.1996) die Auffassung, dass die Klin. Einkünfte aus GewB erzielt habe, weil sie im Verhältnis zu der GmbH als Besitzunternehmen im Rahmen einer Betriebsaufspaltung anzusehen sei, und qualifizierte ihre Einkünfte dem entsprechend um (Änderungsbescheide vom 10.3.1997). Hiergegen hat die Klin. nach Durchführung eines erfolglosen Einspruchsverfahrens (Einspruchsentscheidung – EE – vom 20.4.1999) fristgerecht Klage erhoben, mit der sie die Wiederherstellung der ursprünglichen Einkünftequalifizierung anstrebt und zur Begründung vorträgt:
Entgegen der Ansicht des Bekl. liege keine Betriebsaufspaltung vor. Wegen der durch Gesellschaftsvertrag vereinbarten Einstimmigkeitsabrede bestehe zwischen ihr und der GmbH keine personelle Verflechtung. Das Einstimmigkeitsprinzip habe ihren Gesellschaftern die Möglichkeit bieten sollen, ihre durchaus nicht identischen Interessen zur Geltung zu bringen. Selbst ein jahrelanges konfliktfreies Zusammenwirken von Gesellschaftern innerhalb einer Gesellschaft berechtige nicht dazu, deren Anteile zusammenzurechnen. Es gebe keinen Erfahrungssatz, dass Gesellschaftsverhältnisse unter Eheleuten oder nahen Angehörigen konfliktfrei verliefen. Im Übrigen treffe die Behauptung des Bekl., ihre Minderheitsgesellschafter J1 und Q1 seien geschäftsunerfahren, nicht zu. Diese hätten in der Vergangenheit einen erheblichen Einfluss auf die Grundstücksgeschäfte der Mehrheitsgesellschafter genommen, indem sie sich erfolgreich gegen weitere Immobilienprojekte ausgesprochen hätten. Darüber hinaus führe die Gesellschafterin Q1 die Geschäfte eines kleinen Unternehmens, das ihr Ehemann im Rahmen einer Nebentätigkeit gegründet habe. Nicht zuletzt wegen der engagierten und kompetenten Mitarbeit der Q1 habe dieses Unternehmen einen gewissen Umfang angenommen. Entgegen der Ansicht des Bekl. hätten die Mehrheitsgesellschafter nicht die Möglichkeit, die Einstimmigkeitsabrede mit bloßer Stimmenmehrheit zu ändern. Die in dem Gesellschaftsvertrag der Klin. enthaltene Klausel, nach der dieser Vertrag durch Mehrheitsbeschluss geändert werden könne, erstrecke sich nicht auf die Einstimmigkeitsabrede. Ein entsprechender Beschluss könne schon deshalb nicht zu Stande kommen, weil eine Stimmabgabe der Mehrheitsgesellschafter entweder nichtig oder als Stimmenthaltung zu werten sei. Im übrigen fehle für eine Umqualifizierung von Einkünften im Falle der hier allein ...