Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer 1988

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Kläger auferlegt.

 

Tatbestand

Streitig ist, ob der am 20.01.1997 verstorbene Vater des Klägers (Kl.), … im Streitjahr 1988 bis zum 31.07.1988 unbeschränkt einkommensteuerpflichtig war, und bejahendenfalls in welcher Höhe ihm Einnahmen aus Kapitalvermögen zugeflossen sind. Außerdem ist zu entscheiden, in welchem Umfang diese Einnahmen in Deutschland der Einkommensteuer unterliegen.

Der Kl. ist als alleiniger Erbe Rechtsnachfolger seines am 20.01.1997 in Münster verstorbenen Vaters … (P. Sch.) geworden. P. Sch. war bis 1971 in der Bundesrepublik Deutschland als beratender Ingenieur freiberuflich tätig. In seiner ESt-Erklärung 1973 gab er dem damals zuständigen Finanzamt (FA) München … bekannt, daß er seinen Wohnsitz am 01.01.1974 nach … in … (ltalien) verlegt habe Ab 1974 wurde P. Sch. im Inland steuerlich nicht mehr erfaßt.

Das FA München … stellte im Rahmen einer Steuerfahndungsprüfung in 1982 für die Jahre 1971 bis 1981 fest, daß P. Sch. seinen Wohnsitz im Inland auch nach dem 31.12.1973 nicht aufgegeben hatte. Wegen der Einzelheiten wird auf den Bericht der Steuerfahndungsstelle des FA München … vom 29.07.1982 nebst Anlagen für die Jahre 1971, 1974 bis 1981 verwiesen.

Seine auch während des Streitjahres angemietete Wohnung in München kündigte P. Sch. zum 31.07.1988. Kurz darauf (September/Oktober 1988) erfolgte die Abmeldung beim Einwohnermeldeamt der Stadt München.

P. Sch. erwarb 1974 Inhaberaktien der … AG mit Sitz in Liechtenstein (Kaufpreis 200.000 DM). Diese Beteiligung erhöhte P. Sch. durch Zukauf weiterer Aktien (Stand 1.1.1981:644.000 sfr). Durch Thesaurierung laufender Dividenden bildete P. Sch. ein „stilles Einlagekonto”. Nach Feststellungen der Steuerfahndung München erhielt P. Sch. jährlich Dividenden von 30 % sowie eine 16 %ige Verzinsung des Einlagekontos.

Da P. Sch, ebenso wie für die Vorjahre trotz Aufforderung keine ESt-Erklärung für das Kalenderjahr 1988 abgab, schätzte das FA die ESt 1988 gemäß § 162 Abs. 1 Abgabenordnung (AO) mit Bescheid vom 04.10.1990 in Höhe von 24.275 DM. Der Bescheid erging gemäß § 164 Abs. 1 AO unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Bei der Schätzung wurde berücksichtigt, daß P. Sch. durch seinen Umzug nach Italien ab August 1988 nicht mehr unbeschränkt steuerpflichtig war. Die Einkünfte aus Kapitalvermögen und die sonstigen Einkünfte wurden mit 7/12 des Vorjahreswertes (130.000 DM) angesetzt. Gegen den Schätzungsbescheid vom 04.10.1990 wurde kein Einspruch eingelegt.

Da P. Sch. Ende 1991 wieder nach Deutschland gezogen war, wurde das beklagte FA Münster-… zuständig. Mit Bescheid vom 10.02.1995 erließ dieses FA einen gemäß § 164 Abs. 2 AO geänderten ESt-Bescheid für das Jahr 1988. In diesem Bescheid wurde die Dividendenauszahlung vom 07.04.1988 der …-AG an P. Sch. in Höhe von 1.002.240 DM berücksichtigt. Die Einkünfte aus Kapitalvermögen wurden weiterhin mit 7/12 angesetzt. Die ESt 1988 wurde dementsprechend in Höhe von 307.031 DM festgesetzt.

Mit dem hiergegen eingelegten Einspruch machte P. Sch. geltend, daß er in 1988 nicht unbeschränkt steuerpflichtig gewesen sei. Desweiteren wendete er sich gegen die Höhe der vom FA angesetzten Einnahmen aus Kapitalvermögen.

Der Einspruch hatte teilweise Erfolg (Einspruchsentscheidung – EE – vom 13.03.1996). Das FA setzte die ESt 1988 darin auf 24.275 DM herab. Es legte dabei Einkünfte aus Kapitalvermögen in Höhe von 75.833 DM (= 7/12 von 130.000 DM) zugrunde.

Im übrigen wies es den Einspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte das FA aus, gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 Einkommensteuergesetz (EStG) seien natürliche Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt hätten, unbeschränkt einkommensteuerpflichtig. Gemäß § 8 AO habe jemand einen Wohnsitz dort, wo er eine Wohnung unter Umständen innehabe, die darauf schliessen ließen, daß er die Wohnung beibehalten und benutzen werde. Innehaben bedeute, daß der Steuerpflichtige über die Wohnung tatsächlich verfügen könne und daß er sie als Bleibe entweder ständig benutze oder sie doch mit einer gewissen Regelmäßigkeit, wenn auch in größeren Zeitabständen, aufsuche.

Bei Anwendung der o.g. Grundsätze auf den Streitfall sei von einem inländischen Wohnsitz auszugehen. P. Sch. habe stets über die Wohnung in München verfügen können. Nach den Ermittlungen der Steuerfahndung München (Heizungs- und Stromverbrauch, Telefonnutzung) sei die Wohnung von Zeit zu Zeit auch genutzt worden. Für die Fall einer Kündigung der Wohnung in Italien habe P. Sch. die Wohnung in München auch als sichere Wohnung beibehalten wollen. Da P. Sch. seine Wohnung in München zum 31.07.1988 gekündigt habe und somit ab diesem Zeitpunkt keinen inländischen Wohnsitz mehr gehabt habe, habe die unbeschränkte ESt-Pflicht mit Ablauf Juli 1988 geendet. Die Einkünfte P. Sch. seien somit für das Kalenderjahr 1988 mit 7/12 anzusetzen gewesen. Gemäß § 162 AO habe das FA die Besteuerungsgrundlagen zu...

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