rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Tatsächliche Erbringung der abgerechneten Leistungen als Voraussetzung der Vorsteuerabzugsberechtigung auch bei Domizilgesellschaften - Unternehmereigenschaft trotz fehlender Geschäftsräume und auch bei Auftragserfüllung durch Nachsubunternehmer

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Der Grundsatz, dass für die Bestimmung des Leistenden die zivilrechtlichen Vereinbarungen maßgeblich sind und dass Leistender derjenige ist, der die Leistung in eigenem Namen ausführt oder ausführen lässt, gilt auch, soweit Domizilgesellschaften, die in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft ausländischen Rechts im Gründungsstaat keine wirtschaftlichen Aktivitäten ausüben und ihr Einkommen ausschließlich aus ausländischen Quellen beziehen, mit im Inland ansässigen Unternehmen in Vertragsbeziehungen treten.

2) Für die Unternehmereigenschaft einer Domizilgesellschaft ist ohne Bedeutung, ob sie über Geschäftsräume verfügt und ob sie die von dem inländischen Vertragspartner übernommenen Aufträge mit eigenen gewerblichen Kräften ausführt oder sich eines oder mehrerer Nachsubunternehmer bedient.

3) Für Auslandsgeschäfte sind im Wege teleologischer Reduktion die in § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG normierten Abzugsvoraussetzungen zugunsten des Leistungsempfängers dahingehend zu ermäßigen, dass der Vorsteuerabzug nicht von einer ordnungsgemäßen Abrechnung abhängt.

 

Normenkette

UStDV §§ 51, 52 Abs. 2, § 55; UStG § 15 Abs. 1

 

Gründe

Streitig ist, ob dem begehrten Vorsteuerabzug Rechnungen von Scheinfirmen zugrundeliegen.

Die Klägerin (Klin.), ein Dachdeckerunternehmen, bediente sich zur Erfüllung übernommener Aufträge verschiedener Subunternehmer. Dazu schloß sie schriftliche Bauverträge u.a. mit den in Großbritannien ansässigen Firmen L. Ltd. (L.), Y. Ltd. (Y.), A. Ltd. (A.), O. Ltd. (O.) sowie mit der in Irland ansässigen Firma T. Ltd. (T.) ab. Die Subunternehmer rechneten ihre Leistungen gegenüber der Klin. mit offenem Umsatzsteuer(USt)-Ausweis ab; zusätzlich erteilten einige Subunternehmer in den Jahren 1993 und 1994 der Klin. über ihre Leistungen Abrechnungen ohne Steuerausweis. Soweit die Subunternehmer mit Steuerausweis abgerechnet hatten, erfaßte die Klin. in ihren USt-Erklärungen die abgerechneten Umsätze als eigene Umsätze und zog Vorsteuer aus den Rechnungen mit offenem Steuerausweis ab. Soweit die Subunternehmer keine USt ausgewiesen hatten, machte die Klin. die „Nullregelung” geltend, d.h. weder machte sie Vorsteuer geltend noch führte sie USt für diese Vorbezüge ab.

Nach den Feststellungen der Betriebsprüfung (Bp) handelte es sich bei allen Subunternehmern um reine Domizilgesellschaften ohne eigenen Geschäftsbetrieb in Großbritannien bzw. Irland (Bericht vom 11.09.1998, Tz. 12 und 14). Den Feststellungen der Bp folgend erließ das beklagte Finanzamt (FA) geänderte USt-Bescheide 1993 bis 1996, in denen es keinen Vorsteuerabzug aus den Rechnungen mit Steuerausweis zuließ. Soweit die Klin. die Nullregelung angewandt hatte, erhöhte das FA die Umsätze der Klin. um die Bemessungsgrundlage für diese Leistungen der ausländischen Subunternehmer.

Der Einspruch hatte teilweise Erfolg. Das FA machte in der Einspruchsentscheidung (EE) vom 14.10.1999 die Umsatzerhöhung in Höhe der Bemessungsgrundlage für die ohne Steuerausweis abgerechneten Leistungen der ausländischen Unternehmer rückgängig und ermäßigte die Umsätze zusätzlich um die in den Subunternehmerrechnungen offen ausgewiesene USt. Das FA vertrat die Auffassung, daß die Frage der Anwendung der Nullregelung bzw. der Verpflichtung der Klin. zur Abführung der in den Subunternehmerrechnungen ausgewiesenen USt nach § 51 Umsatzsteuerdurchführungsverordnung (UStDV) im Rahmen eines Haftungsbescheidsverfahrens geklärt werden müsse. Weiterhin versagte das FA den Vorsteuerabzug aus den Rechnungen der Subunternehmer mit der Begründung, daß es an der Identität zwischen Rechnungsaustellern und Leistenden fehle. Unter den Firmenbezeichnungen in den Rechnungen hätten unbekannt gebliebene Firmen bzw. Personen Leistungen gegenüber der Klin. abgerechnet.

Noch vor Klageerhebung erließ das FA am 18.10.1999 einen auf § 55 UStDV gestützten Haftungsbescheid gegen die Klin. Darin nahm es die Klin. auf die USt für die von den Subunternehmer in 1993 und 1994 ohne Steuerausweis abgerechneten Leistungen und auf die USt für die von den Subunternehmern in 1993 bis 1996 mit Steuerausweis abgerechneten Leistungen in Anspruch. Das gegen den Haftungsbescheid anhängige Einspruchsverfahren brachte das FA bis zum Ausgang des vorliegenden Rechtsstreits zum Ruhen. Laut geänderter Zahlungsaufforderung vom 26.04.2001 hat die Klin. zwischenzeitlich die haftungsweise angeforderte USt insoweit entrichtet, als sie auf die Abrechnungen der Subunternehmer mit Steuerausweis entfällt.

Mit der vorliegenden Klage begehrt die Klin. den Vorsteuerabzug aus den Rechnungen mit offenem Steuerausweis mit der Begründung, daß die Subunternehmer die abgerechneten Leistungen tatsächlich an die Klin. erbracht hätten.

Die Klin...

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