Entscheidungsstichwort (Thema)

Nachweis einer verdeckten Gewinnausschüttung hinsichtlich gebuchter Betriebsausgaben einer GmbH für Bauleistungen einer Schein- bzw. Strohmannfirma

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Die Feststellungslast dafür, dass bei einer KapG eine vGA vorliegt, trägt grundsätzlich das FA.

2) Spricht der festgestellte Sachverhalt dafür, dass eine vGA vorliegt, ist die KapG verpflichtet, an der Aufklärung des Sachverhalts gemäß § 90 AO mitzuwirken und die in ihrer Sphäre liegenden Umstände darzulegen und ggf. nachzuweisen.

3) Kommt die KapG dem nicht nach, reduziert sich die Ermittlungs- und Aufklärungspflicht des FA sowie auch des FG und kann dazu führen, dass aus dem Verhalten der KapG nachteilige Schlussfolgerungen in Bezug auf die in Rede stehenden tatsächlichen Umstände gezogen werden.

4) Die Annahme einer vGA kann gerechtfertigt sein, wenn eine KapG trotz erheblicher Anhaltspunkte dafür, dass es sich bei als Aufwand verbuchten Rechnungen um Scheinrechnungen handelt, diese Umstände nicht entkräftet oder darlegt und nachweist, dass tatsächlich ein Leistungsaustausch stattgefunden hat.

 

Normenkette

AO § 90; KStG § 8 Abs. 3 S. 2

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Beklagte (das Finanzamt –FA–) zu Recht dem Gewinn der Klägerin für die Streitjahre 2009 und 2012 nicht abziehbare Betriebsausgaben hinzugerechnet hat.

Die Klägerin ist eine im Jahr 2008 gegründete GmbH mit Sitz in …. Sie betreibt ein Bauunternehmen. Gegenstand der Tätigkeit ist der Hochbau. Die Anteile an der Klägerin hielt zu 100 % Herr E. Dieser war im hier in Rede stehenden Zeitraum Geschäftsführer der Klägerin. Ab 2010 war zudem Herr F Geschäftsführer der Klägerin.

Im Jahr 2008 erzielte die Klägerin laut ihrer Gewinnermittlung noch keine Umsatzerlöse. In den Jahren 2009 bis 2012 ergeben sie aus ihren Gewinnermittlungen die folgenden Erlöse, Aufwendungen und Gewinne:

2009

2010

2011

2012

– Umsatzerlöse

841.042,33 €

2.228.072,90 €

1.971.751,56 €

1.109.022,00 €

– Erhöh. Bestand in Arbeit bef. Aufträge

335.097,41 €

223.682,59 €

./. 290.100,95 €

78.453,99 €

– sonstige Erträge

6.207,15 €

1.451,80 €

5925,02 €

148.281,68 €

– Aufwendungen für bezogene Leistungen

521.555,17 €

1.310.334,22 €

55.869,52 €

56.287,01 €

– sonstiger Materialaufwand

34.185,80 €

494,042,22 €

– Personalaufwand

485.138,55 €

865.959,63 €

685.146,46 €

488.968,16 €

– sonstige Aufwendungen

80.913,18 €

261.689,47 €

296.187,37 €

288.395,63 €

– Steuern

21.138,97 €

6.029,00 €

4.961,66 €

7.622,76 €

– Jahresüberschuss

73.601,02 €

9.184,97 €

11.224,82 €

441,99 €

Im Jahr 2009 stellte die Firma C aus … der Klägerin Rechnungen für von ihr an die Klägerin erbrachte Bauleistungen. Hierzu liegen 15 Rechnungen aus dem Zeitraum vom 28.5.2009 bis zum 3.9.2009 vor. Auf den Rechnungen wurden teilweise einzelne Positionen handschriftlich korrigiert (etwa die Skonto-Beträge u.a.). Die als „bezahlt” ausgewiesenen Rechnungsbeträge belaufen sich zusammen auf 82.527,39 €. Umsatzsteuerbeträge waren nicht ausgewiesen, da die Rechnungen nach § 13b des Umsatzsteuergesetzes (UStG) gestellt wurden. Auf den Rechnungen war als Inhaberin der Firma Frau C ausgewiesen. Auf den Rechnungen waren unterschiedliche Bauvorhaben angegeben, und zwar …, … und …. Die als „bezahlt” ausgewiesenen Beträge bezahlte die Klägerin jeweils per Banküberweisung an die auf den Rechnungen ausgewiesene Bankverbindung. Hierzu liegen Kontoauszüge über das Bankkonto der Klägerin vor. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die vorgenannten Rechnungen und Bankkontoauszüge Bezug genommen (enthalten in den Bp-Handakten, Band I).

Das FA veranlagte die Klägerin zunächst erklärungsgemäß zur Körperschaftsteuer für die Streitjahre 2009 und 2012. Für 2009 erließ das FA unter dem Datum vom 7.1.2011 einen Körperschaftsteuerbescheid, dem es keinen Vorbehalt der Nachprüfung beifügte. Für 2012 erließ es unter dem Datum vom 8.5.2013 einen Körperschaftsteuerbescheid und unter dem Datum vom 7.6.2013 einen Änderungsbescheid hierzu. Den Bescheiden für 2012 war ein Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) beigefügt bzw. dieser blieb beim Änderungsbescheid bestehen. Zum Gewerbesteuermessbetrag 2009 erließ das FA ebenfalls erklärungsgemäße Bescheide, und zwar für 2009 einen Gewerbesteuermessbescheid ohne Beifügung eines Vorbehalts der Nachprüfung sowie für 2012 einen Erstbescheid und einen Änderungsbescheid, bei denen ein Vorbehalt der Nachprüfung beigefügt war bzw. dieser bestehen blieb.

In den Jahren 2014 und 2015 führte das FA eine Betriebsprüfung bei der Klägerin für die Jahre 2009 bis 2012 durch.

Der Betriebsprüfung lag ein rechtskräftiges Urteil des Amtsgerichts … vom 26.6.2013 (Az. …) vor, welches in einem Strafverfahren gegen Frau C ergangen ist. Diese wurde dort wegen Steuerhinterziehung im besonders schweren Fall und Beihilfe zur Steuerhinterziehung, zur Vorenthaltung und Veruntreuung von Arbeitsentgelt und zum Betrug zum Nachteil von Sozialversicherungsträgern zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 1 Jahr und 6 Mo...

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