Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuerliche Qualifizierung einer an einen geschlossenen Immobilienfond gezahlten Provision für den Abschluss von Lebensversicherungen zur Tilgung eines Bauspardarlehens; Erhöhter Bestandsschutz von Steuerfestsetzungen aufgrund einer Betriebsprüfung

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Provisionen, die einem geschlossenen Immobilienfonds ( GbR ) für den Abschluss von Lebensversicherungen gezahlt werden, sind als Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung zu erfassen, wenn die Lebensversicherungen zur Tilgung von Darlehen bestimmt sind, die der Finanzierung einer Wohnanlage dienen.

2) Wird dem Feststellungsfinanzamt die Vereinnahmung derartiger Provisionen bekannt, nachdem es die Besteuerungsgrundlagen der GbR erklärungsgemäß einheitlich und gesondert festgestellt hat, kann der entsprechende Bescheid nach Eintritt der Bestandskraft nicht mehr gemäß § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO geändert werden, wenn er aufgrund einer bei der GbR durchgeführten Außenprüfung ergangen ist, die ausweislich der Prüfungsanordnung ( auch ) die Feststellung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung des betreffenden Jahres umfasst.

 

Normenkette

AO 1977 § 173 Abs. 1, 1 Nr. 1, Abs. 2; EStG §§ 21, 22 Nr. 3, § 8 Abs. 1, § 9 Abs. 1, § 4 Abs. 4

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 25.03.2003; Aktenzeichen IX R 106/00)

BFH (Urteil vom 25.03.2003; Aktenzeichen IX R 106/00)

 

Tatbestand

Zu entscheiden ist, ob Provisionen für den Abschluß von Lebensversicherungen zur Tilgung von Darlehen, die der Finanzierung einer Wohnanlage dienen, steuerlich zu erfassen sind und ob es verfahrensrechtlich zulässig ist, die für das betreffende Jahr bestandskräftige Veranlagung zu ändern, obwohl hierfür eine Betriebsprüfung stattgefunden hat, in der dieser Sachverhalt nicht aufgegriffen worden ist.

Mit Gesellschaftsvertrag vom 04.09.1995 wurde der geschlossene Immobilienfonds GbR (GbR) gegründet. Ihr traten 25 Gesellschafter bei. Gesellschaftszweck ist die Errichtung und anschließende Vermietung einer Wohnanlage in D. mit 105 Wohnungen. Diese Wohnanlage wurde im März 1997 bezugsfertig.

Zur Finanzierung der Baumaßnahme nahm die GbR Fremdfinanzierungsmittel in Höhe von 28,5 Mio. DM auf. Nach den mit den Banken getroffenen Vereinbarungen wurden zum Zwecke der Tilgung u. a. alle Rechte und Ansprüche aus noch abzuschließenden Lebensversicherungen mit garantierten Ablaufleistungen von mindestens 28,5 Mio. DM abgetreten. Die Tilgung der Darlehen ist ausgesetzt, solange die Prämien für die Lebensversicherungen planmäßig gezahlt werden. Die GbR schloß daraufhin bei der Versicherungsgesellschaft H. vier Lebensversicherungen als Kollektivversicherungen ab. Versicherte Personen sind zwei Gesellschafter und deren Ehefrauen. Im März 1996 erstellte ein Versicherungsmakler aus A. eine Provisionsabrechnung für die vier Lebensversicherungen. Danach erhielt die GbR als Vermittlungsprovision einen Betrag von 534.681 DM. Diese tatsächlich auch im Jahre 1996 geflossene Einnahme wurde bei der GbR erfolgsneutral als Privateinlage gebucht.

Nachdem die GbR für das Streitjahr, das Jahr 1996, die Feststellungserklärung eingereicht hatte, wurde im Mai 1997 eine Betriebsprüfung angeordnet. Diese betraf die „Feststellung der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung 1995 bis 1996”. Die Betriebsprüfung führte zu keinen Änderungen gegenüber der abgegebenen Erklärung. Der o. g. Sachverhalt hinsichtlich der Provisionszahlung wurde dabei nicht aufgegriffen. Im Betriebsprüfungsbericht vom 01.09.1997 ist u. a. folgendes aufgeführt:

  • Tz. 12: „… Die Einkünfte aus der Beteiligung … sind nach § 180 Abs. 1 Nr. 2 a AO einheitlich und gesondert festzustellen. … Das Wohnsitzfinanzamt des Beteiligten ist hinsichtlich der Höhe der Einkünfte durch die Feststellungen durch das für die GbR zuständige Finanzamt gebunden. …”
  • Tz. 14: „… Die GbR erzielt grundsätzlich Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. …”
  • Tz. 23: „… Es besteht ein Kollektivversicherungsvertrag (Tilgungsansparvertrag) mit dem Versicherungsunternehmen H. Die Beiträge wurden steuerlich zutreffend behandelt.”

Der Beklagte (Bekl.) führte daraufhin die beantragte einheitliche und gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für das Jahr 1996 wie erklärt durch. Diese endgültige Feststellung vom 27.01.1998 wurde bestandskräftig.

Ende Juli 1998 erhielt der Bekl. über eine Kontrollmitteilung des Finanzamts A. Kenntnis von der Provisionszahlung in Höhe von 534.681 DM. Nach Anhörung der Bevollmächtigten der GbR erging am 21.12.1998 ein geänderter Feststellungsbescheid für das Jahr 1996. Darin wunden die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung wie bisher festgestellt. Zusätzlich wurden jedoch Einkünfte aus Leistungen i. S. des § 22 Nr. 3 EStG (Einkünfte aus sonstigen Leistungen) in Höhe von 534.861 DM erfaßt. Der hiergegen gerichtete Einspruch war ohne Erfolg und wurde mit Einspruchsentscheidung vom 25.08.1999 als unbegründet zurückgewiesen.

Mit der daraufhin erhobenen Klage begehren die Gesellschafter der GbR, die steuerliche Mehrbelastung durch di...

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