Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Anschaffungskosten eines Anteilserwerbers an einer grundstückshaltenden Vermietungs-GbR ohne ausdrückliche Haftungsfreistellung des Anteilsveräußerers
Leitsatz (redaktionell)
Erwirbt ein Steuerpflichtiger einen Anteil an einer grundstückshaltenden GbR, so haften er und der Veräußerer gesamtschuldnerisch für deren Verbindlichkeiten. Eine Schuldbefreiung des Veräußerers im Innenverhältnis und im Außenverhältnis, die das Entstehen von Anschaffungskosten des Erwerbers zur Folge hätte, muss ausdrücklich vereinbart werden. Anderenfalls fehlt es an einer Schuldübernahme gegen Übertragung des GbR-Anteils. Hieran ändert es nichts, wenn mit einer Inanspruchnahme des Veräußerers wegen Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht zu rechnen ist.
Normenkette
HGB § 255; BGB §§ 738-739; EStG § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 7
Tatbestand
Strittig ist, ob der Klägerin (Klin) bei Erwerb des A-GbR-Anteils an der Beigeladenen Anschaffungskosten entstanden sind oder nicht.
Die Klin, eine Kommanditgesellschaft (KG), rückte aufgrund Vereinbarung vom 15. Oktober 2004 in die Gesellschafterstellung des Herrn E 2 bei der Grundstücksgemeinschaft A, B-Straße 1-2 A-GbR (A-A-GbR) – der Beigeladenen – ein.
Die A-GbR war mit Vertrag vom 15. Mai 1994 gegründet worden. Nach einem Wechsel im Gesellschafterbestand waren unter Änderung des Vertrags vom 15. Mai 1994 durch notarielle Urkunde vom 30. Dezember 2003 zuletzt 9 Gesellschafter an der A-GbR beteiligt, darunter Herr E 2 mit 12,96 v. H.
Gegenstand der A-GbR war der Erwerb von Grundstücken, die Errichtung von Immobilien sowie deren langfristige Vermietung. Zum Gesamthandsvermögen der A-GbR gehörten die Grundstücke belegen in R – A, B-Straße 1-2, mit einer Größe von 2.386 qm (Grundbuch Amtsgericht C. von C, Blätter und …). Die Grundstücke wurden 1995 mit einer Mehrfamilienhausanlage mit 22 Wohneinheiten und Tiefgarage bebaut. Das Gebäude wird im Erdgeschoss als Pflegeheim und in den Obergeschossen zu Wohnzwecken genutzt.
Die Gesellschafter waren im Grundbuch „als Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts” eingetragen. Der Wechsel im Gesellschafterbestand wurde im Grundbuch nachvollzogen.
Ziff. 10 Buchstabe b des A-GbR-Vertrags sah ein Ausscheiden der Gesellschafter u. a. im Falle der Konkurseröffnung über deren Vermögen und eine Fortsetzung der Gesellschaft durch die verbliebenen Gesellschafter vor. Nach Ziff. 12. des A-GbR-Vertrags war eine Abtretung des Gesellschaftsanteils mit Zustimmung der einfachen Mehrheit der Gesellschafter zulässig. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den A-GbR-Vertrag vom 15. Mai 1994 sowie die notarielle Urkunde vom 30. Dezember 2003 (jeweils in der Vertragsakte des Bekl) Bezug genommen.
Die A-GbR erzielte aus dem Grundstück B-Straße 1-2 Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. In den Jahren 2004 und 2005 erzielte sie Einnahmeüberschüsse (2004: 35.047,05 EUR; 2005: 15.589,18 EUR) und in 2006 und 2007 Werbungskostenüberschüsse (2006: ./. 29.254,19 EUR; 2007: 22.435,56 EUR).
Mit Vereinbarung vom 15. Oktober 2004 übertrug Herr E 2 seine A-GbR-Beteiligung mit sofortiger Wirkung auf die Klin. Die Übertragung stand unter dem Vorbehalt der Zustimmung der Mitgesellschafter und des vorläufigen Insolvenzverwalters im Insolvenzverfahren über das Vermögen des Herrn E 2 (Amtsgericht (AG) S, Az. IN /04). Nach Ziff. IV. der Vereinbarung sollten Gewinne und Verluste bis zum Übertragungsstichtag Herrn E 2 und nachfolgend der Klin zustehen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Vereinbarung (in Kopie in der Vertragsakte des Bekl) verwiesen.
Sowohl der Insolvenzverwalter als auch die Mitgesellschafter stimmten der Übertragung des A-GbR-Anteils auf die Klin zu.
Über das Vermögen des Herrn E 2 wurde durch Beschluss des Amtsgerichts S vom 1. November 2004 das Insolvenzverfahren eröffnet.
Mit Bescheiden zur gesonderten und einheitlichen Feststellung der Besteuerungsgrundlagen zur ESt 2004 bis 2007 wurden die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung der A-GbR den einzelnen Feststellungsbeteiligten erklärungsgemäß zugerechnet. Sonderwerbungskosten wurden bei der Klin nicht berücksichtigt.
Die Einsprüche der Klin gegen die Gewinnfeststellungsbescheide blieben erfolglos.
Mit ihrer Klage macht die Klin geltend, dass die Übertragung des A-GbR-Anteils durch Herrn E 2 bei ihr zu Anschaffungskosten geführt habe, da sie anteilig die Verbindlichkeiten der A-GbR übernommen habe.
Bei der A-GbR handele es sich – was unstreitig ist – um eine vermögensverwaltende Personengesellschaft ohne Betriebsvermögen. Gegenstand der Übertragung sei zivilrechtlich der Gesellschaftsanteil und seien steuerlich die Anteile an den einzelnen aktiven und passiven Wirtschaftsgütern der A-GbR gewesen.
Nach der Rechtsprechung des Großen Senats sei bei Übertragungen im Privatvermögen von Anschaffungskosten auszugehen, wenn ein Wirtschaftsgut gegen Übernahme der auf ihm lastenden Verbindlichkeiten übertragen werde.
Es ergäben sich folgende Anschaffungskosten:
Verbindlichkeit (nachgewiesen)... |