rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Behandlung von Ansprüchen ausgeschiedener Genossen auf Rückzahlung ihrer Geschäftsguthaben
Leitsatz (redaktionell)
1) Ansprüche von Genossen, die im Zuge einer Umwandlung der Genossenschaft in eine Aktiengesellschaft ausgeschieden sind, auf Rückzahlung ihrer Geschäftsguthaben sind bei der Aktiengesellschaft als Verbindlichkeiten zu passivieren.
2) Verbindlichkeiten sind nach den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung insoweit nicht mehr zu passivieren, als sie keine wirtschaftliche Belastung mehr darstellen. Die insoweit vorzunehmende erfolgswirksame Ausbuchung der Verbindlichkeit auf Rückzahlung von Geschäftsguthaben ehemaliger Genossen ist wegen gesellschaftsrechtlicher Veranlassung außerhalb der Steuerbilanz zu korrigieren.
3) Die Auflösungsbeträge sind in sinngemäßer Anwendung von § 30 Abs. 2 Nr. 2 KStG a.F. als sonstige Vermögensmehrungen im EK 02 zu erfassen.
Normenkette
KStG § 8 Abs. 1; KStG a.F. § 30 Abs. 2 Nr. 2; EStG § 6 Abs. 1 Nr. 3
Nachgehend
Tatbestand
I.
Streitig ist, ob Verbindlichkeiten betreffend die Rückzahlung von Geschäftsguthaben an ehemalige Genossen erfolgswirksam aufzulösen sind.
Die Klägerin (Klin.) ist eine GmbH, deren Unternehmensgegenstand im Vertrieb von Food- und Non-Food-Waren aller Art besteht. Sie ist am 07.12.1998 durch Umwandlung aus der X. AG (X. AG) hervorgegangen. Diese wiederum ist durch Umwandlung der Y. e.G. (Y. e.G.) entstanden (Umwandlungsbeschluss vom 24.06.1989; Eintragung im Handelsregister am 31.08.1989).
Zum Zwecke der Vorbereitung der Umwandlung der Y. e.G. in die X. AG sollte der Mitgliederbestand der Y. e.G. bereinigt werden. Die Vertreterversammlung der Y. e.G. beschloss daher u.a. am 02.07.1988 eine Satzungsänderung, nach der postalisch nicht erreichbare Mitglieder aus der Y. e.G. ausgeschlossen werden konnten. Am 11.08.1988 wurde in einer gemeinsamen Sitzung von Aufsichtsrat und Vorstand einstimmig beschlossen, dass nach Wirksamwerden der Satzungsänderung die postalisch nicht erreichbaren Mitglieder ausgeschlossen werden sollten.
In der Folgezeit trat die Y. e.G. mit aufwändigen Presseartikeln an die Öffentlichkeit heran, um die Genossen auf die geplante Umwandlung und die damit verbundenen Folgen aufmerksam zu machen. Eine im August 1988 durchgeführte Anschreibeaktion an alle 29.023 Genossen führte zu folgendem Ergebnis:
|
Anzahl |
Geschäftsguthaben |
postalisch nicht erreichbare Genossen |
17.445 |
4.014.162 DM |
unter 100 DM-Guthaben |
2.840 |
103.999 DM |
Kündigung der Geschäftsguthaben |
3.486 |
1.090.528 DM |
Verstorbene Mitglieder |
125 |
55.962 DM |
Zwischensumme |
23.896 |
5.264.651 DM |
verbleibende Mitglieder |
5.127 |
2.055.739 DM |
gesamt |
29.023 |
7.320.390 DM |
Zum 31.12.1988 endete die Mitgliedschaft von 23.896 Genossen mit einem Geschäftsguthaben von insgesamt 5.264.651 DM (s. vorstehende Zwischensumme) durch Kündigung oder Ausschluss. Im Jahresabschluss für 1988 wurde der auf diese Genossen entfallende, noch nicht ausgezahlte Bestand der Geschäftsguthaben erfolgsneutral in eine Verbindlichkeit umgewandelt.
Im Jahre 1992 führte das Finanzamt für Großbetriebsprüfung A-Stadt bei der Rechtsnachfolgerin der Y. e.G., der X. AG, eine Betriebsprüfung (Bp) für die Veranlagungszeiträume 1987 bis 1990 durch. Der Prüfer stellte fest, dass zum 31.12.1990 noch nicht angeforderte Geschäftsguthaben ehemaliger Genossen i. H. v. 4.117.450,34 DM bestanden. Er vertrat die Ansicht, der bisherigen Auffassung der Berichtsfirma, die Verbindlichkeiten nach Ablauf der allgemeinen Verjährungsfrist von 30 Jahren oder alternativ ratierlich über 30 Jahre aufzulösen, könne nicht gefolgt werden, da nach den Ausführungen im Bilanzbericht zum 31.12.1990 für die Zukunft nicht mehr mit nennenswerten Abrufen seitens ehemaliger Genossen zu rechnen sei. Zudem sei zu berücksichtigen, dass die Verjährungsfrist für den Anspruch auf Auszahlung der Geschäftsguthaben gem. § 74 des Gesetzes betreffend die Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften (GenG) nur zwei Jahre betrage und gem. § 11 Abs. 3 der Satzung der Y. e.G. sechs Monate nach dem Ausscheiden der Genossen begonnen habe. Der Prüfer schlug vor, die Verbindlichkeiten im Jahre 1990 i. H. eines mit 500.000 DM geschätzten Teilbetrages erfolgswirksam aufzulösen.
Bezüglich des Restbetrages der Verbindlichkeiten wurde ausweislich der Ausführungen im Bp-Bericht zwischen den Beteiligten vereinbart, die Verbindlichkeit beginnend ab 1991 über 15 Jahre gleichmäßig erfolgswirksam aufzulösen, wobei dem jährlichen Auflösungsbetrag bis höchstens zur Höhe dieses Betrages die tatsächlichen Auszahlungen der gleichen Jahre gegengerechnet werden sollten. Dieser Form der Abwicklung sei seitens der Finanzverwaltung zugestimmt worden, da Aufsichtsrat und Vorstand der Berichtsfirma versichert hätten, im Falle der Anforderung durch ehemalige Genossen die Einrede der Verjährung nicht geltend zu machen und eine geringe Anzahl ehemaliger Genossen ihren Ausschlus...