Entscheidungsstichwort (Thema)

Frage der Anwendung des ermäßigten Steuersatzes auf Umsätze bei Mitarbeiterkantine/-cafeteria in Krankenhäusern; steuerbegünstigter Zweckbetrieb

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes auf die Umsätze aus dem Betrieb der Mitarbeiterkantinen gem. § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 2 UStG scheidet aus, da die streitigen Umsätze im Rahmen eines steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs i.S.v. § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Satz 2 UStG i.V.m. §§ 64, 14 AO erbracht werden.

2. Der Betrieb der Mitarbeiterkantinen stellt einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb i.S.v. § 14 AO dar. Denn hierdurch betätigt sich die Stpfl. unternehmerisch. Sie erzielt mit der über den Rahmen einer Vermögensverwaltung hinausgehenden selbständigen und nachhaltigen Tätigkeit Einnahmen, auch wenn – wie ausgeführt – eine Gewinnerzielungsabsicht fehlt.

 

Normenkette

UStG § 4 Nr. 14 Buchst. b, § 12 Abs. 2 Nr. 1; MwStSystRL Art. 132 Abs. 1 Buchst. b; AO § 14; UStG § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a

 

Tatbestand

Streitig ist, ob Umsätze aus dem Betrieb von Mitarbeiterkantinen/-cafeterien in Krankenhäusern dem ermäßigten Steuersatz gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a Umsatzsteuergesetz (UStG) unterliegen.

Die Klägerin in der Rechtsform einer GmbH erfüllt die Voraussetzungen für die Anerkennung als gemeinnützige Körperschaft im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 9 Körperschaftsteuergesetz (KStG). Gegenstand und Zweck ihres Unternehmens sind die Förderung der Gesundheits-, Behinderten- und Altenhilfe, die Förderung und Unterstützung persönlich hilfsbedürftiger Personen im Sinne von § 53 Abgabenordnung (AO) sowie die Förderung der Wissenschaft, Forschung und Bildung. In den Streitjahren betrieb die Klägerin insbesondere folgende Krankenhäuser:

  • I, E,
  • II, E,
  • III, X,
  • IV, O.

In diesen Krankenhäusern betreibt die Klägerin jeweils eigene Mitarbeiterkantinen/-cafeterien (nachfolgend nur: Mitarbeiterkantinen), in denen den Mitarbeitern Speisen und Getränke zu im Rahmen der Sachbezugsverordnung subventionierten Preisen angeboten werden. Diese Kantinen sind ausschließlich den Mitarbeitern des jeweiligen Krankenhauses vorbehalten und können von sämtlichen Mitarbeitern unabhängig von ihrem jeweiligen Tätigkeitsbereich und einer etwa bestehenden Rufbereitschaft aufgesucht werden. In geringem Umfang verzehren die Mitarbeiter ihr Essen nicht in der Kantine, sondern im Stationsbereich.

Für die Krankenhausbesucher werden in den jeweiligen Häusern getrennt eigene Besucher-Cafeterien durch fremde dritte Pächter betrieben.

Die Klägerin ordnete ihre Mitarbeiterkantinen seit jeher dem steuerbegünstigten Zweckbetrieb „Krankenhaus” zu. Für frühere Jahre hatten die Klägerin und der Beklagte die Umsätze aus den Mitarbeiterkantinen als „eng mit dem Betrieb des Krankenhauses verbundene Umsätze” eingestuft und als steuerfrei behandelt. Später – auch in den Streitjahren 2012 bis 2016 – unterwarf die Klägerin die Umsätze dem ermäßigten Umsatzsteuersatz gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG. In einer Umsatzsteuersonderprüfung sowie zwei weiteren Großbetriebsprüfungen wurde die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes nicht beanstandet.

Zuletzt waren die Umsatzsteuern 2012 bis 2016 auf ./. 189.091,05 € (für 2012, mit Bescheid vom 27.03.2018), ./. 61.080,16 € (für 2013, mit Bescheid vom 08.05.2018), ./. 19.230,79 € (für 2014, mit Bescheid vom 08.05.2018), 303.862,76 € (für 2015, mit Festsetzung vom 17.05.2017) und 298.346,79 € (für 2016, mit Bescheid vom 26.04.2018) festgesetzt.

Das Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung J führte bei der Klägerin ab dem 30.04.2018 für die Jahre 2012 bis 2016 eine Betriebsprüfung durch. Unter Tz. 2.9 ihres Prüfungsberichts vom 19.12.2018 stellten die Prüfer fest, dass die Umsätze aus dem Betrieb einer Cafeteria nach den Ausführungen des BMF-Schreibens vom 11.12.2006 an die Deutsche Krankenhausgesellschaft keine mit dem Betrieb eines Krankenhauses eng verbundenen Umsätze darstellen würden unabhängig davon, ob diese nur für Patienten und Personal oder auch für Besucher zugänglich sei. Das BMF schließe somit hinsichtlich der Personalbeköstigung die Möglichkeit der ermäßigten Besteuerung nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG als Zweckbetrieb aus. Auf die gleichlautenden Ausführungen der OFD Karlsruhe vom 31.01.2017 (S 7172 – Karte 2) in den Tz. 2.8.1 bzw. 2.8.2 werde ergänzend hingewiesen. Nach den Grundsätzen der Abschnittsbesteuerung scheide hier ein Vertrauensschutz der Klägerin aus. Durch die Umqualifizierung in regelbesteuerte Umsätze ergäben sich insoweit Umsatzsteuererhöhungen in Höhe von 22.977,05 € (2012), 22.549,06 € (2013), 24.945,08 € (2014), 24.873,43 € (2015) und 23.440,34 € (2016).

Zur Umsetzung der Prüfungsfeststellungen zur Umsatzsteuer erließ der Beklagte nach § 164 Abs. 2 AO geänderte Umsatzsteuerbescheide vom 24.05.2019 für 2014 und vom 05.06.2019 für 2012, 2013, 2015 und 2016. Er setzte die Umsatzsteuer auf ./. 141.570,89 € (2012), ./. 38.531,15 € (2013), 8.457,52 € (2014), 328.736,21 € (2015) u...

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