Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundstücksübertragung aufgrund gerichtlichen Vergleichs, Regelungsinhalt eines Grunderwerbsteuerbescheides
Leitsatz (redaktionell)
1) Vereinbaren die Beteiligten in einem gerichtlichen Vergleich, dass ein Grundstück übereignet werden soll, so unterliegt dieser Vergleichsvertrag, und nicht ein nachfolgender Übertragungs- und Auflassungsvertrag, der Grunderwerbsteuer.
2) Die Angabe des der Grunderwerbsteuer unterworfenen Sachverhalts ist bei der Grunderwerbsteuer Regelungsinhalt i.S.v. § 119 Abs. 1 AO. Ein Nachschieben des steuerlich erheblichen Sachverhalts über § 126 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. Abs. 2 AO kann daher nicht erfolgen.
Normenkette
AO § 119 Abs. 1, § 126 Abs. 1 S. 1, Abs. 2; BGB § 779; GrEStG § 1 Abs. 1
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit des Grunderwerbsteuerbescheides vom 22.12.2008.
Die Klägerin (Klin.) ist die Tochter von B N und seiner Ehefrau Frau G N. Die Eheleute N haben neben der Klin. eine weitere Tochter, Frau X T, geb. N.
Herr B N verstarb am 14.05.2004. Nach dem Erbschein des Amtsgerichts H unter dem Aktenzeichen 7 VI …/2004 ist er zu je ½ Anteil von seiner Ehefrau und von seiner Tochter X T beerbt worden. Zum Nachlass gehörte das streitgegenständliche Grundstück in O eingetragen beim Amtsgericht H im Grundbuch von I, Blatt …, Gemarkung O, Flur …, Flurstück … zur Größe von 838 qm.
Mit notariellem Vertrag vom 10.09.2004 (UR-Nr. …/2004 des Notars L aus H) setzten sich die Erbinnen – Frau G N (Mutter der Klin.) sowie Frau X T (Schwester der Klin.) – über das Erbe auseinander. Aufgrund dieser Erbauseinandersetzung war die Schwester der Klin. Alleineigentümerin des streitgegenständlichen Grundstücks. Sie räumte in § 7 des Vertrages vom 10.09.2004 der Klin. und deren Familie ein Wohnrecht an dem Einfamilienhaus ein, das sich auf dem streitgegenständlichen Grundstück befindet.
Am 21.12.2007 beantragte die Klin. den Erlass eines Mahnbescheides gegen ihre Schwester. Zur Bezeichnung des Anspruches führte die Klin. im Mahnbescheidsantrag an, dass der „Pflichtteil aus Vermögensübertragung von G N, geborene M, an X T, geborene N, J, im September 2004”, geltend gemacht wird. Diesen Anspruch bezifferte die Klin. mit 62.500 EUR.
In einem anderen Gerichtsverfahren, anhängig beim Landgericht J unter dem Aktenzeichen 2 12 O …/08, führte Herr P K, wohnhaft in Q, einen Rechtsstreit gegen die Schwester der Klin. Im vor dem Landgericht J anberaumten Termin zur mündlichen Verhandlung vom 01.09.2008 erschien für den dortigen Kl. unter Vorlage einer Vollmacht nach § 141 Abs. 3 Zivilprozessordnung (ZPO) Herr C K aus O. Dieses zivilrechtliche Verfahren wurde mit einem Vergleich beendet. Dieser Vergleich hat (auszugsweise) folgenden Wortlaut:
- Die Beklagte überträgt das Haus O, an ihre Schwester, Frau D K. Sie wird die Auflassung erklären, sobald Frau D K den von ihr beantragten Mahnbescheid beim Amtsgericht F, Geschäftsnummer … zurückgenommen hat.
- Die Bekl. zahlt einen Betrag von 17.500 EUR an den Kl. zu Händen von Frau D K. Frau D K wird den Empfang bestätigen.
Herr C K erklärt für den Kl. und für Frau D K folgendes:
Mit diesem Vergleich sind sämtliche in diesem Rechtsstreit anhängig gemachten Forderungen und sonstigen Ansprüchen erledigt. Weiterhin wird Frau D K den von ihr beim Amtsgericht F beantragten Mahnbescheid nicht nur zurücknehmen, sondern auch aus dem gesamten Erbschaftsverhältnis sowie aus den übrigen bis heute bestehenden rechtlichen und tatsächlichen Verhältnissen zwischen der Bekl., Frau D K, Herrn P K und Herrn C K, keine weiteren Ansprüche oder Forderungen mehr geltend machen.
Herr D K erklärt weiterhin:
Auch Frau R K wird aus den vorbezeichneten tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen keine Ansprüche oder Forderungen gegen die Beklagte herleiten oder geltend machen.
Am 25.11.2008 schloss die Klin. mit ihrer Schwester, Frau X T, einen notariellen „Grundstücksübertragungsvertrag mit Auflassung” (UR-Nr. …/2008 des Notars A in S) ab. In § 1 dieses Vertrages ist geregelt, dass die Schwester der Kl. „in Erfüllung des gerichtlichen Vergleichs vom 12. September 2008, Az.: 2-12 O …/08 des Landgerichts J” das streitgegenständliche Grundstück auf die Kl. überträgt. Ferner ist bestimmt, dass die Übertragung zur Abgeltung der Forderung in Höhe von 62.778,00 EUR aus dem Mahnbescheid des Amtsgerichts Hagen, Az.: …, erfolgen soll.
Mit Bescheid vom 22.12.2008 setzte der Bekl. unter Bezugnahme des notariellen Grundstücksübertragungsvertrags vom 25.11.2008 (UR-Nr. …/2008 des Notars A), ausgehend von einer Gegenleistung von 62.778 EUR in Form eines „Forderungsverzichts”, die Grunderwerbsteuer – nach Anwendung von 3,5 % auf die Bemessungsgrundlage – in Höhe von 2.197 EUR fest.
Am 19.01.2009 legte die Klin. hiergegen Einspruch ein. Sie vertrat die Auffassung, dass die Grundstücksübertragung grunderwerbsteuerfrei sei, weil die Übertragung ein Teil einer Erbauseinandersetzung sei. Dies ergebe sich daraus, dass im Vergleich vor dem Landgericht J das gesamte Erbschaftsverhältnis e...