Entscheidungsstichwort (Thema)

Kein rückwirkender Wegfall des Betriebsausgabenabzugs für Leasingsonderzahlungen nach Betriebsaufgabe und unentgeltlicher Übernahme der Leasingverträge durch Rechtsnachfolgerin

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Leasingsonderzahlungen stellen Betriebsausgaben dar, wenn die geleasten Fahrzeuge objektiv im Zusammenhang mit dem Transportunternehmen des Steuerpflichtigen stehen und subjektiv diesem zu dienen bestimmt sind.

2. Im Rahmen der Einnahmenüberschussrechnung ist für die Berücksichtigung von Leasingsonderzahlungen als vorausgezahlte Nutzungsentgelte das Abflussprinzip maßgeblich, sodass die Ausgaben grundsätzlich für das Kalenderjahr anzusetzen sind, in welchem sie geleistet worden sind.

3. Leasingsonderzahlungen stellen bei Gewinnermittlung durch Einnahmenüberschussrechnung i.d.R. auch dann rückwirkend nicht zu korrigierende Betriebsausgaben dar, wenn der Steuerpflichtige seinen Betrieb aufgegeben hat und die Rechtsnachfolgerin eine GmbH ist, an welcher der Steuerpflichtige als Gesellschafter beteiligt ist und die Gesellschaft die Leasingverträge unentgeltlich übernimmt.

4. Wenn der Steuerpflichtige für die gewählte Gestaltung außersteuerliche Gründe nachweist, die nach dem Gesamtbild der Verhältnisse beachtlich sind, liegt kein Missbrauch steuerlicher Gestaltungsmöglichkeiten vor.

 

Normenkette

EStG § 4 Abs. 4, § 11 Abs. 2 S. 1; AO § 42 Abs. 2 S. 2; EStG § 4 Abs. 3

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die unentgeltliche Übernahme von Leasingverträgen im Rahmen der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) zur rückwirkenden Korrektur des Betriebsausgabenabzugs angefallener Leasingsonderzahlungen führt.

Der Kläger betrieb vom 15.04.2015 bis zum 31.08.2017 ein Transportunternehmen. Gegenstand des Unternehmens war die Güterbeförderung von Arzneimitteln […]. Die Transporte wurden mit eigenen als auch geleasten Fahrzeugen sowie durch Subunternehmer durchgeführt. Seinen Gewinn aus gewerblicher Tätigkeit ermittelte der Kläger bis zum Zeitpunkt der Betriebsaufgabe im Jahr 2017 durch Einnahmenüberschussrechnung nach § 4 Abs. 3 EStG.

Zudem ist der Kläger seit deren Gründung mit notariellem Vertrag vom 20.10.2016 zu 50 % an der B-GmbH mit Sitz in B-Stadt beteiligt und hält diese Beteiligung in seinem Privatvermögen. Laut Gesellschaftsvertrag sind Gegenstand der B-GmbH Transporte aller Art im genehmigungsfreien Bereich. Die anderen 50 % werden von Herrn C, dem Bruder des Klägers, gehalten, der zugleich alleiniger Geschäftsführer ist.

In dem Zeitraum Dezember 2015 bis Dezember 2016 schloss der Kläger bei der D (Geschäftsbereich Auto Leasing – nachfolgend „Leasinggeberin”) mehrere Leasingverträge über Auslieferungsfahrzeuge unter anderem vom Typ 1 über vereinbarte Laufzeiten von ein bzw. zwei Jahren ab. Für die Leasingfahrzeuge leistete der Kläger Leasingsonderzahlungen, die er entsprechend den vertraglichen Vereinbarungen zu Beginn des Leasingzeitraums in einer Summe entrichtete. Die Sonderzahlungen stellten einen Teil der Gegenleistung für die Gebrauchsüberlassung dar und führten wirtschaftlich zur Kürzung der monatlichen Leasingrate. Ein Erwerb des Fahrzeugs durch den Leasingnehmer nach Vertragsablauf sowie ein Anspruch auf Verlängerung des Leasingvertrags waren vertraglich ausgeschlossen. Ebenso war das ordentliche Kündigungsrecht während der vereinbarten Laufzeit ausgeschlossen, eine Kündigung durch jeden Vertragspartner aus wichtigem Grund hingegen möglich. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die eingereichten Vertragsunterlagen verwiesen.

Ende Februar sowie Anfang März 2017 und damit vor Ablauf der jeweiligen Vertragslaufzeit traf der Kläger mit der B-GmbH und der Leasinggeberin Nachfolgevereinbarungen, wodurch die Rechte und Pflichten aus den Leasingverträgen inhaltlich unverändert auf die B-GmbH übergingen und auf Seiten des Klägers erloschen.

Die B-GmbH übernahm die Zahlung der monatlichen Leasingraten, leistete aber keine Zahlungen – auch nicht eine (anteilige) Erstattung der Leasingsonderzahlungen – an den Kläger. Auch seitens der Leasinggeberin erfolgte keine (anteilige) Rückzahlung der Leasingsonderzahlungen.

Beim Kläger fand für die Jahre 2015 bis 2017 eine Betriebsprüfung durch den Beklagten statt. Mit Prüfungsbericht vom 13.03.2019 stellte dieser fest, dass die geleisteten Leasingsonderzahlungen von dem Kläger im Abflusszeitpunkt in voller Höhe als Betriebsausgaben berücksichtigt worden seien. Dies sei grundsätzlich zutreffend. Nach der Kurzinformation ESt Nr. 17/2016 vom 01.09.2016 der Oberfinanzdirektion Nordrhein-Westfalen (OFD NRW) sei für den Betriebsausgabenabzug jedoch sowohl die Nutzung des Fahrzeugs im Jahr des Abflusses der Sonderzahlung als auch die zukünftige Nutzung innerhalb des gesamten Leasingzeitraums maßgeblich. Entsprechend führe eine spätere Nutzungsänderung innerhalb des gesamten Leasingzeitraums, für den die Leasingsonderzahlungen geleistet worden seien, zu einer Korrektur der Betriebsausgaben. Da die Leasing-Bedingungen bei vorzeitiger Beendigung...

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