Entscheidungsstichwort (Thema)
Bewertung im Sachwertverfahren
Leitsatz (redaktionell)
Ein ausbaufähiges - wenngleich nicht ausgebautes - Dachgeschoss ist bei der Bewertung im Sachwertverfahren in die Brutto-Grundfläche einzubeziehen.
Normenkette
BewG §§ 189-190, 182
Nachgehend
BFH (Beschluss vom 25.10.2016; Aktenzeichen II R 5/16) |
Tatbestand
Streitig ist, ob das Dachgeschoss eines Hauses in die Berechnung der Brutto-Grundfläche für Zwecke der Feststellung des Grundbesitzwerts bei der Erbschaftsteuer einzubeziehen ist.
Der Kläger ist Beteiligter an der Erbengemeinschaft nach der am 00.00.0000 verstorbenen Frau A, geborene T. Die Erblasserin war Eigentümerin u. a. des Grundstücks A-Straße 1 in C. Laut Erbschein des Amtsgerichts C sind beteiligt an der Erbengemeinschaft neben dem Kläger mit 52,6 %, Frau N 1 mit 26,4 % sowie mit jeweils 4,2 % Frau U, Herr N 2, Herr N 3, Frau N 4 und Frau H. Der Kläger und Frau N 1 sind die Geschwister der Erblasserin. Der Kläger war zum Testamentsvollstrecker bestellt worden.
In der am 09.10.2013 beim Finanzamt eingegangenen Erklärung zur Feststellung des Bedarfswerts machte der Kläger u. a. in der Anlage „Ausstattungsbogen” Angaben zum Ausstattungsstandard des Grundstückes. Eine Angabe zur Brutto-Grundfläche erfolgte bei der Erklärung nicht. Die Wohn- und Nutzfläche gab der Kläger mit 120 qm an. Zusätzlich erklärte er, dass der Dachboden nicht ausgebaut und das Haus unterkellert sei.
Der Beklagte übernahm die Ausstattungsmerkmale laut Erklärung. Als Brutto-Grundfläche erfolgte ein Ansatz von 120 qm je Geschoss, also für Keller, Erd- und Dachgeschoss. Die Bewertung erfolgte im Sachwertverfahren. Den Gebäudesachwert ermittelte der Beklagte mit 143.820 Euro, den Bodenwert mit 148.410 Euro, sodass der vorläufige Sachwert 292.230 Euro betrug. Mit der Wertzahl 0,9 vervielfältigt ergab sich ein Grundstückswert von 263.007 Euro. Diesen Wert stellte der Beklagte mit Bescheid vom 31.10.2013 fest. Den Bescheid gab er dem Kläger als Vertreter für die Erbengemeinschaft nach A bekannt, in den Erläuterungen des Bescheids sind die Mitglieder der Erbengemeinschaft namentlich aufgeführt. Außerdem erfolgte der Zusatz, dass der Bescheid an den Kläger als Testamentsvollstrecker ergehe.
Der Kläger legte Einspruch ein. Die Wohnfläche für das Erdgeschoss betrage 103,84 qm. Das Haus verfüge über ein Walmdach. Das Dachgeschoss sei nicht ausgebaut und könne deswegen nicht in die Bewertung einbezogen werden. Außerdem befänden sich im Kellergeschoss ein Wohnraum von 22 qm und eine Garage mit einer Fläche von 27,95 qm.
Der Beklagte wies darauf hin, dass für die Berechnung im Sachwertverfahren nicht die Wohnfläche, sondern die Brutto-Grundfläche maßgebend sei.
Die Brutto-Grundfläche sei die Summe der Grundflächen aller Grundrissebenen (Geschosse) eines Gebäudes einschließlich deren konstruktiver Umschließungen (z. B. Wände, Dach). Hierzu gehörten grundsätzlich auch Keller- und nutzbare Dachgeschossebenen. Nicht dazu gehörten Kriechkeller und Spitzböden.
Dachgeschosse würden mit ihrer vollen Fläche auf die Brutto-Grundfläche angerechnet und somit als nutzbar behandelt, wenn deren lichte Höhe größer als 1,25 m sei und sie begehbar seien. Die Begehbarkeit setze eine feste Fläche und die Zugänglichkeit (mindestens über eine Auszugsleiter) voraus.
Die Brutto-Grundfläche errechne sich aus der bebauten Fläche multipliziert mit der Anzahl der vorhandenen Geschosse. Die bebaute Fläche ergebe sich aus der äußeren Länge multipliziert mit der äußeren Breite des Gebäudes. Sie sei für jedes auf dem Grundstück befindliche Gebäude getrennt zu ermitteln.
Die bebaute Fläche betrage nach den eingereichten Unterlagen 11,15 m × 12,30 m = 137 qm. Multipliziert mit der Geschosszahl ergebe sich daher eine Brutto-Grundfläche von 411 qm. Im Bescheid seien lediglich 360 qm berücksichtigt worden.
Ob das Dachgeschoss ausgebaut werden könne, spiele keine Rolle, ebenso wenig, ob es als Wohnfläche genutzt werde. Daher seien sowohl das gesamte Dachgeschoss als auch das gesamte Kellergeschoss (einschließlich der Garage) zu berücksichtigen.
Der Beklagte wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 16.12.2014 als unbegründet zurück. Auf die Einspruchsentscheidung wird Bezug genommen.
Mit der Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Nach R B 190.6 Erbschaftsteuerrichtlinien (ErbStR) sei Brutto-Grundfläche die Summe der Grundflächen aller Grundrissebenen eines Bauwerks mit Nutzungen nach DIN 277-2-25005-02 und deren konstruktive Umschließungen, siehe Anlage 24 zum Bewertungsgesetz (BewG) Teil 1. Danach unterteile sich die Brutto-Grundfläche in eine Netto-Grundfläche und die Konstruktionsfläche. Die Konstruktionsfläche könne vernachlässigt werden im Streitfall, weil sie die Summe der Grundflächen der aufgehenden Bauteile aller Grundrissebenen eines Bauwerks von z. B. Wänden, Stützen, Pfeilern und Schornsteinen etc. bilde und im Zusammenhang mit der Bewertung eines Einfamilienhauses keine Rolle spiele.
Die Netto-Grundfläche gliedere sich in Nutzfläc...