Entscheidungsstichwort (Thema)
Entschädigungen gemäß § 41 Abs. 3 SGB IV an Verwaltungsratsmitglieder
Leitsatz (redaktionell)
1) An Verwaltungsratsmitglieder gezahlte Entschädigungen für Zeitaufwand gemäß § 41 Abs. 3 SGB IV sind steuerpflichtige Einnahmen i.S. des § 18 Nr. 3 EStG.
2) Die Entschädigungen sind nicht steuerfrei gemäß § 3 Nr. 12 EStG.
Normenkette
SGB IV § 41 Abs. 3; EStG § 3 Nr. 12, § 18 Abs. 1 Nr. 3
Tatbestand
Streitig ist, ob an den Kläger gezahlte Entschädigungen für Zeitaufwand gemäß § 41 Abs. 3 des Sozialgesetzbuchs (SGB) Viertes Buch (IV) steuerpflichtige Einnahmen i. S. d. § 18 Abs. 1 Nr. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) sind.
Der Kläger ist Rechtsanwalt und Geschäftsführer der […]. Er war im Streitjahr 2015 Mitglied bzw. alternierender Vorsitzender des Verwaltungsrates der Krankenkasse X und Mitglied der Vertreterversammlung der Y (Körperschaft des öffentlichen Rechts). Aufgrund dieser Eigenschaften erhielt der Kläger die folgenden Zahlungen:
Pauschale Entschädigung für Zeitaufwand |
X |
Aus Anlass der Teilnahme an Sitzungen des Verwaltungsrates und dessen Ausschüssen |
628 € |
Für die Tätigkeit außerhalb der o. a. Sitzungen |
6.240 € |
Y |
Sitzungsgeld gem. § 41 Abs. 3 SGB IV |
130 € |
In der Einkommensteuererklärung für 2015 setzte der Kläger Einkünfte aus selbständiger Arbeit – Aufwandsentschädigungen – i. H. v. … € an. In diesen Einkünften waren auch die o. g. pauschalen Entschädigungen für Zeitaufwand enthalten. Der Beklagte veranlagte ihn hinsichtlich dieser Einkünfte erklärungsgemäß.
Nach erfolglosem Einspruchsverfahren hat der Kläger Klage erhoben. Zur Begründung trägt er vor, dass der Bundesfinanzhof (BFH) in dem Urteil vom 31.01.2017 IX R 10/16, BFHE 256, 250 entschieden habe, dass eine an ehrenamtliche Richter gezahlte Entschädigung für Zeitversäumnis nicht steuerbar sei. Hieraus folge, dass auch die an ihn gezahlten Entschädigungen für Zeitaufwand nicht steuerbar seien.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid für 2015 über Einkommensteuer vom 01.03.2017 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 30.05.2017 dahingehend zu ändern, dass Einkünfte aus selbständiger Arbeit i. H. v. … € (bisher … € abzgl. der pauschalen Entschädigungen für Zeitaufwand i. H. v. 6.998 €) angesetzt werden.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung trägt er vor, dass die an den Kläger gezahlten Entschädigungen gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG steuerpflichtig sind. Das von ihm angeführte BFH-Urteil sei nicht einschlägig.
Die Beteiligten haben übereinstimmend auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
Entscheidungsgründe
1. Die Klage ist unbegründet.
Der Bescheid für 2015 über Einkommensteuer vom 01.03.2017 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 30.05.2017 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO).
Die an den Kläger gezahlten Entschädigungen für Zeitaufwand gemäß § 41 Abs. 3 SGB IV sind steuerpflichtige Einnahmen i. S. d. § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG.
Der Einkommensteuer werden Entgelte aus Leistungen unterworfen. Hierzu gehören auch vom Steuerpflichtigen erzielte Einkünfte aus selbständiger Arbeit (§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3).
a) Der Kläger übt eine (sonstige) selbständige Tätigkeit i S. d. § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG aus.
Das EStG definiert nicht, was unter einer selbständigen Tätigkeit zu verstehen ist. Allerdings enthält § 18 EStG eine Aufzählung der dazugehörigen Tätigkeiten. Hiernach können Einkünfte aus selbständiger Arbeit aus einer freiberuflichen Tätigkeit, als Einnehmer einer staatlichen Lotterie oder aus einer sonstigen selbständigen Tätigkeit erzielt werden (§ 18 Abs. 1 Nr. 1 – 3 EStG). Der Begriff der sonstigen selbständigen Tätigkeit wird im Gesetz wiederum durch eine beispielhafte Aufzählung der Vergütungen für die Vollstreckung von Testamenten, für Vermögensverwaltung und für die Tätigkeit als Aufsichtsratsmitglied erläutert. Diese beispielhafte Aufzählung stellt einen nicht abschließenden Katalog der in Betracht kommenden Tätigkeiten dar. Weitere Tätigkeiten fallen in den Anwendungsbereich dieser Regelung, wenn sie ihrer Art nach den Regelbeispielen vergleichbar sind. Das ist beispielsweise der Fall, wenn die Tätigkeit die Betreuung fremder Vermögensinteressen umfasst, aber darüber hinaus auch, wenn es sich um eine selbständig ausgeübte fremdnützige Tätigkeit in einem fremden Geschäftskreis handelt (BFH-Urteil vom 15.06.2010 VIII R 14/09, BFHE 230, 54). Darüber hinaus erfordert der Begriff der selbständigen Arbeit grundsätzlich die vier positiven Merkmale eines Gewerbebetriebs: Selbständigkeit, Nachhaltigkeit, Teilnahme am wirtschaftlichen Verkehr und Gewinnerzielungsabsicht (BFH-Urteil vom 30.03.1994 I R 54/93, BFHE 175, 40).
aa) Die Tätigkeit des Klägers als Mitglied der Selbstverwaltungsorgane der X und der Y ist nach ihrer Art mit dem in § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG aufgeführten Regelbeispiel der Tätigkeit eines Aufsichtsratsmitglieds vergleichbar. Aufsichtsratsmitglieder i. S. d. § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG sind Mitglieder von Organen einer Körperschaft wie Aufsic...