Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerbarkeit einer Entschädigungszahlung nach § 41 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IV)
Leitsatz (redaktionell)
1. Entschädigung für Zeitversäumnis für ehrenamtliche Tätigkeit als Vorsitzender des Vorstandes sind Einkünften aus sonstiger selbständiger Tätigkeit gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG
2. Ersatz von Fahrtkosten ist als Aufwandsentschädigung gemäß § 3 Nr. 12 Satz 2 EStG steuerfrei. Denn insoweit handelt es sich um Bezüge, die als Aufwandsentschädigung aus öffentlichen Kassen an öffentliche Dienste leistende Personen gezahlt werden und nicht für Verdienstausfall oder Zeitverlust gewährt werden oder den Aufwand, der dem Empfänger erwächst, offenbar übersteigen.
Normenkette
EStG § 3 Nr. 12 S. 2, § 18 Abs. 1 Nr. 3; SGB IV § 41
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Steuerbarkeit einer Entschädigungszahlung nach § 41 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IV), die dem Kläger für seine ehrenamtliche Tätigkeit als Vorsitzender des Vorstandes der X- Rentenversicherung gewährt wurde.
Die Kläger sind Eheleute, die zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden. Der Kläger erzielte im Streitjahr u.a. Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Überdies war er als Vorsitzender des Vorstandes der X- Rentenversicherung ehrenamtlich tätig und erhielt hierfür eine Entschädigung für Zeitversäumnis gemäß § 41 SGB IV in Höhe von xx €. Im Rahmen einer weiteren ehrenamtlichen Tätigkeit als Mitglied des Beirats der AOK erhielt der Kläger eine Entschädigungszahlung für Sitzungen in Höhe von xx € sowie den Ersatz barer Auslagen (Fahrtkosten) in Höhe von xx €. Für seine ehrenamtliche Tätigkeit beim Berufsförderwerk erhielt der Kläger xx € Entschädigung für Zeitversäumnis.
Die Kläger führten in einer Anlage zur Einkommensteuererklärung 2017 aus, dass es sich bei der streitigen Entschädigung um Pauschbeträge für Zeitaufwand nach § 41 Abs. 3 Satz 1 bzw. Satz 2 SGB IV handele und diese daher nicht der Besteuerung unterliegen würden. Zur Begründung wurde auf die Entscheidung des Bundesfinanzhofes (BFH) vom 31.01.2017, Az. IX R 10/16) verwiesen.
Das Finanzamt erfasste im Einkommensteuerbescheid 2017 vom 23.08.2018 die o.g. Entschädigungszahlung nach § 41 SGB IV als steuerpflichtige Einnahme bei den Einkünften aus selbständiger Arbeit. Dabei setzte es die vom Berufsförderwerk gewährte Entschädigung von xx € doppelt an. Der dagegen von den Klägern eingelegte Einspruch blieb insoweit ohne Erfolg.
In der Einspruchsentscheidung vom 19.06.2019 behandelte das Finanzamt die von der X- Rentenversicherung gemäß § 41 SGB IV gewährte Entschädigung für Zeitversäumnis (xx €) als sonstige selbständige Einkünfte nach § 18 Abs. 1 Nr. 3 Einkommensteuergesetz (EStG). Es verwies darauf, dass eine Übertragung der BFH-Entscheidung vom 31.01.2017, Az. IX R 10/16, auf den vorliegenden Streitfall ausscheide, da der Bundesfinanzhof nur über die Besteuerung von Entschädigungen für ehrenamtliche Richter entschieden habe. Dementsprechend habe das Bayerische Landesamt für Steuern mit Verfügung vom 21.06.2018 (S 2337.1.1.-10/1 St 36) festgestellt, dass das vorgenannte Urteil nur für den Kreis der ehrenamtlich tätigen Richter anwendbar sei und auf andere ehrenamtliche Tätigkeiten keine Auswirkung entfalte. Die vorliegend von der X- Rentenversicherung erfolgte Zahlung von xx € habe ihre gesetzliche Grundlage nicht im Justizvergütungs- und Justizentschädigungsgesetz, sondern im SGB IV.
Hiergegen haben die Kläger Klage erhoben und zur Begründung im Wesentlichen folgendes vorgetragen:
Die X- Rentenversicherung habe eine sogenannte soziale Selbstverwaltung, die durch die Selbstverwaltungsorgane (Vorstand und Vertreterversammlung) ausgeübt werde. Der Vorstand habe zudem Ausschüsse gebildet und auf diese Aufgaben übertragen. Der Vorstand tage mindestens zehnmal im Jahr. Er, der Kläger, nehme an allen Vorstandssitzungen und grundsätzlich auch an allen Ausschusssitzungen des Vorstandes teil. Ebenso nehme er an allen Sitzungen der Vertreterversammlung teil, weil er hier den Bericht des Vorstandes abgeben müsse. Seine Teilnahme an allen Sitzungen, mit Ausnahme der Widerspruchsausschusssitzungen, sei geboten, weil der Vorstandsvorsitzende über alle Themen, die in Vorstandssitzungen und in den Ausschusssitzungen sowie in den Vertreterversammlungen behandelt würden, informiert sein müsse, um einen Gesamtüberblick zu erhalten und darüber berichten zu können. Zudem vertrete der Vorstandsvorsitzende den Vorstand und damit die X- Rentenversicherung nach außen. Eine Vergütung für die ehrenamtliche Tätigkeit bei der Rentenversicherung erhalte er von seinen Arbeitgebern nicht. Das Amt des Vorsitzenden des Vorstands der X- Rentenversicherung sei das bedeutendste Ehrenamt, das es bei einem gesetzlichen Rentenversicherungsträger geben könne. Es gehe also vorliegend gerade nicht um "normale" Entschädigungen für die ehrenamtliche Tätigkeit als Mitglied der Vertreterversammlung oder als Mitglied eines Widerspruchsausschusses oder als Versichertenberater, über ...