rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Frage, ob § 1 Abs. 2 a GrEStG auch bei einem Gesellschafterwechsel einer werbenden Personengesellschaft anzuwenden ist
Leitsatz (redaktionell)
Die Bestimmung des § 1 Abs. 2a GrEStG kann nicht einschränkend im Wege der teleologischen Reduktion dahin ausgelegt werden, dass sie nur auf lediglich Grundbesitz haltende und verwaltende Gesellschaften anwendbar sein soll, nicht aber auf werbende Unternehmen und damit auch auf gewerbliche Personengesellschaften.
Gegen die Bestimmung des § 13 Nr. 6 GrEStG, die bei einem Gesellschafterwechsel die Personengesellschaft als Steuerschuldnerin bestimmt, bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken.
Normenkette
GrEStG § 1 Abs. 2a, § 13 Nr. 6
Tatbestand
I.
Im Hauptsacheverfahren (Az.: IV 80/2002) ist streitig, ob der durch das Jahressteuergesetz 1997 vom 20. 12. 1996 (BGBl I 1996, 2049 - JStG 1997) neu eingefügte § 1 Abs. 2 a GrEStG einschränkend dahin auszulegen ist, dass er bei einem Gesellschafterwechsel bei einer werbenden Personengesellschaft nicht anzuwenden ist, zumindest soweit Grundstücke in deren Umlaufvermögen betroffen sind, und ob § 13 Nr. 6 GrEStG, der bei einem Gesellschafterwechsel nach § 1 Abs. 2 a GrEStG die Personengesellschaft als Steuerschuldnerin bestimmt, verfassungsgemäß ist.
Die Kommanditgesellschaft mit der Bezeichnung ... (KG) war Eigentümerin eines umfangreichen, im Bezirk verschiedener Finanzämter gelegenen Grundbesitzes, der weit überwiegend im Umlaufvermögen gehalten wurde. Die KG betrieb die Herstellung und den Vertrieb von ... und ... und erbrachte Dienstleistungen auf diesem Sektor. Einziger Kommanditist der KG mit einer Einlage in Höhe von 30 Mio. DM war W. Die W. GmbH für Beteiligungen mit einem Stammkapital von 100.000 DM war Komplementärin der KG, sie war jedoch am Vermögen der KG nicht beteiligt. Alleiniger Inhaber des Stammkapitals der W. GmbH für Beteiligungen war W. Dieser übertrug lt. notarieller Urkunde vom 19. 10. 1999 seine Geschäftsanteile an der W. GmbH für Beteiligungen auf die KG.
Mit privatschriftlichem Vertrag vom 28. 10. 1999 verkaufte und übertrug W. seine Kommanditbeteiligung an der KG mit allen damit verbundenen Rechten und Pflichten an die ... Beteiligungs GmbH zum Kaufpreis von 60 Mio. DM zuzüglich einer Gewinnbeteiligung von maximal 10 Mio. DM aus der Hälfte der Jahresüberschüsse für 1999 bis 2003. Die Übertragung der Kommanditbeteiligung erfolgte aufschiebend bedingt durch die Zahlung des Kaufpreises und die Eintragung der Erwerberin als Kommanditistin im Handelsregister, die am 27. 12. 1999 erfolgte.
Mit notarieller Urkunde, ebenfalls vom 28. 10. 1999, wurde das Stammkapital der ... Beteiligungs GmbH von zuvor 50.000 DM auf 1 Mio. DM erhöht und im Wege einer Neufassung des Gesellschaftsvertrags ihre Firma in „W. GmbH“ (= Antragstellerin) geändert.
Mit Vertrag vom 10. 7. 2000 schied die W. GmbH für Beteiligungen mit Wirkung zum 31. 7. 2000 aus der KG aus. Gleichzeitig ging das Handelsgeschäft der KG ohne Liquidation mit allen Aktiven und Passiven im Wege der Anwachsung auf die Klägerin über.
Das damals für die Sache noch zuständige Finanzamt ... sah in der Übertragung des Kommanditanteils mit Vertrag vom 28. 10. 2999 einen nach § 1 Abs. 2 a GrEStG steuerpflichtigen Erwerb und stellte für diesen Erwerb gegenüber der Klägerin mit Bescheid vom 6. 6. 2001 die Besteuerungsgrundlagen für 263 im Bezirk verschiedener Finanzämter gelegener Grundstücke gemäß § 17 GrEStG gesondert fest. Der Bescheid erging nach § 164 Abs. 1 AO unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.
Mit geändertem Feststellungsbescheid vom 18. 9. 2001 stellte das Finanzamt ... die Besteuerungsgrundlagen für einzelne der erfassten Grundstücke in geänderter Höhe fest. Der Prozessbevollmächtigte erhob für die Klägerin gegen diesen Bescheid beim inzwischen zuständigen Finanzamt ... Einspruch und beantragte Aussetzung der Vollziehung. Er machte geltend, dass der Gesellschafterwechsel mit Vertrag vom 28. 10. 1999 keinen steuerpflichtigen Erwerb gemäß § 1 Abs. 2 a GrEStG darstelle. Die Vorschrift sei einschränkend dahin auszulegen, dass sie lediglich beim Wechsel des Gesellschafterbestands bei nur Grundbesitz haltenden Gesellschaften, deren Tätigkeit sich in der Verwaltung des Grundbesitzes erschöpfe, zur Anwendung komme. Denn ein Austausch aller Gesellschafter sei bisher nach der Rechtsprechung gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG i. V. m. § 42 AO nur grunderwerbsteuerpflichtig gewesen, wenn er eine lediglich Grund besitzende Gesellschaft betroffen habe. Die Vollziehung des Bescheids sei wegen ernstlicher Zweifel an seiner Rechtmäßigkeit auszusetzen. Mit nach § 164 Abs. 2 AO geändertem Bescheid vom 19. 2. 2002 änderte das Finanzamt ... erneut die gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen für den Erwerb lt. Vertrag vom 28. 10. 1999 und bezog insbesondere weitere, bisher nicht erfasste Grundstücke in die Feststellung ein. Mit Bescheid vom 21. 2. 2002 lehnte es die Aussetzung der Vollziehung des Bescheids über die gesonderte Feststellu...