Entscheidungsstichwort (Thema)

Musterverfahren als zureichender Grund i. S. d. § 46 Abs. 1 Satz 1 FGO

 

Leitsatz (amtlich)

Die Rechtshängigkeit der Klage eines von mehreren (Mit-)Erben, mit der identische Rechtsprobleme der Erbschaftssteuerfestsetzung bei im Wesentlichen gleicher Sach- und Rechtslage zu klären sind, ist ein zureichender Grund i. S. d. § 46 Abs. 1 Satz 1 FGO für die Finanzbehörde, eine Entscheidung über den Einspruch eines anderen Miterben bis zum Abschluss des gerichtlichen Verfahrens zurückzustellen.

 

Normenkette

FGO § 46 Abs. 1

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 31.08.2006; Aktenzeichen II B 143/05)

 

Tatbestand

Streitig ist die Erbschaftsteuerfestsetzung für die Klägerin nach dem am xx.07.1984 verstorbenen Y.Y..

Laut Erbschein des Amtsgerichts 1 vom 31.07.1984 wurde Y.Y. beerbt von seinen Söhnen X.Y. und A.Y. zu je einem Drittel sowie von B.Y. und C.Y. - der Klägerin - zu je einem Sechstel. Für die am xx.04.2002 verstorbene Ehefrau des Erblassers, D.Y., war ein Vermächtnis ausgesetzt. Des Weiteren hat der Erblasser in seinem privatschriftlichen Testament vom 01.05.1983 u.a, verfügt "C.Y und B.Y. sollen meine Vermögenswerte in 2 und 3 je zur Hälfte zukommen".

Am 18.11.1985 gab StB Z unter Vorlage einer Nachlassvollmacht vom 30.07.1984 eine vom Miterben X.Y. unterschriebene Erbschaftsteuererklärung ab. Darin war nach Abzug von Nachlassverbindlichkeiten in Höhe von 9.359.532 DM vom Gesamtwert in Höhe von 42.566.832 DM der Reinwert des Nachlasses mit 33.207.300 DM (Anteil der Klägerin 1/6 = 5.505.918 DM) ausgewiesen. Die Anteile des Erblassers an verschiedenen Betriebsvermögen waren dabei insgesamt mit ./. 7.960.450 DM angesetzt. Darunter war das Betriebsvermögen der Firma KG mit 13.536.862 DM ausgewiesen. Dieser Betrag setzt sich lt. Anlage 4 zur Steuererklärung aus Anteilen am Inlandsvermögen in Höhe von 1.936.425 DM und solchen an Auslandsvermögen in Höhe von 11.600.437 DM zusammen. In letzterem Betrag ist lt. Anlage 6 zur Steuererklärung der Anteil des Erblassers an der "GmbH + Still" mit 5.520.507 DM enthalten.

Das früher zuständige Finanzamt 2 erließ auf der Grundlage dieser Erklärung am 29.11.1985 gegen die Erben Steuerbescheide und setzte gegenüber der Klägerin die Erbschaftsteuer gemäß § 164 Abs. 1 AO auf 758.226 DM fest.

Mit Verwaltungsakt vom 11.10.1988 ordnete das Finanzamt 2 eine Betriebsprüfung gemäß § 193 Abs. 2 Nr. 2 AO bei den Erben nach Y.Y. an. Die Prüfungsanordnung enthält u.a. die Angabe: "Zur Prüfung des Auslandsvermögens wird der Fachprüfer O vom Bundesamt für Finanzen, Bonn, zugezogen". Die Bekanntgabe der Prüfungsanordnung, auf die wegen ihres Umfangs und weiteren Inhalts verwiesen wird, erfolgte durch das Finanzamt 3 gegenüber X.Y.. Die Prüfung, mit der lt. Prüfungsanordnung das Finanzamt 3 beauftragt worden ist, begann nach dem hierzu ergangenen Bericht am 21.11.1988 und endete am 22.10.1998. Der Bericht (ABNr. G/S) datiert vom 30.10.1998, der ihm als Anlage 6 beigefügte Teilbericht des Bundesbetriebsprüfers O vom 05.10.1992.

Nach einer Neuermittlung des Nachlasswertes erhöhte das Finanzamt 2 unter Beibehaltung des Vorbehalts der Nachprüfung mit gemäß § 164 Abs. 2 AO geändertem Bescheid vom 17.11.1988 die Erbschaftsteuer gegenüber der Klägerin auf 1.279.312 DM. Der Gesamtwert des Nachlasses betrug danach 50.411.495 DM. Durch die Berücksichtigung von zwischen dem vorhergehenden Bilanzstichtag 31.12.1983 und dem Todestag entstandenen Gewinnen bzw. Verlusten betrugen die Anteile am Betriebsvermögen nur noch ./. 602.353 DM. Nach Abzug von gekürzten Verbindlichkeiten in Höhe von 1.958.999 DM ergab sich ein Wert des Reinnachlasses von 48.452.496 DM und ein Anteil der Klägerin von 8.075.416 DM. In diesem Bescheid berücksichtigte das Finanzamt 2 bei der Klägerin unter der Bezeichnung "Sonstige Erwerbe" den vermächtnisweisen Erwerb mit einem Wert von insgesamt 10.336 DM, zum einen für den hälftigen Anteil an land- und forstwirtschaftlichem Vermögen, lt. Anlage 1 zur Erbschaftsteuererklärung (mit "3, 4, 2 und 5" bezeichnet) mit einem Wert von 6.700 DM und zum anderen für den hälftigen Anteil an Grundvermögen (mit 4, 2 -jeweils mit dem Zusatz- bezeichnet) mit einem Wert von 9.959 DM. Die im Bescheid vorgenommene Aufteilung dieses Erwerbs entspricht der Aufteilung in Anlage 17 zur Erbschaftsteuererklärung.

Gegen diesen Bescheid wurde mit Schreiben des steuerlichen Vertreters, StB Z, vom 21.11.1988 Einspruch eingelegt im Wesentlichen mit der Begründung, die dem Nachlass zugeschlagenen Gewinnanteile für die Zeit vom 01.01.bis zum 18.07.1984 seien Ausfluss der Gesellschaftsverhältnisse und unterlägen somit der Einkommensbesteuerung; sie seien folglich der Erbschaftsteuer entzogen. Ferner sei der Wert der Beteiligung an der Ltd. zu hoch angesetzt worden. Die als Nachlassverbindlichkeiten zu berücksichtigenden Steuerschulden seien nicht mit 1.712.127 DM, sondern wie erklärt mit 9.349.116 DM zu berücksichtigen. Außerdem seien Hinterbliebenenbezüge für D.Y. als Nachlassverbindlichkeiten anzusetzen.

Am 1...

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